Harte Linie gegen tibetische Intellektuelle. Werden Sie aktiv!
Zwei Jahre nach den fast ganz Tibet erfassenden Protesten des Frühjahrs 2008 wird immer deutlicher, dass diese einen Wendepunkt im Verhältnis zwischen den Pekinger Machthabern und den Tibetern darstellten. Insbesondere die tibetischen Intellektuellen stehen seitdem unter Druck wie seit den Tagen der Kulturrevolution nicht mehr. Die International Campaign for Tibet konnte dies eindrucksvoll belegen in ihrem im Mai erschienenen Bericht "A Raging Storm: The Crackdown on Tibetan Writers and Artists after Tibet’s Spring 2008 Protests“. Darin werden die Fälle von mehr als 30 tibetischen Autoren, Bloggern und Künstlern dokumentiert, die sich in Haft befinden oder „verschwunden“ sind. Der Bericht steht hier auf Englisch zum Herunterladen bereit.
Neu scheint dagegen zu sein, dass für die chinesischen Behörden bereits jede Art Engagement von tibetischer Seite verdächtig ist, es genügt offenbar, dass Einzelne als Tibeter in der Öffentlichkeit sichtbar werden. Selbst vorbildlicher und vielfach, auch in staatlichen Medien, gewürdigter zivilgesellschaftlicher Einsatz schützt nicht vor den Nachstellungen des Machtapparats. Dies wurde sehr anschaulich am Fall der drei tibetischen Umweltschützer Karma Samdrup, Rinchen Samdrup und Chime Namgyal. Alle drei befinden sich derzeit in Haft, obwohl sich nach Einschätzung der International Campaign for Tibet keiner der drei eines Vergehens schuldig gemacht hat.
Was Sie dagegen unternehmen können
Die ICT nahm diesen Fall zum Anlass, eine neue Aktion mit dem Titel "Tibet-Einzelfälle" zu starten. Der erste dieser Eilappelle nimmt sich der Situation Karma Samdrups und seiner Brüder an, deren unverzügliche Freilassung wir fordern. Auch Sie können sich daran beteiligen. Hier erfahren Sie mehr darüber. Wir haben vorformulierte Schreiben an den den chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao sowie den chinesischen Botschafter in Deutschland vorbereitet, die Sie herunterladen können. Je nach Ihren Sprachkenntnissen können Sie diese auch als Muster für eine Übersetzung ins Englische oder Chinesische nehmen. Bitte beachten Sie, dass Ihr Brief in höflicher Form gehalten ist. Die Fakten im Fall von Karma Samdrup, Rinchen Samdrup und Chime Namgyal sind so eindeutig, dass es keiner weiteren sprachlichen Zuspitzung bedarf, um die Berechtigung und die Dringlichkeit Ihres Anliegens zu unterstreichen. Allen Briefschreibern sei bereits vorab gedankt. Es wäre schön, wenn Sie uns darüber unterrichten würden, damit wir einen ungefähren Überblick über die Resonanz unserer Kampagne erhalten können.
Erdbebenhilfe der ICT, Tote bei Erdrutsch
Das Jahr 2010 dürfte als das Jahr der zerstörerischen Naturgewalten in die tibetische Geschichte eingehen. Im April erschütterte ein verheerendes Erdbeben die Tibetische Autonome Präfektur Yushu in der Provinz Qinghai, die chinesischen Behörden legten die Zahl der Todesopfer auf mehr als 2200 fest. Eine große Betroffenheit über die dramatischen Bilder und Nachrichten aus den am schwersten getroffenen Gemeinden erfasste nicht nur die Region und das Land, weltweit sammelten Hilfsorganisationen Spenden, um damit Hilfe für die Überlebenden zu leisten.
