Berlin, 14.08.2023. Die International Campaign for Tibet (ICT) begrüßt eine Erklärung mehrerer UN-Menschenrechtsexperten zu den Fällen von neun tibetischen Umweltverteidigern in chinesischer Haft. Darin verlangen diese von der chinesischen Regierung Auskunft über die Tibeter, die wegen ihres friedlichen Einsatzes für den Schutz der tibetischen Umwelt zu langen Haftstrafen verurteilt worden sind.
Eine entsprechende gemeinsame Erklärung der Sonderberichterstatterin für die Situation von Menschenrechtsverteidigern, des Sonderberichterstatter für Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie des Sonderberichterstatters für Menschenrechtsverpflichtungen in Bezug auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt wurde am 10. August veröffentlicht.
In ihrem Schreiben fordern die drei Menschenrechtsexperten die chinesische Regierung auf, Einzelheiten über den Grund der Inhaftierung und den Gesundheitszustand der neun Tibeter mitzuteilen, die alle zwischen 2010 und 2019 inhaftiert wurden. Die Sonderberichterstatter betonen außerdem, dass die chinesischen Behörden für eine angemessene medizinische Versorgung sorgen und den Familien der Tibeter erlauben sollten, sie zu besuchen.
„Wir begrüßen, dass die Sonderberichterstatter die Verfolgung von Umweltschützern durch die chinesischen Behörden nachdrücklich anprangern“, sagte Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet Deutschland. „China muss seine düstere Bilanz revidieren und beweisen, dass die behauptete Priorität des Umweltschutzes mehr ist als ein Deckmäntelchen für die ungehinderte Ausbeutung des tibetischen Hochlands. Ein erster Schritt dafür könnte darin liegen, diese neun Aktivisten freizulassen und die umfassende Verfolgung tibetischer Umweltschützer zu beenden. Ohne Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsschutz kann es keine effektive Klima- und Umweltpolitik geben“, so der ICT-Geschäftsführer.
Müller fügte hinzu: „Die internationale Gemeinschaft sollte diese Fälle von Verfolgung während der Anfang nächsten Jahres stattfindenden Überprüfung Chinas vor dem UN-Menschenrechtsrat zur Sprache bringen. Die Bundesregierung sollte auch Fragen von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten im geplanten Klima- und Transformationsdialog mit der chinesischen Regierung auf die Agenda setzen. Die Fälle inhaftierter tibetischer Umweltverteidiger müssen angesprochen werden.”
Die neun in der Mitteilung genannten Tibeter – Anya Sengdra, Dorjee Daktal, Kelsang Choklang, Dhongye, Rinchen Namdol, Tsultrim Gonpo, Jangchup Ngodup, Sogru Abhu und Namesy – wurden alle inhaftiert, nachdem sie gegen illegale Bergbauaktivitäten protestiert oder die Wilderei gefährdeter Arten aufgedeckt hatten. Während drei der Genannten zu bis zu 11 Jahren Haft verurteilt wurden, hat die chinesische Regierung im Falle von Dhongye, Rinchen Namdol, Tsultrim Gonpo, Jangchup Ngodup, Sogru Abhu und Namsey das Strafmaß nicht bekannt gegeben.
Den UN-Experten zufolge ist auch unklar, inwieweit die inhaftierten Tibeter Zugang zu einem Rechtsbeistand hatten und ob einer von ihnen während der Haft medizinisch versorgt wurde.
In einem im Juni 2022 veröffentlichten Bericht dokumentierte die International Campaign for Tibet 50 Fälle von Tibetern, die seit 2008 willkürlich inhaftiert, verhaftet, vor Gericht gestellt und/oder verurteilt wurden. Daraus ergibt sich ein klares Bild: Umweltaktivismus von Tibetern wird vom chinesischen Staat hart bestraft. Die in dem ICT-Bericht dokumentierten Haftstrafen reichen von einem Jahr und neun Monaten bis zu 21 Jahren, der Mittelwert liegt bei neun Jahren Haft.
Dies ist besonders alarmierend angesichts einer Lage, in der die Temperaturen im tibetischen Hochland mindestens doppelt so schnell steigen wie im weltweiten Durchschnitt. Als „dritter Pol“ der Welt beherbergt die Region das größte Volumen an gefrorenem Süßwasser außerhalb der Polarregionen und ist die Quelle der acht großen Flüsse Asiens, die letztlich die Lebensgrundlage für bis zu 1,4 Milliarden Menschen flussabwärts bilden.
Vor diesem Hintergrund sind es entscheidende Fragen für die internationale Gemeinschaft, wie sich der Klimawandel auf das tibetische Plateau auswirkt und ob die Tibeter vor Ort in der Lage sind, die Veränderungen abzumildern und sich an sie anzupassen.
„Wenn China sich verpflichtet, die Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen, sollte es von der Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern im Umweltbereich absehen und alle neun [Tibeter] sofort freilassen“, heißt es daher auch in der Erklärung der UN-Experten.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.