Anspannung in Lhasa

Die Lage in der tibetischen Hauptstadt ist weiterhin äußerst angespannt, nachdem es am 27. Mai erstmals auch in Lhasa zu Selbstverbrennungen von Tibetern aus Protest gegen die chinesische Politik gekommen war. Zwei aus Ost-Tibet stammende junge Männer namens Dargye und Dorje Tseten hatten sich an diesem Tag vor dem Jokhang Tempel in Lhasas Innenstadt selbst angezündet. Der 19-jährige Dorje Tseten erlag dabei seinen Verletzungen, während der etwas ältere Dargye vermutlich überlebt hat. Beide Männer stammten nicht aus Lhasa oder Umgebung, vielmehr waren sie in Ost-Tibet aufgewachsen und noch nicht lange in Lhasa ansässig. Dargye stammte aus Ngaba, wo mehr als die Hälfte aller bisherigen Selbstverbrennungen stattgefunden hat, Dorje Tseten aus Labrang. Die chinesischen Behörden haben unmittelbar nach den Selbstverbrennungen ihr Vorgehen verschärft und im Rahmen von umfassenden Polizeieinsätzen eine unbekannte Zahl von Tibetern in der Stadt verhaftet, manche Berichte beziffern diese mit mehreren Hundert.
Unter den Verhafteten befanden sich auch mehrere Menschen, die mit Dargye und Dorje Tseten in Verbindung gestanden hatten, unter anderem wurde der Restaurantbesitzer, der Dargye als Mitarbeiter angestellt hatte, samt seiner gesamten Familie festgenommen. Verhaftet wurden ferner Tibeter aus anderen Regionen Tibets, die nicht im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung für Lhasa waren. Nicht wenige von ihnen wurden aus der Stadt ausgewiesen. In einem neuen Bericht von Human Rights Watch heißt es, dass die von diesen Maßnahmen Betroffenen im Regelfall völlig unbescholtene Bürger waren. Offenbar genügte den Behörden das Wissen um die osttibetische Herkunft der Menschen als Grund für die Ausweisungen. Augenzeugen und Berichten in sozialen Medien zufolge haben die Behörden auch alle Ansammlungen von mehr als drei Menschen verboten.
Unterdessen haben sich vier weitere Tibeter aus Protest gegen die chinesische Tibetpolitik selbst angezündet. Am 30. Mai war die osttibetische Präfektur Ngaba Schauplatz der Selbstverbrennung von Rikyo, einer Mutter von drei Kindern. Am 15. Juni folgte ihr im nordosttibetischen Chentsa Tamdin Thar, ein Nomade, dessen Alter mit über Fünfzig angegeben wird. Beide überlebten ihre Selbstanzündung nicht. Die beiden letzten Fälle ereigneten sich am 20. Juni in Trindu, in der zur Provinz Qinghai zählenden Tibetischen Autonomen Präfektur Jyekundo. Dort setzen sich Tenzin Khedup, 24, und Ngawang Norphel, 22, (links im Bild) selbst in Brand. Wie Augenzeugen Radio Free Asia gegenüber berichteten, sollen die beiden tibetische Flaggen getragen und Rufe nach der Rückkehr des Dalai Lama ausgestoßen haben. Tenzin Khedup starb an Ort und Stelle, während Ngawang Norphel mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden sein soll. Damit erhöht sich die Zahl der Selbstverbrennungen in Tibet seit Februar 2009 auf insgesamt 41.

