«Alleine der
Dalai Lama kann
bestimmen!»
Foto: Tenzin Choejor
Die Frage der Reinkarnation des Dalai Lama ist von enormer Bedeutung – für Tibet und darüber hinaus. Wie die Nachfolge des mittlerweile 87-jährigen geistlichen Oberhaupts der Tibeter geregelt werden soll, hat auch eine politische Dimension, die für nicht wenige Beobachter die religiösen Aspekte deutlich überstrahlt.
Denn der Dalai Lama ist nach wie vor die zentrale Identifikationsfigur für die Tibeter, gleich ob in Tibet oder im Exil. Wie niemand sonst steht er für die Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Tibet-Konflikts und die Verwirklichung des Rechts des tibetischen Volkes auf Selbstbestimmung.
Das ist auch den Machthabern in Peking nur allzu bewusst. Das KP-Regime beansprucht schon seit Jahren das Recht, über die Nachfolge des Dalai Lama bestimmen zu können, wie absurd dies auch immer erscheinen mag seitens einer Partei, die sich in ihren Statuten dem Atheismus verpflichtet hat.
Vor diesem Hintergrund sind zwei wichtige Erklärungen zur Frage der Reinkarnation des Dalai Lama zu betrachten, die vor Kurzem in Dharamsala abgegeben wurden. ICT-Interimspräsident Bhuchung K. Tsering verfolgt die aktuellen Entwicklungen mit großer Aufmerksamkeit, seine Gedanken dazu hat er in einem Blog-Beitrag festgehalten.
Indirekte Aussagen zur nächsten Reinkarnation des Dalai Lama
Tsering betrachtet zunächst Äußerungen des Dalai Lama selbst, die dieser anlässlich einer Dialogveranstaltung mit Jugendvertretern gemacht hat. Bei dieser Gelegenheit habe der Dalai Lama seine Zuversicht ausgedrückt, dass sich die Frage seiner Nachfolge nicht so bald stellen werde.
Konkret sagte er, er „werde noch 15 bis 20 Jahre leben“, das stehe „außer Frage“. Doch wenn er sterbe, ziehe er es vor, „in Indien zu sein, umgeben von Menschen, die einem wirklich Liebe zeigen und nichts irgendwie Künstliches“. Er ziehe es also vor, in einem Land zu sterben, das er als „frei, demokratisch, offen“ charakterisierte, dies eine klare Absage an einen Tod im Herrschaftsbereich der KP Chinas.
Der ICT-Interimspräsident räumt ein, dass sich diese Äußerung des Dalai Lama zwar nicht direkt auf die Reinkarnation beziehe, doch zugleich habe sie „Auswirkungen auf die Zeit nach dem Dalai Lama“. Bhuchung K. Tsering erkennt darin ein Szenario, in dem alleine der Dalai Lama über die Regelung seiner Nachfolge entscheiden und diese „ohne das Risiko einer Einmischung der chinesischen Regierung“ umgesetzt würde.
Erklärung der tibetischen Exilregierung
In die gleiche Richtung weise eine Erklärung der tibetischen Exilregierung vom 26. September. Daraus gehe klar hervor, „dass unter den Betroffenen in Dharamsala bereits interne Diskussionen über Fragen der Reinkarnation des Dalai Lama stattfinden, auch wenn dies in der Öffentlichkeit nicht unbedingt sichtbar“ sei.
In der Erklärung der tibetischen Exilführung werde klargestellt, dass nur der Dalai Lama Autorität über die Frage seiner Reinkarnation habe. Der tibetischen Exilregierung komme in diesem Zusammenhang lediglich eine unterstützende Rolle zu.
Zum Schluss verweist Bhuchung K. Tsering noch auf eine Reihe von Hinweisen auf eine mögliche Reinkarnation des Dalai Lama „in den an Tibet angrenzenden Himalaja-Regionen in Indien“:
„Interessanterweise reiste Seine Heiligkeit im Juli dieses Jahres zum ersten Mal seit der Pandemie außerhalb von Dharamsala nach Ladakh und verbrachte dort 40 Tage. Während seiner Ausführungen dort erwähnte er wiederholt, wie sehr ihn die Hingabe und Ehrfurcht der ladakhischen Bevölkerung berührt habe.“
Auch Sikkim und Arunachal Pradesh seien in diesem Zusammenhang zu beachten, so der ICT-Interimspräsident, seien dies doch ebenfalls „Orte, die an Tibet grenzen und deren Bewohner Tibet als ihre spirituelle Quelle betrachten“.
Was auch immer die Zukunft bringen werde, so ist aus Tserings Sicht zumindest eine Sache ganz klar: „Nicht-Gläubige werden dabei keine Rolle spielen!“