Auch die International Campaign bat um Unterstützung für die vom Unglück Betroffenen und leitete diese an die in London ansässige Tibet Foundation weiter, insgesamt mehr als 12.500 Euro kamen auf diese Weise zusammen, für die wir den Spendern unseren herzlichen Dank übermittelten. Inzwischen hat die Tibet Foundation einen Bericht über die Verwendung der Mittel veröffentlicht, der hier auf Englisch im Internet nachgelesen werden kann. Insgesamt waren der Tibet Foundation bis Mitte Juli umgerechnet etwa 150.000 Euro an Spenden zugegangen, die vorwiegend für die unmittelbare Nothilfe eingesetzt wurden. Ein Mitarbeiter der Tibet Foundation konnte direkt vor Ort den Bedarf der Überlebenden einschätzen und die am dringendsten benötigten Güter in der Region selbst einkaufen. Gerade in den ersten Tagen und Wochen nach dem Unglück waren dies zum Beispiel Dinge wie Wolldecken, Butter, Tsampa oder Tee.
Doch kaum waren die Zerstörungen des Erdbebens auch durch diese Hilfsaktion zumindest in Ansätzen beseitigt, als im August nach langanhaltenden Regenfällen im tibetischen Kreis Drugchu in der Provinz Gansu die Berghänge den Wassermassen nicht mehr standhalten konnten und als Schlammlawinen zu Tal fuhren. Offiziellen Angaben zufolge verloren dabei mehr als 1200 Menschen ihr Leben. Während die staatlichen chinesischen Medien die Ursachen vor allem in den enormen Regenmengen und der prekären geologischen Schichtung suchen, sehen Kritiker zumindest einen Teil der Verantwortung für das Ausmaß der Erdrutsche in der ungebremsten Abholzung der Wälder, die beim Vergleich älterer Luftaufnahmen mit Bildern aus der Gegenwart auch für Laien unschwer zu erkennen sei. Weitere Einzelheiten und Hintergrundinformationen können Sie auf Englisch hier nachlesen.
ICT vergibt Journalistenpreis
Die International Campaign for Tibet verleiht daher den "Schneelöwen-Preis" für herausragende journalistische Beiträge. Diese müssen zwischen dem 1. Januar 2010 bis 30. November 2010 in deutschsprachigen Medien veröffentlicht worden sein. Teilnehmen können alle journalistischen Darstellungsformen – vom Foto bis zur Reportage. Einsendeschluss ist der 15. Dezember 2010.
Eine mit Dokumentarfilmer und Schauspieler Hannes Jaenicke, der Hörfunkjournalistin Eva Corell und der Leiterin der China-Redaktion der Deutschen Welle Adrienne Woltersdorf ebenso prominent wie sachkundig besetzte Jury wird aus den eingesandten Beiträgen die Preisträger wählen. Mitte 2011 wird der erste "Schneelöwen-Journalistenpreis" im Rahmen einer Preisverleihung an die Gewinnerinnen und Gewinner überreicht.
Alle weiteren Informationen zum Wettbewerb um den „Schneelöwen“ finden sich hier.
Todesschüsse auf Demonstranten
Berichte über gewaltsam niedergeschlagene Proteste gegen Umweltzerstörung in Tibet haben sich in den vergangenen Jahren gehäuft. Die Ursache dafür liegt in den deutlich verstärkten Bergbauaktivitäten chinesischer Konzerne in der Region – in Tibet liegen einige der ergiebigsten Goldminen des Landes, zudem werden verschiedene Erze, Kohle und weitere Bodenschätze gefördert. Einen englischsprachigen Bericht mit weiteren Details und zusätzlichen Hintergrundinformationen können Sie hier nachlesen.
Verschärfung der Internetkontrolle
Schon bislang galten die Internetcafés in Lhasa und dem Rest von Tibet als außerordentlich gefährliche Orte für Menschen, die versuchten auf verbotene Webseiten zu gelangen. Zahlreiche inhaftierte tibetische Internetnutzer sind hierfür der Beleg, teilweise hatten sie lediglich versucht Bilder des Dalai Lama oder der tibetischen Flagge herunterzuladen. Zum 1. August hatten nun alle Betreiber von Internetcafés ein neues Überwachungssystem zu installieren und sich von der Polizei in dessen Einsatz unterweisen zu lassen, wie Radio Free Asia meldete. Kern der verschärften Kontrollmaßnahmen sind direkte Leitungen zu Chinas Internetpolizei, die auf diese Weise Zugriff auf alle Rechner in den Cafés erhält. Um die Nutzer verbotener Inhalte auch identifizieren zu können, werden diese verpflichtet, sich unter ihren richtigen Namen registrieren zu lassen. Nach der Registrierung erhalten sie dann Ausweise, ohne die der öffentliche Internetzugang in Zukunft nicht mehr möglich sein soll. Offiziell argumentieren die Behörden damit, auf diese Weise die Jugend vor obszönen Inhalten schützen zu wollen. Kritiker halten dies für vorgeschoben. In Wirklichkeit gehe es der Kommunistischen Partei darum, politisch missliebige Themen aus dem für Chinesen zugänglichen Teil des Internets zu verbannen.