Tibet Thema bei UNO und EU

Der Juni bot Vertreterinnen und Vertretern der ICT zahlreiche Gelegenheiten für öffentliche Auftritte im Rahmen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union. So sprach der Geschäftsführer der ICT-Deutschland, Kai Müller, für die Helsinki Foundation for Human Rights vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf zum Thema Meinungsfreiheit in Tibet. In seinem Redebeitrag forderte er dabei die Entsendung einer "Fact-Finding-Mission" nach Tibet, um die der chinesischen Regierung vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen untersuchen zu können. Diese Forderung wurde auch von Schweizer Tibetorganisationen erhoben, die vor dem UN-Gebäude eine Demonstration abhielten. Auf unserer Seite auf Facebook finden Sie hier eine kleine Bildergalerie aus Genf. Ebenfalls vor dem Menschenrechtsrat sprach Ngawang Choephel, ICT-Mitarbeiter in Genf, für das Asian Indigenous and Tribal Peoples Network (AITPN) zum Thema Marginalisierung des Tibetischen in der Volksrepublik China. Die Reaktion der chinesischen Delegation auf die von den ICT-Vertretern vorgetragenen Stellungnahmen beließ es bei der stereotypen Auskunft, es handele sich dabei um eine „Verzerrung der Tatsachen“ und dass China ein Rechtsstaat sei.
Fast zeitgleich mit den Auftritten der ICT-Vertreter in Genf stellte die Organisation am 20. Juni in Brüssel ihren neuen Bericht "60 Years of Chinese Misrule – Arguing Cultural Genocide in Tibet" vor. Der Bericht untersucht die Auswirkungen von mehr als 60 Jahren Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas auf die tibetische Kultur. An der Expertendiskussion nahmen unter anderem Jean-Marie Rogue vom Menschenrechtsdachverband International Federation for Human Rights (FIDH) und ICT-Präsidentin Mary Beth Markey teil. Diese nahm in Brüssel auch an einer Anhörung des EU-Parlaments zum Thema Menschenrechte in China teil. Einen Tag später präsentierte ICT den neuen Bericht dann auch auf einer Podiumsdiskussion im Genfer Nationenpalast, in dem der UN-Menschenrechtsrat zu seiner Sommersitzung zusammengekommen war . (Im Bild links: Michael van Walt, Mary Beth Markey und Kelley Currie) Die Veranstaltung wurde von vielen Vertretern der offiziellen Delegationen beim Menschenrechtsrat besucht, die Moderation hatte der Menschenrechtsanwalt Dr. Michael Van Walt van Praag, ein ausgezeichneter Kenner der Geschichte und Gegenwart Tibets.

„Schneelöwe 2012“

Kurzer Zwischenstand zur zweiten Auflage des ICT-Journalistenpreises „Schneelöwe 2012“, nachdem nun die Bewerbungsfrist um die Preise und das Recherchestipendium für freie Journalisten praktisch abgelaufen ist. Mit dem „Schneelöwen“ sollen herausragende journalistische Beiträge ausgezeichnet werden, die sich differenziert mit den politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen in China und/ oder Tibet auseinandersetzen. Teilnehmen können alle journalistischen Darstellungsformen, die im Jahr 2011 veröffentlicht wurden – vom Foto bis zur Reportage. Details zum Preis finden Sie hier auf unserer Webseite.
Die International Campaign for Tibet Deutschland freut sich, nunmehr die Mitglieder der Jury ihres Journalistenpreises „Schneelöwe 2012“ vorstellen zu können. Gemeinsam entscheiden die vier Jurorinnen und Juroren über die Gewinner eines mit 2.000 € dotierten Ersten Preises und eines mit 1.000 € dotierten Zweiten Preises. Zudem befindet die unabhängige Jury auch über die Gewinner des erstmalig zu vergebenden, mit 2.000 € dotierten Recherchestipendiums für freie Journalisten.
Der Jury gehören an:

  • Eva Corell, langjährige China-Korrespondentin der ARD, leitet derzeit die BR-Hörfunkredaktion im ARD-Hauptstadtstudio
  • Hannes Jaenicke, Schauspieler und Dokumentarfilmer
  • Dr. Kristin Kupfer, Sinologin und Politikwissenschaftlerin, 2007 bis 2011 freie Journalistin in China
  • Andreas Lorenz, Journalist, Autor und langjähriger Asien-Korrespondent des „Spiegel“

Neu ist in diesem Jahr das Recherchestipendium für freie Journalisten. Mit diesem wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele, eigentlich sinnvolle und berichtenswerte Themen häufig auch deshalb nicht in den Medien auftauchen, weil es außerordentlich schwer ist, die dafür notwendigen hohen Recherchekosten finanziert zu bekommen. Über die Ergebnisse des Wettbewerbs und die im Herbst anstehende Preisverleihung werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

