Klare Parallelen:
Tibet und das
Tiananmen-Massaker

 

Foto: John Ackerly

In aller Welt wird in diesen Tagen an den 35. Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmen, dem Platz des Himmlischen Friedens, erinnert. Am 4. Juni 1989 ließen die kommunistischen Machthaber ihre Armee mit brutaler Gewalt gegen die chinesische Demokratiebewegung vorgehen. Auf dem Platz im Zentrum von Peking hatten zahlreiche Menschen, viele von ihnen junge Studenten, seit Wochen Demokratie und Freiheit gefordert.

Im Auftrag der Kommunistischen Partei töteten die Soldaten vermutlich tausende friedliche Bürger. Wie viele Menschen am 4. Juni 1989 der Parteidiktatur tatsächlich zum Opfer fielen, wird man vermutlich erst nach deren Ende erfahren. Seit 35 Jahren gilt die Zahl der rund um den Platz des Himmlischen Friedens Ermordeten als eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Volksrepublik China. Unnötig zu erwähnen, dass in China bis heute jegliche Erinnerung an das Tiananmen-Massaker mit drakonischen Strafen belegt wird; rund um den Jahrestag arbeitet insbesondere die chinesische Internetzensur auf Hochtouren.

Vorbild Tibet: Am 8. März 1989 verhängte Peking das Kriegsrecht in Lhasa

Was viele nicht wissen: Das Vorgehen der Pekinger Führung hatte ein Vorbild in Tibet. Knapp drei Monate bevor die chinesischen Machthaber das Militär auf die Demokratiebewegung feuern ließ, hatten sie bereits in gleicher Weise auf den Protest der tibetischen Bevölkerung reagiert. Am 8. März 1989 verhängte Peking das Kriegsrecht in Tibets Hauptstadt Lhasa. Vorausgegangen waren Demonstrationen vom 5. bis 7. März, bei denen mindestens 70 Tibeter erschossen wurden. Allein in den frühen Morgenstunden des 8. März wurden bei Razzien mindestens tausend Tibeter festgenommen.

Die Verhängung des Kriegsrechts war eine harte und beispiellose Reaktion der chinesischen Behörden. Anschließend herrschte Friedhofsruhe in Lhasa. Erst ein Jahr später wurde das Kriegsrecht wieder aufgehoben. In den staatlichen Propagandamedien war dazu am 30. April 1990 Folgendes zu lesen: „Gegenwärtig ist die Lage in unserer Region im Großen und Ganzen stabil. Das Entstehen einer stabilen Situation ist das Ergebnis eines harten Kampfes mit Blut und Feuer, der das Land und sein Volk viel gekostet hat, und der mühsamen Anstrengungen der Partei […].“

Bis heute ist nicht bekannt, wie viele Tibeter genau bei der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste durch chinesische Truppen ihr Leben verloren, wie viele verhaftet und gefoltert wurden – auch dies eine Parallele zum Tiananmen-Massaker. Im Jahr 1989 zeigte sich ein Muster, das bis heute immer wieder zu beobachten ist: Die Machthaber in Peking erproben in Tibet Unterdrückungstechniken, die später auch in China selbst zum Einsatz kommen.

Strikte Zensur: Niemand soll die Wahrheit erfahren

Und stets ist die Repression begleitet von harter Zensur. Niemand soll die Wahrheit über die brutale Unterdrückung erfahren, niemand soll anderen davon berichten können. Wer es dennoch versucht, lebt in großer Gefahr. Doch zumindest außerhalb von Pekings Machtbereich lässt sich die Erinnerung nicht auslöschen. Manchmal sind selbst die obersten Vertreter der Macht nicht davor gefeit, öffentlich mit der Forderung nach Bestrafung für ihre Untaten konfrontiert zu werden.

So sorgte die spanische Justiz vor gut zehn Jahren weltweit für einiges Aufsehen, als Spaniens nationaler Strafgerichtshof die Ausstellung von Haftbefehlen gegen fünf ehemalige chinesische Politiker anordnete. Begründet wurde der Gerichtsbeschluss mit der Rolle, die die fünf Beschuldigten während ihrer Amtszeit in Tibet gespielt haben. Im Falle des ehemaligen Ministerpräsidenten Li Peng ging es dabei ganz konkret um seine Rolle während der Verhängung des Kriegsrechts in Tibet.

Letztlich führte dies zwar nicht dazu, dass die Beschuldigten in einem spanischen Gefängnis landeten. Doch nährte das Vorgehen der spanischen Justiz die Hoffnung, dass Unrecht nicht einfach vergeht, wenn die Täter nur mächtig genug sind. Und es dürfte den Machthabern in Peking gezeigt haben, dass ihre Verbrechen Konsequenzen haben können: Es ist eben nicht für alle Zeiten ausgeschlossen, dass sie eines Tages dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

* John Ackerlys Foto von der ersten großen Demonstration in Lhasa 1987 zeigt den Mönch Jampa Tenzin, der von anderen Demonstranten hochgehoben wird. Der Tibeter war gerade in eine brennende Polizeistation gestürmt, um dort eingeschlossene Gefangene zu retten. Seine Arme sind von den Flammen verkohlt, und er verliert immer wieder das Bewusstsein, während er die Menge dazu bringt, Slogans für die Unabhängigkeit zu skandieren. John Ackerly wurde später Präsident der International Campaign for Tibet (1999 bis 2009).

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