Touristen statt Mönchen und Nonnen
Mit einer Doppelstrategie versucht die chinesischen Regierung, dem wachsenden Interesse am tibetischen Buddhismus zu begegnen. Diese verbindet die groß angelegten Abrissaktionen und die damit einhergehenden Vertreibungen tausender Mönche und Nonnen aus den buddhistischen Studienzentren Larung Gar und Yachen Gar im Osten von Tibet mit einem massiven Ausbau der touristischen Infrastruktur an eben diesen Orten. Auf diese Weise versucht die chinesische Regierung, aus dem großen Interesse am tibetischen Buddhismus innerhalb der chinesischen Bevölkerung touristisches Kapital zu schlagen, während sie zur gleichen Zeit dessen Wesenskern angreift und massiv in die freie Religionsausübung eingreift. Der neue ICT-Bericht “Shadow of Dust across the Sun“ stützt sich auf Informationen aus erster Hand und Augenzeugenberichte. Er belegt im Einzelnen das Folgende:
● Im Tal unterhalb des Zugangs zum buddhistischen Studienzentrum Larung Gar in der osttibetischen Autonomen Präfektur Kardze (chin.: Ganzi) entsteht derzeit unter anderem ein völlig neues Touristendorf. Dies belegt den Versuch der chinesischen Behörden, den Tourismus als Mittel einzusetzen, um das wachsende Interesse an der Wiederbelebung der tibetischen Religion und Kultur einzudämmen.
● Der Ausbau der touristischen Infrastruktur in Larung Gar wird von den offiziellen chinesischen Medien als „harter politischer Kampf“ bezeichnet, als handelte es sich bei dem friedlichen religiösen Studienzentrum um eine Kriegszone.
● In Larung Gar und Yachen Gar sowie den umliegenden Orten findet ein massiver Ausbau der Sicherheits- und Überwachungsinfrastruktur statt. Neue mobile Polizeiwachen und die Stationierung weiterer Truppen bestätigen den allgemeinen Trend zur systematischen staatlichen Kontrolle aller Lebensbereiche in Osttibet seit dem Beginn der Serie von Selbstverbrennungen von Tibetern im Jahr 2009.
● Die offiziellen Pläne für eine verstärkte Urbanisierung und den Ausbau des Tourismus konzentrieren sich auf eine der Führung genehme Version von Tibets religiöser Kultur und eines „glücklichen Kardze“. Sie legen einen Schwerpunkt auf die nicht-religiösen Elemente der tibetischen Kultur und verknüpfen diese mit einer langfristigen Strategie zur Eindämmung von Protesten, dem „Management“ religiöser Aktivitäten sowie der Sicherstellung der KP-Herrschaft in der gesamten Präfektur Kardze.
Weitere Einzelheiten können Sie unserer Mitteilung entnehmen. Unseren vollständigen Bericht „Shadow of dust across the sun: how tourism is used to counter Tibetan cultural resilience“ finden Sie hier.
Chinesische Truppen überall
Mehrere Kader empfahlen bei ihren Besuchen in Klöstern den dort stationierten Truppen und Funktionären das Studium der Reden von Xi Jinping, um so „nachhaltige, langfristige und umfassende Stabilität“ in Tibet zu erreichen. Zur Erreichung dieser politisch definierten „Stabilität“ setzen die chinesischen Behörden unter anderem auf stark erweiterte Befugnisse von Polizei und Militär, Haustür-Propaganda von Parteikadern und weitreichende elektronische Überwachung. Xi Jinping selbst unterstrich im August 2015 die Bedeutung von „Stabilität“ in Tibet für die Sicherheit der gesamten Volksrepublik China.
In den sozialen Medien findet sich Foto- und Videomaterial, das die massive Präsenz chinesischer Sicherheitskräfte im nordosttibetischen Kloster Kumbum während des Gebetsfests Monlam zeigt. Wie schon in den vergangenen Jahren nutzte die chinesische KP das von Tausenden tibetischer Pilger besuchte Fest, um ihre Dominanz über das religiöse Leben in Tibet zu belegen. Allen Einschüchterungsversuchen zum Trotz kamen die Gläubigen in großer Zahl nach Kumbum und lieferten so ein eindrucksvolles Zeugnis ihrer Entschlossenheit, ihre religiöse Identität zu behaupten. Weitere Einzelheiten finden Sie in einer ICT-Mitteilung auf unserer Webseite.
