«Wer von Olympia
spricht, darf von Tibet
nicht schweigen»
Foto: picture alliance/dpa
/HPIC/Qianlong
„Nein zu Peking 2022!” Dieser Slogan zog sich durch das gesamte Jahr 2021. Immer wieder wies ICT darauf hin, dass die erneute Vergabe Olympischer Spiele an Peking insbesondere vor dem Hintergrund der tibetischen Erfahrungen von Anfang an ein Fehler war. Sie stehe für das das moralische Versagen von IOC, Politik, Sportverbänden und Öffentlichkeit. Bei öffentlichen Auftritten und auch in persönlichen Gesprächen mit Politikern wurde ICT-Geschäftsführer Kai Müller nicht müde, wenigstens für einen diplomatischen Boykott von Peking 2022 zu werben, zumindest Regierungsvertreter sollten den Winterspielen fernbleiben. In Berlin machte ICT diese Position auch bei gemeinsamen Kundgebungen mit weiteren Menschenrechtsorganisationen deutlich – ob am Brandenburger Tor, vor der chinesischen Botschaft oder am Auswärtigen Amt. Und auch auf internationaler Ebene wurde ICT aktiv. So forderten wir zusammen mit einer Koalition von mehr als 250 Nichtregierungsorganisationen den Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres auf, nicht zu den Olympischen Winterspielen in Peking zu fahren. Seine Teilnahme, so die Befürchtung, würde das Eintreten der Vereinten Nationen für den Schutz von Menschenrechten massiv untergraben. Einen Überblick über unsere Position haben wir kurz vor der Eröffnung von Peking 2022 hier zusammengefasst.
Tiefpunkt Olympia: Repression in Tibet seit Peking 2008
Die noch junge Geschichte Olympischer Spiele in der Volksrepublik China ist eng mit Tibet verbunden. Sowohl die Sommerspiele 2008 als auch die jetzt beginnenden Winterspiele 2022 wurden vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nach Peking vergeben, obwohl Menschenrechtsaktivisten wegen der deprimierenden Lage in Tibet lautstark dagegen protestierten. Als im März 2008 viele Tibeter gegen die chinesische Unterdrückung auf die Straße gingen, konnten sie selbst erfahren, was die Versprechungen der Regierung in Peking wert waren. So hatte der Chef der Pekinger Olympiabewerbung Wang Wei versichert, dass „wenn die Spiele nach China kommen, […] sich auch alle sozialen Bedingungen, wie Bildung, Gesundheit und Menschenrechte, verbessern“ würden. Den Journalistinnen und Journalisten versprach Wang gar, dass „wir den Medien völlige Freiheit für Ihre Berichterstattung gewähren werden, wenn Sie nach China kommen“. Beide Versprechen entpuppten sich als Lügen. Denn auf die überwältigend friedlichen Proteste der Tibeterinnen und Tibeter für Freiheit, Menschenrechte und die Rückkehr des Dalai Lama reagierten chinesische Sicherheitskräfte mit tödlicher Gewalt und einer rigorosen Nachrichtensperre. Eine Übersicht über die Repression in Tibet seit Peking 2008 haben wir unter dem Titel „Tiefpunkt Olympia“ auf unserer Webseite bereitgestellt.
Wer von Olympia spricht, darf von Tibet nicht schweigen
Außerordentlich dankar waren wir über den Besuch von Dhondup Wangchen in Berlin. Der tibetische Filmemacher und ehemalige politische Gefangene konnte – begleitet unter anderem von ICT-Geschäftsführer Kai Müller – Gespräche mit Politikern und Vertretern des Auswärtigen Amtes führen. Besonders wichtig waren aber die Interviews, die Dhondup Wangchen mit mehreren Medien führen konnte. Artikel über ihn erschienen in mehreren überegionalen Zeitungen. All dies konnte Peking 2022 letztlich nicht verhindern. Doch zumindest dürfte es gelungen sein, dafür zu sorgen, dass die Legende „unpolitischer” Olympischer Spiele nicht mehr zu halten war und zugleich der Menschenrechtslage in Tibet wieder mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Denn wer von Olympia spricht, darf von Tibet nicht schweigen. So konnten wir es erreichen, dass einen Tag vor Eröffnung der Spiele die „Frankfurter Rundschau“ einen Gastbeitrag von ICT-Geschäftsführer Kai Müller zum Thema Tibet und Olympia veröffentlichte.