Nobelpreisträger unter sich

Sie zählen beide zu den bekanntesten Gesichtern Asiens, ja der Welt, sie sind beide Träger des Friedensnobelpreises, und doch hatten sie sich – in erster Linie wohl wegen der langen Zeit, in der Aung San Suu Kyi ihr Heimatland Birma nicht hatte verlassen können – vor dem 19. Juni noch nie persönlich getroffen. Nun jedoch hielten sich sowohl der Dalai Lama als auch Aung San Suu Kyi zufällig zur selben Zeit in London auf. Und so hatte das geistliche Oberhaupt der Tibeter die Gelegenheit, der birmanischen Oppositionsführerin persönlich zu ihrem 67. Geburtstag zu gratulieren, wenige Wochen bevor er selbst am 6. Juli seinen 77. feiern kann. Während des gut 30-minütigen Besuchs in den Räumen des Dalai Lama versicherte er sie seiner Bewunderung für ihren Mut und ließ mitteilen, er sei sehr glücklich darüber, dass sie sich hatten treffen können. Wie bereits ihr Vater Aung San, des Vorkämpfers für die birmanische Unabhängigkeit von Großbritannien, zeige auch sie große Entschlossenheit. Er sei sicher, dass auch sie sich große Verdienste für die Menschheit erwerben würde, so der Dalai Lama. Er wünschte ihr viel Erfolg für ihre Ziele und sagte, er freue sich darauf, sie wiedersehen zu können.
Einen interessanten Widerhall fand die Begegnung der beiden Nobelpreisträger in der Volksrepublik China. Der Künstler und Dissident Ai Weiwei, dessen Bewegungsbeschränkungen vom Gericht erst kürzlich gelockert wurden, ließ sich dabei fotografieren, wie er mit seinem Smartphone ein Bild von einer Webseite macht, auf der das vom Büro des Dalai Lama veröffentlichte Foto mit Aung San Suu Kyi zu sehen ist. In zahlreichen elektronischen Medien machte das Bild offenbar rasch die Runde.
Neben dem Treffen mit Aung San Suu Kyi kam es in London zu weiteren Zusammenkünften mit bedeutenden Persönlichkeiten. Nachdem sich der Dalai Lama vor einigen Wochen bereits mit dem britischen Premierminister David Cameron getroffen hatte, kam es nun auch zu einer Begegnung mit Oppositionsführer Ed Milliband von der Labour Partei. Einen Tag später empfing der britische Thronfolger Prinz Charles zusammen mit seiner Gattin den Dalai Lama in seiner Londoner Residenz Clarence House.

ICT hilft Flüchtlingskindern

Immer noch wagen jedes Jahr Hunderte Tibeterinnen und Tibeter die gefährliche Flucht über den Hauptkamm des Himalaja in Richtung Süden. Ihr Ziel ist Indien, wo die tibetische Exilgemeinde den vorwiegend jungen Flüchtlingen eine Ausbildung in den Schulen der Tibetan Children Villages (TCV) anbieten kann, eine Ausbildung frei von der „patriotischen Erziehung“, die die chinesischen Machthaber in Tibet so gerne verordnen. Doch auch wenn die Flucht nach Indien gelingt, hinterlässt sie doch auch ihre Spuren. Nicht wenige der tibetischen Flüchtlingskinder sind emotional stark belastet durch die Trennung von ihren Familien und die teils extremen Erfahrungen, die sie während ihrer Flucht machen mussten. Exakt hier nun setzt das neu ins Leben gerufene Child-Care-Projekt der International Campaign for Tibet (ICT) an. In Seminaren sollen die Hausmütter, Lehrer und sonstigen Mitarbeiter des tibetischen Kinderdorfs in Suja (Nordindien) lernen, auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen und sie zu unterstützen. Im System der Tibetan Children Villages ist Suja der bevorzugte Ort für die Aufnahme neu angekommener Flüchtlingskinder aus Tibet.
Flüchtlingskinder wie Tashi Lobsang (Im Bild links. Foto: ICT). Wie andere junge Tibeter hat Tashi bereits eine Menge mitmachen müssen. Auf seiner Flucht aus Tibet musste er viele Tage zu Fuß über die schneebedeckten Berge des Himalaja laufen, oft ohne ausreichend zu essen zu haben, stets in der Furcht auf chinesische Grenztruppen zu stoßen. Getrennt von seiner Familie lebt er nun im Kinderdorf in Suja. Viele der tibetischen Flüchtlingskinder leiden unter den dramatischen Erlebnissen ihrer Flucht und der Trennung von ihren Familienangehörigen. Das ICT-Projekt schafft Voraussetzungen, mit deren Hilfe Kinder über psychisch belastende Erfahrungen sprechen und traurige Erlebnisse besser verarbeiten können. In intensiven Schulungen lernen die Hausmütter, Lehrer und Angestellten des Kinderdorfs, die zu den engsten Bezugspersonen der Kinder geworden sind, neue Ansätze und Methoden kennen, um die emotional belasteten Kinder optimal zu fördern und ihnen zu einer gesunden Entwicklung zu verhelfen.
Das langfristig ausgerichtete Child-Care-Projekt erleichtert es dem Betreuungspersonal, das Erlernte in seinen Arbeitsalltag zu integrieren und eigentständig weiterzuentwickeln. Bis zu dreimal jährlich sollen die Schulungen in Zukunft stattfinden, um nachhaltig zu helfen. Der Schulungsleiter im Rahmen des Child-Care-Projekts, der ausgebildete Gestalttherapeut und buddhistische Lehrer Jürgen Manshardt, vermittelt in den Seminaren eine Kombination von traditionellen buddhistischen Ansätzen und modernen therapeutischen Methoden. Wir möchten das neue Child-Care-Projekt weiter ausbauen und unsere für die tibetischen Flüchtlingskinder sehr wichtige Arbeit erfolgreich fortsetzen. Bitte helfen auch Sie jetzt mit Ihrer wertvollen Spende und unterstützen Sie unsere Arbeit für tibetische Flüchtlingskinder und das tibetische Volk. Vielen Dank!

