Lobsang Sangay in Berlin
Thema der Gespräche des Chefs der tibetischen Exilverwaltung war unter anderem die aktuelle Serie von Selbstverbrennungen tibetischer Mönche und Nonnen aus Protest gegen die chinesische Politik in Tibet. Lobsang Sangay ließ keinen Zweifel daran, dass die Ursache dafür in erster Linie in der chinesischen Unterdrückung des religiösen Lebens insbesondere in Ost-Tibet zu finden sei. Er dankte der deutschen Bundesregierung „für die klare Aufforderung an die chinesische Regierung, ihre Politik in Tibet zu ändern“. Auch die Perspektiven für eine friedliche Lösung der Tibet-Frage spielten in allen Gesprächen Lobsang Sangays eine wichtige Rolle. Der Chef der tibetischen Exilverwaltung äußerte dabei die Hoffnung, insbesondere Deutschland könne „dazu beitragen, die chinesische Regierung von einem friedlichen Dialog mit den Tibetern zu überzeugen“. Er „stehe zur Politik des Mittleren Weges, die eine Lösung der Tibet-Frage innerhalb des Verfassungsrahmens der Volksrepublik Chinas und keine Trennung und Unabhängigkeit Tibets“ vorsehe, so der Kalon Tripa. Einer ICT-Pressemitteilung zum Deutschland-Besuch Lobsang Sangays können Sie hier weitere Einzelheiten entnehmen.
Lobsang Sangay hat erst vor kurzem seine ersten hundert Tage im Amt des Chefs der tibetischen Exiladministration hinter sich gebracht. Seit der Dalai Lama im Frühsommer seine politischen Befugnisse auf die gewählte Führung unter Lobsang Sangay übertragen hat, ist die Bedeutung der tibetischen Exiladministration stark gewachsen. Mit 43 Jahren vergleichsweise jung, ist Sangay geprägt von den insgesamt 16 Jahren, die der Jurist und Völkerrechtsexperte in den Vereinigten Staaten zugebracht hat. Anfang November war er für mehrere Tage in Washington, wo er Gespräche mit führenden Politikern aus beiden Kammern des Kongresses führte. Im Rahmen seines Europaaufenthalts besucht er neben Deutschland die Schweiz, Belgien, Frankreich, Schweden, Norwegen und Großbritannien. In Brüssel nahm Lobsang Sangay am 29. November unter anderem an einer gut besuchten Tibet-Konferenz im Europäischen Parlament teil. ICT hat eine Bildergalerie von der Veranstaltung hier auf Facebook veröffentlicht.
Unterschreiben auch Sie!
ICT-Petition für Religionsfreiheit in Tibet
Die Welle von Selbstverbrennungen von Mönchen und Nonnen in Tibet zeugt auf erschütternde Weise von der tiefen Verzweiflung und Unzufriedenheit, die viele Tibeter in ihrer Heimat empfinden. Nach allem, was wir wissen, liegt eine Hauptursache dafür in der massiven Einschränkung des Rechts auf freie Religionsausübung, wie es in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte garantiert ist:
„Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses
Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung
zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein
oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre,
Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.“
Eine weitere Eskalation in Tibet muss unbedingt verhindert werden. Die International Campaign for Tibet (ICT) hat daher eine Petition an Chinas Staatspräsident Hu Jintao aufgelegt. Sie können diese hier ganz einfach online unterzeichnen.
Hu Jintao wird darin aufgefordert:
• die Zwangsmaßnahmen gegen das Kloster Kirti und andere religiöse Einrichtungen in Tibet umgehend beenden zu lassen;
• den tibetischen Buddhisten – Laien wie Klosterbewohnern gleichermaßen – uneingeschränkt die freie Religionsausübung zu gewähren;
• Gespräche mit Vertretern des Dalai Lama über echte Autonomie der Tibeter innerhalb der Volksrepublik China aufzunehmen.
Den ausführlichen Text der Petition finden Sie hier.
