Süddeutsche Zeitung verzichtet auf China Daily-Propagandabeilage
Screenshot: China Daily
Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt hat sich die Süddeutsche Zeitung allem Anschein nach dazu entschlossen, keine weiteren Beilagen des chinesischen KP-Blattes „China Daily“ mehr zu verbreiten. Die Nachricht von der Einstellung der – mutmaßlich äußerst lukrativen – Geschäftsbeziehung fand sich gut versteckt in einem Seite 3-Artikel des China-Korrespondenten der SZ, in dem es hieß, bei der Schaltung der „China Watch“-Beilage habe es sich um eine einmalige Angelegenheit gehandelt. Noch im November 2017 hatte das ganz anders geklungen. In Reaktion auf unsere Kritik hatte die Geschäftsleitung in einer E-Mail-Nachricht an ICT schriftlich ihre Absicht erklärt, die Beilage zukünftig „zweimonatlich“ zusammen mit ihrer Druckausgabe zu verbreiten. Somit wären in diesem Jahr mindestens zwei weitere Ausgaben von „China Watch“ fällig gewesen, hätte man sich bei der SZ nicht offensichtlich eines Besseren besonnen.
Auch wenn einstweilen unklar bleibt, woher die Einsicht der Geschäftsleitung rührt, so ist sie doch unbedingt zu loben. Andere Medien sollten sich am Beispiel der Süddeutschen Zeitung orientieren und ihre Werbepartnerschaft mit dem Propagandablatt ebenfalls beenden. Sie sollten Abstand nehmen von Kooperationen mit chinesischen Staatsmedien, die nicht nur Sprachrohr einer autoritären Staats- und Parteiführung sind, sondern die sich auch an einer besonders perfiden Form der Unterdrückung beteiligen. Seit 2013 verbreiten Fernsehen und staatliche Presse in China erzwungene Geständnisse von ganz offensichtlich zu Unrecht in Haft sitzenden Andersdenkenden, um diese mundtot zu machen und die Öffentlichkeit einzuschüchtern. Eine Praxis, die eindeutig im Widerspruch steht zu internationalen Menschenrechtsstandards wie auch dem geschriebenen Recht Chinas.
Die International Campaign for Tibet hat sich daher vor kurzem zusammen mit der International Federation of Human Rights Leagues (FIDH) und der französischen Ligue des droits de l’Homme an den Pariser „Le Figaro“ mit der dringenden Bitte gewandt, die monatlich erscheinenden Beilagen der „China Daily“ einzustellen. In Deutschland verbreitet das Handelsblatt weiterhin Werbebeilagen von „China Daily“, daneben viele andere Qualitätsmedien in Europa und Amerika. Es ist an der Zeit, diese Kooperationen als das zu bezeichnen, was sie sind: ein Ausverkauf journalistischer Glaubwürdigkeit.
Autor: Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet
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