Irmtraut Wäger: Amala – Mein Leben für Tibet

Das Leben von Irmtraut Wäger zeichnet sich durch ihren unermüdlichen Einsatz für Tibet aus. Die Tibeter nennen sie deshalb "Amala", "verehrte Mutter". Mehr als 30 Jahre widmete sich die langjährige Vorsitzende der Deutschen Tibethilfe der Unterstützung tibetischer Flüchtlinge. Von ihrer kleinen Zweizimmerwohnung in München aus sammelte sie Gelder und vermittelte über 5.000 Patenschaften für Kinder, Studenten, Mönche, Nonnen und alte Tibeter. Dort besuchte sie der Dalai Lama im Jahr 2003.

Ihre im Februar erschienene Biographie beschreibt den Lebensweg einer außergewöhnlichen Frau, die für ihr herausragendes Engagement 1986 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt wurde. Im Jahr 2005 erhielt Wäger den „Light of Truth Award“ der International Campaign for Tibet vom Dalai Lama persönlich überreicht. Mit diesem Preis werden Personen ausgezeichnet, die sich auf besondere Weise für Tibet eingesetzt haben.

Unsere Arbeit

Kampagnenarbeit, Hilfsprojekte, politische Arbeit und mehr: Hier finden Sie weitere Informationen über unsere aktive Arbeit für die Menschen in Tibet. Mehr über unsere Arbeit

Tibetische politische Gefangene brauchen unsere Unterstützung!

Seit den landesweiten Protesten im letzten Jahr befinden sich immer noch mehr als 1.200 Tibeter in Haft oder sind „verschwunden“ – und müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlungen hinnehmen. Der Grund: viele haben auf friedliche Weise gegen die Verhältnisse in Tibet und die Politik Pekings auf dem Hochland protestiert. Grundlegende Rechte werden ihnen damit systematisch vorenthalten.
Die Situation in Tibet ist eine Menschenrechtskrise, die uns alle angeht. Helfen auch Sie wie Schauspieler Hannes Jaenicke bei unserer Kampagne für tibetische Gefangene auf www.missingvoices.net oder sehen Sie ein Statement von Hannes Jaenicke auf unserer Webseite, laden Sie ein eigenes Videostatement hoch oder nehmen Sie an unserer Appellaktion an Staatspräsident Hu Jintao teil!

So können Sie helfen!

Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende bei unserem Einsatz für die Wahrung der Menschenrechte und die Selbstbestimmung des tibetischen Volkes.
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So können Sie helfen!

Mit 5 € können Malstifte und Zeichenblöcke gekauft werden.
Mit 50 € können 5 warme Decken gegen die Kälte bezahlt werden.
Mit 250 € könnten fünf zusätzliche Betten angeschafft werden.
Internationaler Vorsitzender ist der bekannte Schauspieler Richard Gere (Foto). Er setzt sich bereits seit vielen Jahren aktiv für die Freiheit und die Selbstbestimmung Tibets ein.