Aus Erfahrung wissen wir, dass eine Petition umso eher Erfolg hat, je mehr Menschen sich daran beteiligen. Wir gehen davon aus, dass auch die chinesische Staatsführung diese Art des Engagements aufmerksam registriert. Bitte weisen Sie deshalb auch Ihren Freundes- und Bekanntenkreis auf unsere Petition hin. Uns ist bewusst, dass nicht jeder die Möglichkeit hat, sich auf elektronischen Wege an Petitionen zu beteiligen. Daher können Sie selbstverständlich auch über unsere Berliner Geschäftsstelle mit uns Kontakt aufnehmen und sich kostenlos Postkarten zuschicken lassen.
Nepal schiebt tibetischen Flüchtling ab
Der 20-jährige Tashi (der vollständige Name ist ICT bekannt) aus der Tibetischen Autonomen Präfektur Nagchu (chin.: Naqu) in der Autonomen Region Tibet (TAR) war Ende August gemeinsam mit fünf weiteren jungen Tibetern zur tibetisch-nepalesischen Grenze aufgebrochen. Mit Hilfe eines ortskundigen Führers, dem die Flüchtlinge jeweils 6.000 Yuan (umgerechnet etwa 700 €) bezahlen mussten, gelang es ihnen, nepalesisches Territorium zu erreichen. Hier trennten sich die Wege der jungen Tibeter. Tashi versuchte zusammen mit zwei Begleitern auf Motorrädern nach Kathmandu in das Transitzentrum für tibetische Flüchtlinge zu gelangen. Sie wurden jedoch von nepalesischer Polizei an einer Straßensperre gestoppt und voneinander getrennt festgehalten. Tashis Begleitern gelang es in der Folge, sich aus dem Polizeigewahrsam zu befreien und Kathmandu zu erreichen, Dort erfuhren sie, dass Tashi nach ihrer Trennung von der nepalesischen Polizei an die chinesischen Grenzbehörden übergeben worden war. Mehreren Quellen zufolge wird Tashi derzeit in Lhasa festgehalten. Tibeter, die in der Vergangenheit beim Versuch der Flucht verhaftet worden waren, berichteten später über Folter und harte Zwangsarbeit in Haft. Es ist zu befürchten, dass auch Tashi in ähnlicher Weise behandelt wird. Eine Pressemitteilung der ICT mit weiteren Details finden Sie hier.
Die zwangsweise Rückschiebung Tashis wirft ein bezeichnendes Licht auf den stetig wachsenden Einfluss Pekings auf die nepalesische Politik. Mit der Unterzeichnung der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen hat sich Nepal verpflichtet, niemanden in ein Land zurückzuschicken, in dem er von Folter bedroht ist. Der Vorfall bedeutet daher eine klare Verletzung dieser völkerrechtlichen Verpflichtungen und des völkerrechtlichen Refoulement-Verbotes. Nach Ansicht der ICT muss Nepal mit allem Nachdruck aufgefordert werden, seiner Verpflichtung zum Flüchtlingsschutz nachzukommen.
Ein ausführlicher englischsprachiger Bericht findet sich hier.
Debatte über Selbstverbrennungen
„Tibet Burning“ steht auf den Plakaten in Dharamsala, dem Zentrum der tibetischen Exilinstitutionen. Unübersehbar hängen sie an viel befahrenen Kreuzungen, auf dem Weg zum Tempel, oder in kleinerem Format in Schaufenstern und an Häuserwänden. Darauf abgebildet sind Porträts der buddhistischen Nonnen und Mönche, die sich in den vergangenen Monaten aus Protest gegen die chinesische Politik selbst in Brand gesetzt haben. Alleine in diesem Jahr gab es elf dieser Selbstverbrennungen in Ost-Tibet, in mindestens sechs Fällen führten sie zum Tod der Tibeter. Über die Hintergründe der Serie von Selbstverbrennungen ist indessen ebenso eine Debatte entbrannt wie über die Schlüsse, die daraus zu ziehen seien.