Gute Resonanz auf benefind
Die Möglichkeit, mit der täglichen Internetsuche ICT zu unterstützen, wird gut angenommen. Auf der ICT-Facebookseite und auch im Gespräch mit Anrufern oder Besuchern erreichen uns zustimmende Kommentare. Auch in der ICT-Geschäfts-stelle in Berlin wird die Internetsuchmaschine inzwischen gut genutzt – mit überaus positiven Resultaten, die denen herkömmlicher Suchmaschinen nicht nachstehen. Und zudem verbunden sind mit dem befriedigenden Gefühl, dass das Guthaben der International Campaign for Tibet bei benefind mit jeder Suchanfrage um einen halben Cent anwächst.
Wie die zunächst märchenhaft klingende Sache funktioniert, haben wir hier bereits in unserem letzten Newsletter beschrieben. Wenn also auch Sie auf diese Weise die Arbeit der ICT unterstützen wollen, sollte dem nichts im Wege stehen. Probieren Sie es einfach einmal aus und sagen Sie es auch in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis weiter. Wir freuen uns übrigens sehr über Rückmeldungen, in denen Sie uns Ihre Erfahrungen mit der benefind-Suchmaschine schildern.
Unsere Arbeit
Tibetische politische Gefangene brauchen unsere Unterstützung!
Seit den landesweiten Protesten im letzten Jahr befinden sich immer noch mehr als 1.200 Tibeter in Haft oder sind „verschwunden“ – und müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlungen hinnehmen. Der Grund: viele haben auf friedliche Weise gegen die Verhältnisse in Tibet und die Politik Pekings auf dem Hochland protestiert. Grundlegende Rechte werden ihnen damit systematisch vorenthalten.
Die Situation in Tibet ist eine Menschenrechtskrise, die uns alle angeht. Helfen auch Sie wie Schauspieler Hannes Jaenicke bei unserer Kampagne für tibetische Gefangene auf www.missingvoices.net oder sehen Sie ein Statement von Hannes Jaenicke auf unserer Webseite, laden Sie ein eigenes Videostatement hoch oder nehmen Sie an unserer Appellaktion an Staatspräsident Hu Jintao teil!
So können Sie helfen!
ONLINE SPENDEN
So können Sie helfen!
Mit 50 € können 5 warme Decken gegen die Kälte bezahlt werden.
Mit 250 € könnten fünf zusätzliche Betten angeschafft werden.
ICT – News April 2009 Chinesisches Gericht verhängt Todesstrafe gegen Tibeter
Der Meldung zufolge seien zwar alle fünf Angeklagten von Rechtsanwälten vertreten worden. Aus früheren Fällen ist jedoch bekannt, dass eine freie Wahl des Anwalts häufig unmöglich ist. So wurden im vergangenen Jahr 18 engagierte Bürgerrechtsanwälte massiv bedroht, sollten sie ihre Dienste Angeklagten in politisch sensiblen Verfahren anbieten. Generell muss davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen internationale Mindeststandards nicht eingehalten werden. Folter und Einschüchterung der Angeklagten sind an der Tagesordnung, die Gerichte stehen unter hohem Druck, ihre Urteile entsprechend den Erwartungen der politischen Führung zu fällen. ICT fordert die chinesischen Behörden auf, alle Urteile, die gegen Teilnehmer an den Protesten in Tibet vom März 2008 ergangen sind, unter der Teilnahme unabhängiger Beobachter zu überprüfen und in jedem Fall von der Anwendung der Todesstrafe abzusehen. Die Härte der ergangenen Urteile dürfte in keiner Weise geeignet sein zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Die Spannungen in Tibet dürften dadurch im Gegenteil nur noch erhöht werden.
ICT-Video „20 Years ICT“.