Berlin, 08.05.2020. Die International Campaign for Tibet (ICT) ist in großer Sorge um den unter UNESCO-Schutz stehenden Jokhang-Tempel in der tibetischen Hauptstadt Lhasa, das größte Heiligtum des tibetischen Buddhismus. Laut einem Bericht der in Peking lebenden tibetischen Schriftstellerin und Bloggerin Woeser in Radio Free Asia vom 5. Mai 2020 haben die chinesischen Behörden mit dem Bau von zwei Pavillons vor dem Jokhang-Tempel begonnen. Die Pavillons scheinen einem chinesischen Baustil zu folgen, der mit der traditionellen tibetischen Architektur unvereinbar ist. Weil der Jokhang-Tempel derzeit für die Öffentlichkeit unzugänglich ist, wurden die neu errichteten Bauten erst am 28. April sichtbar, als der Rundweg um den Tempel nach seiner Schließung wegen des Coronavirus-Ausbruchs wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Ein Bericht der chinesischen Staatsmedien vom 7. Mai 2020 über Maßnahmen zum „Schutz“ des Geländes geht nicht auf die Bautätigkeit ein.
ICT hat das UNESCO-Welterbezentrum in Paris gebeten, Einzelheiten über die Bautätigkeiten zur Verfügung zu stellen und insbesondere darüber, ob die Neubauten den von der UNESCO geschützten „herausragenden universellen Wert“ des Jokhang-Tempels beeinträchtigen. ICT forderte die UNESCO ferner dringend auf, so bedeutende tibetische Kulturerbestätten wie den Jokhang-Tempel vor inakzeptablen Eingriffen chinesischer Behörden zu schützen, insbesondere mit Blick auf die Berichte in den staatlichen Medien, in denen Investitionen in die Stätte angekündigt wurden.
„Jeder Tibeter hat ein Recht darauf, sich an seinem kulturellen Erbe zu erfreuen. Dieses muss geschützt werden, damit es an künftige Generationen weitergegeben werden kann“, sagte ICT-Geschäftsführer Kai Müller. „Der Jokhang-Tempel ist das wichtigste Heiligtum des tibetischen Buddhismus, seit Jahrhunderten zieht er Pilger aus ganz Tibet und der tibetisch-buddhistischen Welt an. Es ist nicht hinnehmbar, wenn die chinesischen Behörden diesem einzigartigen Ort mit seiner 13 Jahrhunderte alten Geschichte durch neu hinzugefügte Gebäude ihren Stempel aufdrücken“, so Müller weiter.
ICT ist besorgt über den offensichtlichen Mangel an Transparenz rund um den Jokhang-Tempel, sowohl seitens der UNESCO als auch seitens der chinesischen Behörden. Bereits nach dem schweren Brand im Jokhang-Tempel im Jahr 2018 wurde dieser Mangel überdeutlich. Dazu ICT-Geschäftsführer Kai Müller: „Obwohl es massive Befürchtungen hinsichtlich des Ausmaßes der Schäden im Jokhang-Tempel gab, führten das Welterbezentrum der UNESCO und sein Beratungsgremium erst mehr als ein Jahr später, im April 2019, eine Monitoringmission durch. Ein Bericht ist bis heute nicht veröffentlicht worden. Das Fehlen eines detaillierten Reportings ist angesichts der Bedeutung des Jokhang-Tempels nicht akzeptabel“, so Müller.
Weitere Informationen können Sie dem ICT-Bericht „Concerns about construction at UNESCO-protected Jokhang Temple in Tibet“ entnehmen.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.