Behörden erleichtern
Zuzug von Chinesen
in Tibets Städte

 

Quelle: Chinesische Staatsmedien

Berlin, 03.03.2022. Die chinesischen Behörden forcieren in Tibet eine Politik der erzwungenen Assimilierung. Diese zielt darauf ab, die tibetische Kultur und Religion den ideologischen Zielen der Kommunistischen Partei unterzuordnen. Etikettiert als sogenannte „Sinisierung“ soll der Anschein aufrechterhalten werden, es werde eine Orientierung hin zur han-chinesischen Kultur angestrebt. Tatsächlich aber geht es den Behörden um nichts weniger als die komplette Unterwerfung unter die Ideologie der KP-Führung. Deutlich wurde dies bei einer hochrangig besetzten Konferenz, die am 9. Februar in der tibetischen Hauptstadt Lhasa stattgefunden hat.

Zu den Teilnehmern zählten neben der Spitze der Kommunistischen Partei und Vertretern der Regierung der sogenannten Autonomen Region Tibet (TAR) auch hohe Funktionäre der Justiz, des Militärs und der bewaffneten Polizei der TAR. Offiziell firmierte das Treffen unter der Bezeichnung einer „ethnischen Arbeitskonferenz“. Berichten der chinesischen Staatsmedien zufolge zog der KP-Sekretär der TAR, Wang Junzheng, in seiner Ansprache eine Bilanz der „Sinisierung“ der Tibeter in den letzten fünf Jahren.

Aus Sicht der International Campaign for Tibet (ICT) wurden während der Konferenz vor allem zwei Themenbereiche intensiv diskutiert, die besonderen Anlass zur Sorge bereiten. Dies ist zum einen der Einsatz tibetischer KP-Kader zur Legitimierung ihrer Herrschaft, zum anderen die forcierte Migration von Han-Chinesen nach Tibet.

Einsatz tibetischer Kader zur Legitimierung der KP-Herrschaft

Bereits auf der Zentralen Konferenz für ethnische Arbeit 2014 erklärte KP-Generalsekretär Xi Jinping: „Um gute Arbeit in der ethnischen Arbeit zu leisten, sind die Kader der ethnischen Minderheiten wichtige Brücken und Bindungen. Lassen Sie sie viele Angelegenheiten für uns erledigen, weil sie von den ethnischen Minderheiten eher akzeptiert werden; sie werden in kritischen Momenten auftauchen, und die Wirkung wird besser sein.“ Die chinesische KP zielt also darauf ab, dass die Tibeter von tibetischen Kadern kontrolliert werden, während im Hintergrund die zentrale Parteiführung in Peking die Fäden zieht. So soll die Legitimität der Partei in Tibet gestärkt werden.

Zugleich hat die KP die Notwendigkeit erkannt, die Loyalität ihrer 82.000 tibetischen Parteimitglieder in der TAR zu überprüfen, indem sie ihre politischen und religiösen Ansichten ins Visier nimmt. So gab die Partei Mitte letzten Jahres einen Verhaltenskodex für ihre tibetischen Mitglieder heraus, in dem sie ihnen untersagt, sich religiös zu betätigen. Zahlreiche tibetische Parteimitglieder und Regierungsangestellte wurden von der Parteikommission für disziplinarische Inspektion und Überwachung als sogenannte „Doppelgesichtige“ untersucht und anschließend aus ihren Positionen ausgeschlossen, weil sie an ihrer tibetischen Identität und ihren Werten festhielten.

In den staatlichen Medien wird zur Begründung solcher Maßnahmen häufig auf eine angebliche „Verletzung der politischen Disziplin der Partei, der Organisationsdisziplin, der Integritätsdisziplin, der Arbeits- und Lebensdisziplin“ verwiesen. Nicht selten erfolgen die Amtsenthebungen auch im Namen der Korruptionsbekämpfung.

Forcierte Migration von Han-Chinesen nach Tibet

Besondere Sorge bereitet die neue Migrationsstrategie der KP, die unter dem Motto präsentiert wird, „den Austausch und die Integration aller ethnischen Gruppen weiter zu fördern“, wie Tibets KP-Chef Wang Junzheng Ende 2019 in Lhasa sagte. Seinen Worten zufolge gehe es darum, „sich zu bemühen, soziale Bedingungen für die Menschen aller ethnischen Gruppen zu schaffen, um zusammen zu leben, zu lernen, zu bauen und zu teilen, zusammen zu arbeiten, zusammen Spaß zu haben und sich eng zu umarmen wie Granatapfelkerne“. Hinter solchen Slogans verbirgt sich eine Politik, die zum Ziel hat, die demographischen Verhältnisse in Tibet grundlegend zu verändern. In den staatlichen Medien sendet die Kommunistische Partei die klare Botschaft, dass die Migration der Schlüssel zur Lösung der ethnischen Frage ist.

Passend dazu wurde im Anschluss an die Konferenz in Lhasa das „Hukou“-System für die Registrierung städtischer Haushalte abgeschafft. Dieser Verzicht auf die bisherige „Hukou-Registrierung“ wird als „Nullschwellen“-Siedlungspolitik dargestellt. Er ebnet den Weg für die Nicht-Hukou-Bevölkerung, sich in städtischen Gebieten niederzulassen. Nachdem die uneingeschränkte Registrierung von Haushalten in den Städten in Kraft getreten ist, zitierten die staatlichen Medien einen Wanderarbeiter aus Sichuan namens Zhang, mit den Worten: „Es ist großartig, sich endlich niederlassen zu können!“

Tatsächlich hat sich die Bevölkerungszahl Lhasas in den letzten zehn Jahren rasant von offiziell 559.423 Einwohnern im Jahr 2010 auf 867.891 im Jahr 2020 erhöht. Das entspricht einem Anstieg um 55 %. Wie bei den vergangenen Volkszählungen wurden auch bei der Volkszählung 2020 die zahlreichen saisonalen Han-Wanderarbeiter in Lhasa nicht gezählt. Nachdem nun die neue städtische Haushaltsregistrierung in Lhasa in Kraft getreten ist, dürfte es zu einem weiteren Zustrom von Han-Siedlern in der tibetischen Hauptstadt kommen, der sich allmählich auf die offiziell neu ausgewiesenen städtischen Gebiete in Tibet ausbreiten dürfte.

Schon die bisherigen Zahlen zeigten einen Anstieg der Han-Bevölkerung in der TAR um 80 % (von 245.263 im Jahr 2010 auf 443.370 im Jahr 2020). Die neue Politik der städtischen Haushaltsregistrierung verschärft die Befürchtung, unter dem Deckmantel eines langfristigen natürlichen Prozesses der „Entwicklungshilfe“ finde in Wahrheit der Beginn einer Siedlerkolonisierung Tibets statt.

 

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