Berlin, 07.12.2020. Am 2. Dezember ist der populäre tibetische Schriftsteller und Dichter Gendun Lhundrup verhaftet worden, nachdem Sicherheitsbehörden seine Aktivitäten über einen langen Zeitraum im Hinblick auf abweichende politische Meinungsäußerungen beobachtet hatten. Dies berichtete „Radio Free Asia“ (RFA) unter Berufung auf tibetische Quellen. Wo die chinesischen Behörden Gendun Lhundrup festhalten, sei derzeit nicht bekannt. Der frühere Mönch des bedeutenden Klosters Rongwo im nordosttibetischen Landkreis Rebgong sei in der Vergangenheit bereits mehrfach inhaftiert worden, so eine Quelle, die sich dabei auf Kontakte in die Region berief.
Die neuerliche Festnahme des 46-jährigen Autors werde in den sozialen Netzwerken breit diskutiert. Gendun Lhundrup liege die tibetische Kultur und Sprache sehr am Herzen. Er habe „ein tiefes Interesse an der Bewahrung der tibetischen Kultur“ und habe sich „unermüdlich für die Sache [Tibets] eingesetzt“. Lhundrups Arbeit sei nicht nur in Tibet, sondern auch in der tibetischen Gemeinschaft im Exil gut aufgenommen worden. Im Oktober veröffentlichte Lhundrup eine Anthologie von Gedichten mit dem Titel „Khorwa“ und schrieb auf der Website Waseng-drak, dass Schriftsteller und Künstler die Freiheit benötigen, ihre Gedanken und Gefühle ohne Einschränkungen auszudrücken, so die Quelle von RFA. Obwohl seine Möglichkeiten, seine Meinung frei zu äußern, begrenzt seien, so Lhundrup, habe er versprochen, „seinem Herzen zu folgen“ und weiter zu schreiben, und dafür seine Leser um Unterstützung gebeten.
Schriftsteller, Sänger und Künstler, die für die Identität und Kultur Tibets werben, stehen in Tibet unter besonders starkem Druck. Viele von ihnen sind in den letzten Jahren von den chinesischen Behörden verhaftet und zu teils langen Haftstrafen verurteilt worden. Der Kampf um Sprachrechte hat sich in den letzten Jahren zu einem besonderen Schwerpunkt der tibetischen Bemühungen um den Erhalt ihrer Identität entwickelt. Die chinesischen Behörden gehen hart dagegen vor: Informell organisierte Sprachkurse würden von ihnen in der Regel als „illegale Vereinigungen“ betrachtet, Lehrer inhaftiert, so der Bericht von RFA. Einer der bekanntesten Fälle ist der des Menschenrechtsverteidigers Tashi Wangchuk, der im Mai 2018 wegen „Anstiftung zum Separatismus“ zu einer 5-jährige Haftstrafe verurteilt worden war, weil er sich öffentlich für den Erhalt der tibetischen Sprache eingesetzt hatte. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist Tashi Wangchuk ein gewaltloser politischer Gefangener, der allein aufgrund seiner friedlichen Meinungsäußerung inhaftiert wurde. Dies gelte auch für den tibetischen Schriftsteller Gendun Lhundrup, so ICT-Geschäftsführer Kai Müller: „Der gewaltlose Einsatz für die kulturelle Identität der Tibeter ist ein legitimes Anliegen. Soweit bekannt, hat Gendun Lhundrup lediglich sein Recht auf freie Meinungsäußerung genutzt. Er muss unverzüglich freigelassen werden!“
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.