ICT – News April 2009 Chinesisches Gericht verhängt Todesstrafe gegen Tibeter

Am 8. April hat das Mittlere Volksgericht in Lhasa zwei Tibeter zum Tode verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, Geschäfte von Han-Chinesen in Brand gesetzt zu haben und dadurch den Tod mehrerer Menschen verursacht zu haben. Es handelt sich dabei um die ersten Todesurteile im Zusammenhang mit den Unruhen in Lhasa vom März 2008. Insgesamt wurden vor dem Mittleren Volksgericht in Lhasa drei Fälle von Brandstiftung verhandelt, die sich einem Bericht der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge alle am 14. März 2008 ereignet haben sollen. Dabei hätten sieben Menschen den Tod gefunden. Zwei Angeklagte, deren Namen von Xinhua mit Losang Gyaltse und Loyar angegeben wurden, erhielten die Todesstrafe, zwei weitere Todesstrafen ergingen mit zweijährigem Aufschub, ein Angeklagter erhielt lebenslänglich. Todesstrafen mit Aufschub können in China bei guter Führung in lebenslange Haft umgewandelt werden. 
Der Meldung zufolge seien zwar alle fünf Angeklagten von Rechtsanwälten vertreten worden. Aus früheren Fällen ist jedoch bekannt, dass eine freie Wahl des Anwalts häufig unmöglich ist. So wurden im vergangenen Jahr 18 engagierte Bürgerrechtsanwälte massiv bedroht, sollten sie ihre Dienste Angeklagten in politisch sensiblen Verfahren anbieten. Generell muss davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen internationale Mindeststandards nicht eingehalten werden. Folter und Einschüchterung der Angeklagten sind an der Tagesordnung, die Gerichte stehen unter hohem Druck, ihre Urteile entsprechend den Erwartungen der politischen Führung zu fällen. ICT fordert die chinesischen Behörden auf, alle Urteile, die gegen Teilnehmer an den Protesten in Tibet vom März 2008 ergangen sind, unter der Teilnahme unabhängiger Beobachter zu überprüfen und in jedem Fall von der Anwendung der Todesstrafe abzusehen. Die Härte der ergangenen Urteile dürfte in keiner Weise geeignet sein zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Die Spannungen in Tibet dürften dadurch im Gegenteil nur noch erhöht werden.
Wenn Sie mehr über unseren weltweiten Einsatz für das tibetische Volk erfahren möchten, sehen Sie das
ICT-Video „20 Years ICT“.

„Tag der Befreiung der Leibeigenen“ provoziert Widerspruch

Mit großem Aufwand inszenierte die chinesische Staatsführung am 28. März in Lhasa die Feierlichkeiten zum „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ in Tibet. Tatsächlich aber markiert das Datum den 50. Jahrestag der Niederschlagung des tibetischen Volksaufstands. Damit begann die Phase der direkten Herrschaft Pekings über Tibet. Am 28. März verkündete der chinesische Ministerpräsident Zhou Enlai die Auflösung der tibetischen Regionalregierung. Dies bedeutete das vorläufige Ende des tibetischen Volksaufstands, der am 10. März begonnen hatte. In seinem Verlauf verloren mehrere zehntausend Tibeter ihr Leben, der Dalai Lama musste – begleitet von zahlreichen Flüchtlingen – seine Heimat verlassen und lebt seither im indischen Exil. Der neue Feiertag muss als Reaktion auf die massiven Proteste im März 2008 gesehen werden. Diese machten aller Welt deutlich, dass die chinesische Herrschaft von den Tibetern keineswegs als Befreiung empfunden wird. Mit massiver Propaganda soll nun der große Fortschritt gewürdigt werden, den China angeblich nach Tibet gebracht hat. Vor allem der chinesischen Öffentlichkeit gegenüber wird deshalb betont, wie unsagbar rückständig die gesellschaftlichen Verhältnisse in Tibet gewesen seien. Dabei wird vom Dalai Lama keineswegs bestritten, dass Tibet vor 1959 eine äußerst arme Gesellschaft war und dass es große Ungerechtigkeiten gab. Klar ist, dass der Dalai Lama längst schon Reformen eingeleitet hatte und Tibet auch ohne chinesische Herrschaft seinen eigenen Weg der Modernisierung gegangen wäre. Insofern ist der „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ eine Provokation für die tibetische Bevölkerung und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die an einer Entspannung der Lage interessiert sind.

Missing Voices – prominente Unterstützer jetzt online

Neue prominente Unterstützer auf der neuen ICT-Webseite für politische Gefangene: Burkhardt Müller-Sönksen (FDP), Obmann im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages, Thomas Mann (CDU), Präsident der Tibet-Intergroup im Europäischen Parlament, jetzt mit Statements auf www.missingvoices.net. Machen Sie mit: auch Sie können uns Ihr Video zuschicken und damit den vielen inhaftierten Tibetern symbolisch eine Stimme verleihen! Vielen Dank!

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