Einen überaus lesenswerten Artikel zu diesem Thema veröffentlichte der Tibetologe Robert Barnett am 16. November. Unter dem Titel Are Tibet burnings plot or policy failure? sind Barnetts Ausführungen auf der Internetseite der BBC hier nachzulesen. Wie die Überschrift schon andeutet gibt es – grob gesprochen – zwei entgegengesetzte Lesarten. Der einen zufolge liegt den Selbstverbrennungen eine Verschwörung zugrunde, wahlweise sind die Drahtzieher in den tibetischen Klöstern selbst zu suchen oder bei der „Dalai-Clique“ in Dharamsala. Auf exakt dieser Linie lagen zum Beispiel die drakonischen Haftstrafen, zu denen ein chinesisches Gericht Ende August mehrere Mönche verurteilt hatte. (Eine ICT-Meldung dazu hier) Diese entspricht im Wesentlichen der offiziellen chinesischen Einschätzung, derzufolge ein Zusammenhang mit der eigenen Politik gegenüber den Tibetern und insbesondere mit dem Umgang mit den tibetischen Nonnen und Mönchen ausgeschlossen erscheint.
Die führenden Vertreter der Tibeter im Exil lassen hingegen keinen Zweifel an dem Zusammenhang zwischen Pekings Tibetpolitik und dem verzweifelten Protest der Nonnen und Mönche. Ob der Dalai Lama oder Lobsang Sangay, der Chef der tibetischen Exilverwaltung in Dharamsala, ob der Karmapa Lama oder Kirti Rinpoche, das Oberhaupt der Kirti-Klöster innerhalb wie außerhalb Tibets – sie alle betonen die Verletzung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit und die massiven Einschränkungen, denen speziell das Leben in den Klöstern inzwischen unterliegt. Kirti Rinpoche hebt besonders die Rolle der so genannten „patriotischen Umerziehungskampagnen“ im Kloster Kirti hervor. In einem Artikel in der New York Times wird er zitiert mit den Worten, es befänden sich heute womöglich mehr chinesische Sicherheitskräfte als Mönche im Kloster Kirti. Unterdrückung führe stets zu Widerstand, so der Geistliche, der gleichzeitig betonte, dass in den Protesten kein einziger Chinese zu Schaden gekommen sei.
Der Tibetologe Robert Barnett jedenfalls sieht die chinesische Politik an einem Scheideweg. Sie müsse sich entscheiden, ob sie weiterhin auf Repression in Verbindung mit massiven staatlichen Investitionen setzen wolle oder auf ein Modell, das die Möglichkeit beinhaltet, eigene Fehler einzugestehen und diese zu korrigieren. Man könne im Moment unmöglich sagen, welchen der beiden Wege die chinesische Führung wählen werde, so Barnett. Doch angesichts der sich seit Jahrzehnten kontinuierlich verschlechternden Beziehungen zwischen staatlicher Führung und tibetischer Bevölkerung müssten sich Chinas Führer entscheiden, ob sie Proteste und Selbstmorde als Verschwörungen behandeln oder als Zeichen dafür nehmen wollten, dass sich ihre eigene Politik ändern müsse.
Spenden durch Suchen!
Gleich geblieben ist hingegen der Betrag von einem halben Cent pro Suchanfrage, den benefind aus seinen Werbeerlösen an die ausgewählten Organisationen überweist. Suchen Sie also zum Beispiel mit benefind pro Tag nur zwei Mal im Internet nach Nachrichten, Bildern oder Webseiten und haben dabei Ihre Einstellungen so gewählt, dass die Spende an ICT geht, kommen jeden Monat schon 30 Cent unserer Arbeit zugute. Inzwischen können Sie auch das Anwachsen der Spendensumme live nachvollziehen. Sie müssen dabei lediglich unter „charity“ die ICT suchen und dort die Spendenstatistik anklicken. Aktuell finden Sie uns auf Platz 11 der Rangliste der erfolgreichsten Hilfsorganisationen, doch wenn Sie demnächst verstärkt benefind für Ihre Internetsuche nutzen, dürfte einem Aufstieg in die Top Ten nichts im Wege stehen. Technisch basiert benefind übrigens auf der Suchmaschine bing von Microsoft.
