Der Dalai Lama
betont stets:
«Never give up!»

 

Foto: Jan Andersson

Ein Tibet-News-Gespräch mit dem ICT-Vorsitzenden Prof. Dr. Jan Andersson über seine Verbindung zu Tibet und zum Dalai Lama. Unser Bild zeigt Jan Andersson (re.) zusammen mit dem Dalai Lama. Links im Bild Prof. Michael van Walt van Praag.

Seit vielen Jahren, sogar Jahrzehnten, setzt Du Dich für Tibet ein. Wie ist Dein Interesse an Tibet entstanden?

Anfang der 1960er Jahre habe ich das Buch „Kim“ von Rudyard Kipling geschenkt bekommen und war sofort fasziniert von dem tibetischen Lama, mit dem Kim durch Indien wandert und viele Abenteuer erlebt. Ich wollte alles über das Land Tibet erfahren, aber zu der Zeit gab es fast keine Literatur dazu, außer der Autobiografie des Dalai Lama „Mein Land und mein Volk“. Darin schildert er auch die chinesische Okkupation und ihre Folgen für die Tibeter. Diese Darstellung hat mich erschüttert.

Du hast Dich dann auf eine recht abenteuerliche Reise zu seinem Exilsitz nach Dharamsala in Nordindien begeben. Wie kam es dazu?

1967 studierte ich Chemie an der Universität Lund in Schweden. Durch eine Leserbriefdiskussion zum Thema Tibet in der Lokalzeitung kam ich in Kontakt mit anderen Personen, und wir gründeten das Schwedische Tibetkomitee. Gleichzeitig entstand ein ähnlicher Verein in Stockholm. Gemeinsam haben wir Spenden für das Kinderdorf in Dharamsala gesammelt, aber keiner von uns hatte vorher Kontakt mit Tibetern gehabt! Da wir die Öffentlichkeit in Schweden über Tibet informieren wollten, beschlossen drei von uns, nach Indien zu reisen und in direkten Kontakt mit Tibetern zu treten. Zu dritt sind wir 1969 in einem VW-Bulli nach Indien gefahren und hatten dort nicht nur vier Begegnungen mit dem Dalai Lama, sondern reisten kreuz und quer durch Indien, Nepal und Sikkim, um so viele Tibeter wie möglich zu treffen und ihre Lebensumstände kennenzulernen.

Die ersten Reisen des Dalai Lama nach Europa und in die USA hast Du mitorganisiert. Wie musste man sich das damals vorstellen?

Der Besuch 1973 in zwölf europäischen Ländern lief ganz anders als spätere Besuche – zu der Zeit war der Dalai Lama überhaupt kein bekannter Mann! In einer Woche in Deutschland gab es keine einzige öffentliche Veranstaltung. Alles war viel familiärer und ungezwungener als in späteren Jahren. Es war kein Problem, sich eine Stunde im Zug mit ihm zu unterhalten. 1979 war es schon anders, auch wenn das öffentliche Interesse noch nicht die Intensität erreicht hatte wie später. Der Dalai Lama und seine Gruppe, wir waren etwa zehn Personen, reisten sieben Wochen durch die USA mit den abenteuerlichsten Begegnungen, mit Politikern im Kongress, mit Nobelpreisträgern, Buddhisten aus vielen Ländern, aber auch mit Studenten, Journalisten, Fernsehreportern, Hippies und Katzenliebhabern. Der Ablauf musste natürlich im Voraus minutiös vorbereitet werden, mit Besuchen vor Ort, mit Besichtigung von Hotels, Vortragssälen, Flughäfen, Anweisungen an alle lokalen Gastgeber, Polizei, Fahrer, Flughafenbetreiber etc., damit alles reibungslos verlaufen konnte. Eine immense Arbeit.

Dich verbindet eine tiefe Freundschaft mit dem Dalai Lama. Was ist das Besondere, mit einem Menschen wie dem Dalai Lama befreundet zu sein?

