Berlin, 6. Juli 2018. Vor den in Kürze beginnenden deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen warnt die International Campaign for Tibet (ICT) Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik vor einer Fehleinschätzung der Volksrepublik China. „China ist kein normaler Partner!“ sagte ICT-Geschäftsführer Kai Müller. Darüber müsse sich nicht nur die deutsche Politik im Klaren sein. Auch die Gesellschaft als Ganzes – Medien, Wirtschaft, Verbände und Kulturschaffende – dürfe sich keine Illusionen über die Natur des aktuellen politischen System Chinas machen, so Müller, und daraus ihre Konsequenzen ziehen.
„Peking setzt in Tibet und anderen Regionen ein System totalitärer Überwachung um, mit dem jeglicher Dissens mit empfindlichen Strafen geahndet wird. Willkürliche Inhaftierungen, Folter und Misshandlung, Umerziehung und Indoktrination gehören zum Alltag vieler Tibeter und insbesondere auch Uiguren, die Berichten zufolge in Xinjiang (Ost-Turkestan) zu Hundertausenden in Lagern festgehalten werden“, so der ICT-Geschäftsführer. „Die Menschenrechtslage in der Volksrepublik ist erschreckend. Offenbar verachtet die chinesische Regierung universell gültige Menschenrechte. Ihre Härte gegenüber Menschenrechtsverteidigern, Anwälten und Andersdenkenden schockiert.“
In der gesamten Volksrepublik China seien Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsanwälte Drangsalierungen und willkürlicher Inhaftierung ausgesetzt, seien „Verschwindenlassen“ und sogenannter Hausarrest gängige Praxis. „Obwohl sich unter anderem auch die Bundesregierung für die Witwe von Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo eingesetzt hat, wird sie nach wie vor festgehalten, obwohl ihre Freunde in großer Sorge wegen ihres Gesundheitszustands sind“, so ICT-Geschäftsführer Kai Müller. Die Bundesregierung müsse sich auch weiterhin für Liu Xias Freilassung einsetzen. Dies gelte auch für den tibetischen Menschenrechtsverteidiger Tashi Wangchuk, der im Mai wegen des Vorwurfs der „Anstiftung zu Separatismus“ zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde.
China nimmt mittlerweile immer unverhohlener Einfluss auch in Deutschland. In den vergangenen Monaten erzwang Peking so beispielsweise eine „Entschuldigung“ des deutschen Autobauers Daimler für die Verwendung eines Dalai Lama-Zitats auf der Instagram-Seite des Konzerns. Daimlers „beschämender Kotau vor der Diktatur“ wurde durch kaum kaschierte Hinweise auf wirtschaftliche Nachteile erpresst. Dem Druck aus China hatte sich schon im vergangenen Herbst auch der deutsche Wissenschaftsverlag Springer Nature gebeugt und Teile seines Internetangebots für die chinesischen Kunden gesperrt.
Die Botschaft an die Firmen ist eindeutig: Nur wer sich der Weltsicht der in Peking herrschenden KP unterwirft, darf in China Geld verdienen. Ähnlich die Lage auch im Sport: Im vergangenen Herbst verließen chinesische Nachwuchsfußballer bei einem Freundschaftsspiel gegen einen Regionalligisten den Platz, nachdem sie auf der Tribüne einige Tibet-Fahnen entdeckt hatten. Das Außenministerium in Peking protestierte offiziell gegen das hiesige Verständnis von Meinungsfreiheit. Den Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen in Tibet definierte man zu einer „separatistischen, antichinesischen und terroristischen Aktivität“ um.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.