Unsere Empfehlung zum Schluss: Stellen Sie doch ganz einfach in Ihrem Internetbrowser benefind als Startseite ein. Dann werden Sie bei jedem Gang ins Internet auf diese einfache, unaufwändige und doch nutzbringende Art des Spendens hingewiesen. Wichtig dabei: Nicht vergessen, ICT als begünstigte Hilfsorganisation einzustellen, am besten gleich mit diesem Link. Die Adresszeile kopieren und als Startseite in den Einstellungen Ihres Browsers einfügen – fertig. Wenn alles geklappt hat, sehen Sie nun bei jedem Start ins Internet als Erstes die benefind-Seite mit dem ICT-Logo rechts unten auf Ihrem Computerbildschirm. Vielen Dank dafür! Und wenn Sie diese Information auch in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis streuen, dürfte der Effekt noch um Einiges gesteigert werden.
Irmtraut Wäger: Amala – Mein Leben für Tibet
Das Leben von Irmtraut Wäger zeichnet sich durch ihren unermüdlichen Einsatz für Tibet aus. Die Tibeter nennen sie deshalb "Amala", "verehrte Mutter". Mehr als 30 Jahre widmete sich die langjährige Vorsitzende der Deutschen Tibethilfe der Unterstützung tibetischer Flüchtlinge. Von ihrer kleinen Zweizimmerwohnung in München aus sammelte sie Gelder und vermittelte über 5.000 Patenschaften für Kinder, Studenten, Mönche, Nonnen und alte Tibeter. Dort besuchte sie der Dalai Lama im Jahr 2003.
Ihre im Februar erschienene Biographie beschreibt den Lebensweg einer außergewöhnlichen Frau, die für ihr herausragendes Engagement 1986 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt wurde. Im Jahr 2005 erhielt Wäger den „Light of Truth Award“ der International Campaign for Tibet vom Dalai Lama persönlich überreicht. Mit diesem Preis werden Personen ausgezeichnet, die sich auf besondere Weise für Tibet eingesetzt haben.
Unsere Arbeit
Tibetische politische Gefangene brauchen unsere Unterstützung!
Seit den landesweiten Protesten im letzten Jahr befinden sich immer noch mehr als 1.200 Tibeter in Haft oder sind „verschwunden“ – und müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlungen hinnehmen. Der Grund: viele haben auf friedliche Weise gegen die Verhältnisse in Tibet und die Politik Pekings auf dem Hochland protestiert. Grundlegende Rechte werden ihnen damit systematisch vorenthalten.
Die Situation in Tibet ist eine Menschenrechtskrise, die uns alle angeht. Helfen auch Sie wie Schauspieler Hannes Jaenicke bei unserer Kampagne für tibetische Gefangene auf www.missingvoices.net oder sehen Sie ein Statement von Hannes Jaenicke auf unserer Webseite, laden Sie ein eigenes Videostatement hoch oder nehmen Sie an unserer Appellaktion an Staatspräsident Hu Jintao teil!
So können Sie helfen!
ONLINE SPENDEN
So können Sie helfen!
Mit 50 € können 5 warme Decken gegen die Kälte bezahlt werden.
Mit 250 € könnten fünf zusätzliche Betten angeschafft werden.
ICT – News April 2009 Chinesisches Gericht verhängt Todesstrafe gegen Tibeter
Der Meldung zufolge seien zwar alle fünf Angeklagten von Rechtsanwälten vertreten worden. Aus früheren Fällen ist jedoch bekannt, dass eine freie Wahl des Anwalts häufig unmöglich ist. So wurden im vergangenen Jahr 18 engagierte Bürgerrechtsanwälte massiv bedroht, sollten sie ihre Dienste Angeklagten in politisch sensiblen Verfahren anbieten. Generell muss davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen internationale Mindeststandards nicht eingehalten werden. Folter und Einschüchterung der Angeklagten sind an der Tagesordnung, die Gerichte stehen unter hohem Druck, ihre Urteile entsprechend den Erwartungen der politischen Führung zu fällen. ICT fordert die chinesischen Behörden auf, alle Urteile, die gegen Teilnehmer an den Protesten in Tibet vom März 2008 ergangen sind, unter der Teilnahme unabhängiger Beobachter zu überprüfen und in jedem Fall von der Anwendung der Todesstrafe abzusehen. Die Härte der ergangenen Urteile dürfte in keiner Weise geeignet sein zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Die Spannungen in Tibet dürften dadurch im Gegenteil nur noch erhöht werden.
ICT-Video „20 Years ICT“.