Was mich an ihm fasziniert ist, dass er im Privaten keine Spur anders ist als in der Öffentlichkeit. In jedem Augenblick ist er immer nur er selbst. Auch wenn ich bei jedem Gespräch mit ihm aufgeregt bin, strahlt er eine solche Ruhe aus, dass man bald vergisst, nervös zu sein. Gleichzeitig schätzt er es sehr, wenn man ihm ganz normal entgegentritt, ohne viel Aufhebens. Er hat einen äußerst scharfen Verstand, und manchmal ertappt er seinen Gesprächspartner bei unlogischem Argumentieren, aber auf eine so sanfte Weise, dass man es in dem Augenblick kaum merkt. Er kann auch sehr persönlich sein: Einmal am Ende eines anstrengenden Tages zurück im Hotel kam er aus seinem Zimmer zu den Begleitern, größte Aufregung. Stimmte etwas nicht? Aber er suchte nur Gesellschaft, „ich war zu lange ein Gefangener im Potala“. Das schnürt einem das Herz zu!

Der Dalai Lama hat ein großes Interesse an den Wissenschaften. Du bist Professor für Analytische Chemie. Habt Ihr Euch auch einmal über wissenschaftliche Themen ausgetauscht?

Er hat größte Neugier auf naturwissenschaftliche Errungenschaften und steht ihnen ganz offen gegenüber. Deswegen hat auch mein Fachbereich Chemie und Pharmazie 2007 ihm die erste deutsche Ehrendoktorwürde verliehen. Sein vorrangiges Interesse liegt darin, ob und wie man das buddhistische Denken mit den naturwissenschaftlichen Ergebnissen verbinden kann. Er entdeckt immer wieder Parallelen, die ihn lange beschäftigen können.

Als Vorsitzender von ICT in Deutschland und mit Deinen Einsatz darüber hinaus prägst Du die Tibet-Bewegung seit Langem maßgeblich mit. Was hat Dich bei Deinem Einsatz für Tibet immer wieder motiviert?

Es ist seit über 50 Jahren das Schicksal der Tibeter, das mich weitertreibt. Wie sie mit gnadenloser Gewalt von einer Großmacht unterdrückt werden. Wenn man diese Menschen trifft und ihre Lebenserfahrungen erzählt bekommt, ist auf der einen Seite die Wut groß, aber auf der anderen wächst der Entschluss, etwas dagegen zu tun. Die Vorstellung, dass ein Einzelner nichts ausrichten kann, ist völlig abwegig. Ich habe zu viel erlebt, was mir gezeigt hat, dass zivilgesellschaftliches Engagement wirkungsvoll sein kann! Natürlich nicht über Nacht – Never give up!, betont der Dalai Lama ständig. Auch wenn Tibet immer noch besetzt ist, besteht nach wie vor die Hoffnung, dass der Tag kommt, wenn sich dieses Verhältnis umkehrt. Bis dahin kann man so viel machen, von individueller Hilfe an besonders Notleidende bis zum Arbeiten im großpolitischen Umfeld. ICT macht hier vorbildliche Arbeit, und die Freude, in diesem Umkreis etwas Nützliches zu tun, ist jeden Tag groß.

Was wünscht Du Dir für die Zukunft des Dalai Lama und des tibetischen Volkes?

Mein heißester Wunsch ist natürlich, den Dalai Lama und die Flüchtlinge auf dem Weg zurück in ein freies Tibet begleiten zu können! Bis der Tag kommt, müssen wir auf Eins aufpassen: dass die Tibeter nicht vergessen werden. Die Welt ist komplex und so viele Ungerechtigkeiten finden täglich statt, aber wenige von diesem Ausmaß. Indem wir die Tibeter im Alltag nicht vergessen, kann jeder von uns einen kleinen Beitrag leisten!

Im Jahr 2002 war Prof. Dr. Jan Andersson einer der Mitgründer von ICT in Deutschland. Er engagiert sich bereits seit mehr als 50 Jahren für Tibet.

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