Propagandabeilage in der Süddeutschen Zeitung

Foto: ICT

Etwas mehr als eine Woche ist es her, dass wir uns mit der Beilagenschaltung durch das chinesische Staatsblatt China Daily in der Süddeutschen Zeitung befasst haben. Inzwischen hat die Geschäftsführung der Süddeutschen Zeitung auf unser Schreiben geantwortet. Der Inhalt ist so erwartbar wie enttäuschend: die Süddeutsche Zeitung werde weiter Beilagen von China Daily schalten. Redaktion und Werbung seien bei der Süddeutschen Zeitung getrennt. Grund für Sorge um die kritische Berichterstattung aus China gebe es nicht.

Ferner kann uns die Geschäftsführung der Süddeutschen Zeitung keine Auskunft darüber geben, wie viel China Daily für die Anzeigenschaltung gezahlt habe, für die andere Zeitungen hohe sechsstellige Beträge pro Jahr erhalten. Da die sechzehn Seiten „China Watch“, so die Geschäftsleitung, nunmehr sechsmal pro Jahr der Süddeutschen Zeitung beigelegt werden, wird es sich um einen nicht eben kleinen Betrag handeln, den China Daily überweisen wird. Jedenfalls groß genug, dass die Geschäftsleitung der Süddeutschen Zeitung offensichtlich sämtliche Bedenken über Bord wirft, die sie bei russischen Werbebeilagen vor nicht allzu langer Zeit noch hatte.

China investiert strategisch

China investiert strategisch und langfristig, auch und gerade im Mediensektor. So schaltet der chinesische Staat (bzw. die ihn beherrschende Kommunistische Partei) systematisch Anzeigen über seine für das Ausland konzipierten Staatsmedien in westlichen Qualitätszeitungen. Beilagen von China Daily fanden sich in den letzten Jahren in der New York Times, im Globe and Mail, im Telegraph, im Handelsblatt, in Le Figaro oder im Wall Street Journal. Und in vielen anderen mehr.

Die Kommunistische Partei Chinas kann dabei nur gewinnen. Zunächst gelingt es ihr, Reichweite und Seriosität dieser angesehenen Zeitungen zu nutzen, um ihre Propaganda, mitunter geschickt verpackt in scheinbar unpolitische Artikel, in der westlichen Öffentlichkeit zu verbreiten und damit die Realität des autoritären Chinas zu verdecken.

Zum zweiten legt die Kommunistische Partei die Lunte an die Unabhängigkeit möglicherweise finanziell schwächelnder Medienhäuser, gerade in kleineren und wirtschaftsschwächeren, aber auch in stabilen Ländern. Wer hätte etwa gedacht, dass eine Zensur der renommierten Cambridge University Press und des Wissenschaftsverlages Springer eines Tages ernsthaft diskutiert bzw. traurige Realität wird? Was auch in anderen Bereichen zu beobachten ist: Peking schafft gezielt wirtschaftliche Abhängigkeiten, um politische Ziele zu erreichen.

Drittens: auch wenn es der Pekinger Führung vielleicht nicht gelingt, die kritische Berichterstattung über China völlig zu verhindern, so kann sie doch daran arbeiten, die Glaubwürdigkeit einer Zeitung zu untergraben. Sie kann deren Unabhängigkeit zum Gegenstand öffentlicher Debatten machen, die jedenfalls in einer offenen Gesellschaft zu erwarten wären. Wäre es naiv, davon auszugehen, dass „chinafreundliche“ oder „chinaoptimistische“ Artikel nicht gelesen würden, weil die Leser annehmen, dass dafür möglicherweise siebenstellige Beträge aus Peking nach München fließen?

Dass angesehene westliche Medien ihre Glaubwürdigkeit um des Anzeigengeschäfts mit autoritären Staaten willen riskieren, ist ein Skandal. Die Süddeutsche Zeitung darf „China Watch“ nicht weiter schalten.

Autor: Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet

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