Peking darf nicht
über nächsten Dalai
Lama bestimmen!
Foto: Tenzin Choejor
Die Kommunistische Partei Chinas hat ihre Versuche verstärkt, Kontrolle über die Regelung der Nachfolge des Dalai Lama zu erlangen. Zu diesem Zweck organisierten die chinesischen Behörden Ende August zum ersten Mal ein „Training” zum Thema Reinkarnation, an dem laut chinesischen Staatsmedien rund 100 tibetische Mönche aus 73 Klöstern teilnahmen. Die Teilnehmer der einwöchigen Veranstaltung mussten dabei die staatlichen „Regeln für das System der Reinkarnationen” sowie die von der herrschenden KP abgesegnete Version von Geschichte und Ritualen der Reinkarnation im tibetischen Buddhismus studieren. Mit dem „Training” unterstreicht die chinesische Regierung offensichtlich ihre Entschlossenheit, jeglichen Einfluss des Dalai Lama und der Institutionen des tibetischen Buddhismus auf die Regelung seiner Nachfolge auszuschließen. In Anspielung auf den Dalai Lama unterstrich der hochrangige Funktionär Suolang Renzeng, das System der Reinkarnationen sei keinesfalls eine „rein religiöse Angelegenheit oder das persönliche Vorrecht eines lebenden Buddhas”. Vielmehr, so der stellvertretende Vorsitzende des regionalen-Komitees der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, handle es sich dabei um „ein wichtiges Symbol der Strategie und Politik der Kommunistischen Partei Chinas in der Region“.
Massive Eingriffe Pekings in Religionsfreiheit der Tibeter
Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) handelt es sich bei dem „Training” um einen weiteren massiven Eingriff Pekings in die Religionsfreiheit der Tibeter. Immer ausgefeilter würden die Versuche der chinesischen Behörden, in die religiöse Selbstbestimmung von Mönchen, Nonnen und tibetischen Laien einzugreifen. So findet sich beispielsweise am Eingang zu einem buddhistischen Tempel in Tibet ein Schild, auf dem steht, dass der Zutritt für Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas sowie für Minderjährige unter 18 Jahren verboten sei. Ein weiteres an dem Tempel angebrachtes Schild preist angebliche sozialistische Grundwerte, zu denen unter anderem Demokratie und Freiheit sowie Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit zählen sollen. Selbst am bedeutendsten Heiligtum des tibetischen Buddhismus, dem Jokhang-Tempel in Lhasa, wurde vor Kurzem KP-Propaganda angebracht. Auf einem großen Banner ist zu lesen „Möge die großartige Kommunistische Partei weitere zehntausend Jahre leben.“ Jeder, der in den Tempel will, muss darunter hindurchgehen. Ganz offenkundig zielt diese Politik auf den Kern der kulturellen und religiösen Identität der Tibeter. Peking verlangt nichts Geringeres als ihre völlige Unterwerfung unter den Willen der herrschenden Kommunistischen Partei.
„Das kommunistische China wird 70. Doch für Tibet gibt es nichts zu feiern.“
Nicht nur in Peking, sondern auch in Tibet ließ die kommunistische Führung mit großem Pomp an die Ausrufung der Volksrepublik China durch Mao Zedong am 1. Oktober 1949 erinnern. Doch nach Einschätzung der International Campaign for Tibet gibt es für die Menschen in Tibet nichts zu feiern. Die von der chinesischen Propaganda behaupteten „70 Jahre Fortschritt in Tibet“ stünden in Wahrheit für 70 Jahre systematische Menschenrechtsverletzungen und Repression. Dies belegten die vielen Opfer der chinesischen Politik in Tibet, sei es bei der Vereinnahmung Tibets, während der Kulturrevolution oder bei der gewaltsamen Niederschlagung von wiederkehrenden Protesten von Tibetern gegen diese Politik. Tibet sei heute ein technologisch und personell hochgerüsteter Überwachungsstaat, in dem chinesische Polizei, chinesisches Militär und chinesische KP-Kader versuchen, jede Bewegung der tibetischen Bevölkerung zu kontrollieren. ICT-Geschäftsführer Kai Müller sagte dazu: „Statt wirklichkeitsferner und befremdlich anmutender Propagandainszenierungen sollte die Führung in Peking auf die Tibeter zugehen und in einen Dialog mit dem Dalai Lama eintreten, um wirkliche Stabilität und nachhaltigen Frieden in Tibet zu schaffen. Dazu müssen Menschenrechtsverletzungen aufhören und die Rechte der Tibeter endlich geachtet werden. Zu feiern gibt es für Tibeter nichts.“