„Freiheit für Tibet!“
Am 18. März kam es im osttibetischen Kardze zur ersten Selbstverbrennung des Jahres 2017 in Tibet. Wie „Radio Free Asia” (RFA) und andere Medien berichteten, setzte sich der 24-jährige Landwirt Gyaltsen auf dem Marktplatz der osttibetischen Stadt aus Protest gegen die chinesische Politik in seiner Heimat selbst in Brand. Pema Gyaltsen habe die Rückkehr des Dalai Lama gefordert und beklagt, es gebe keine Freiheit in Tibet, während er sich selbst anzündete. Die Polizei habe den schwerverletzten jungen Mann weggeschafft. Ob Pema Gyaltsen noch lebt, ist derzeit nicht klar. Familienangehörige, die sich zur örtlichen Polizeistation begaben und verlangten, ihn sehen zu dürfen, wurden laut dem RFA-Bericht von den Beamten misshandelt und geschlagen. Wegen der unmittelbar nach der Selbstverbrennung einsetzenden Sperre der Telefon- und Internetverbindungen durch die chinesischen Behörden ist es außerordentlich schwierig, an aktuelle Informationen zu gelangen. Im Zusammenhang mit Pema Gyaltsens Selbstanzündung nahmen die chinesischen Behörden in Kardze fast 200 Menschen fest. Weitere Einzelheiten sowie eine Einschätzung des Geschehens können Sie einer ICT-Mitteilung entnehmen. Darin geht es auch um den jüngsten Menschenrechtsbericht der Bundesregierung, der nur wenige Tage nach der Selbstverbrennung in Kardze im Bundestag diskutiert wurde. Dieser beschreibt die Lage in Tibet mit deutlichen Worten. Im Abschnitt zur Volksrepublik China heißt es: „Besonders kritisch ist die Menschenrechtssituation in Tibet und Xinjiang. Religions- und Versammlungsfreiheit werden dort wesentlich stärker unterdrückt als in anderen Regionen. Die Zentralregierung geht gegen jegliche (auch vermeintliche) Autonomie- und Unabhängigkeitsbestrebungen mit großer Härte vor. Die seit 2006 andauernde Serie von Selbstverbrennungen junger Tibeter ist Ausdruck höchster Verzweiflung gegen die Verwehrung von echter religiöser, sprachlicher und kultureller Autonomie.“
Nervöse Behörden
Am 10. März endete auch unsere Aktion „Grüße nach Tibet“. Herzlichen Dank all denen, die sich daran beteiligt haben. Es hat viel Freude bereitet, all die positiven Grußbotschaften zu lesen. Nicht zuletzt hoffen wir, dass unsere Grüße auch den Tibeterinnen und Tibetern, die davon Kenntnis erlangen konnten, Mut gemacht haben. Sobald unsere Auswertung abgeschlossen ist, werden wir Ihnen davon berichten. Bis dahin können Sie sich hier noch einmal alle eingegangenen Grüße anschauen.
Süße Osterüberraschung
Bereits seit 2012 unterstützt die Firma Hilfsprojekte der International Campaign for Tibet Deutschland und hat eigens dafür eine neue Schokoladensorte kreiert: Tibet mit einem süßen Geschenk.
Irmtraut Wäger: Amala – Mein Leben für Tibet
Unsere Arbeit
Tibetische politische Gefangene brauchen unsere Unterstützung!
Seit den landesweiten Protesten im letzten Jahr befinden sich immer noch mehr als 1.200 Tibeter in Haft oder sind „verschwunden“ – und müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlungen hinnehmen. Der Grund: viele haben auf friedliche Weise gegen die Verhältnisse in Tibet und die Politik Pekings auf dem Hochland protestiert. Grundlegende Rechte werden ihnen damit systematisch vorenthalten.
Die Situation in Tibet ist eine Menschenrechtskrise, die uns alle angeht. Helfen auch Sie wie Schauspieler Hannes Jaenicke bei unserer Kampagne für tibetische Gefangene auf www.missingvoices.net oder sehen Sie ein Statement von Hannes Jaenicke auf unserer Webseite, laden Sie ein eigenes Videostatement hoch oder nehmen Sie an unserer Appellaktion an Staatspräsident Hu Jintao teil!
So können Sie helfen!
ONLINE SPENDEN
So können Sie helfen!
Mit 50 € können 5 warme Decken gegen die Kälte bezahlt werden.
Mit 250 € könnten fünf zusätzliche Betten angeschafft werden.
ICT – News April 2009 Chinesisches Gericht verhängt Todesstrafe gegen Tibeter
Der Meldung zufolge seien zwar alle fünf Angeklagten von Rechtsanwälten vertreten worden. Aus früheren Fällen ist jedoch bekannt, dass eine freie Wahl des Anwalts häufig unmöglich ist. So wurden im vergangenen Jahr 18 engagierte Bürgerrechtsanwälte massiv bedroht, sollten sie ihre Dienste Angeklagten in politisch sensiblen Verfahren anbieten. Generell muss davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen internationale Mindeststandards nicht eingehalten werden. Folter und Einschüchterung der Angeklagten sind an der Tagesordnung, die Gerichte stehen unter hohem Druck, ihre Urteile entsprechend den Erwartungen der politischen Führung zu fällen. ICT fordert die chinesischen Behörden auf, alle Urteile, die gegen Teilnehmer an den Protesten in Tibet vom März 2008 ergangen sind, unter der Teilnahme unabhängiger Beobachter zu überprüfen und in jedem Fall von der Anwendung der Todesstrafe abzusehen. Die Härte der ergangenen Urteile dürfte in keiner Weise geeignet sein zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Die Spannungen in Tibet dürften dadurch im Gegenteil nur noch erhöht werden.
ICT-Video „20 Years ICT“.