Sino-Tibetische Gespräche

Für viele Beobachter kam es überraschend, als eine Delegation von Vertretern des Dalai Lama unter der Führung des Sondergesandten Lodi Gyari am 26. Januar für eine knappe Woche nach China flog, um dort nach 15 Monaten Pause den abgerissenen Faden der sino-tibetischen Gespräche wieder aufzunehmen. Der Tenor der meisten Pressemeldungen, die nach Ende der Gesprächsrunde veröffentlicht wurden, war weitgehend negativ. Die Äußerungen der chinesischen Vertreter hätten im Grunde nichts als die unverändert harte und ablehnende Haltung gegenüber den Anliegen der Tibeter enthalten, war zu lesen.

Die tibetische Delegation veröffentlichte nach ihrer Rückkehr nach Dharamsala auf einer Pressekonferenz eine Stellungnahme über die wesentlichen Gesprächsinhalte bei den verschiedenen Treffen. Eine Videoaufzeichnung dieser Pressekonferenz können Sie auf hier (engl.) anschauen. Für ein abschließendes Fazit der Gespräche dürfte es noch zu früh sein – in der Stellungnahme heißt es, man werde in Dharamsala zunächst einmal über die von der chinesischen Seite vorgetragenen Standpunkte intensiv beratschlagen. Immerhin ging es bei den Gesprächen in China auch um die Ergebnisse des „5. Arbeitsforums zu Tibet“ der chinesischen Führung. Bemerkenswert war, dass die Gesprächsrunde unmittelbar auf diese selten stattfindende Strategiesitzung zu Tibet folgte. Das  "5. Arbeitsforum" hatte zumindest einen anderen Ton in der Tibetfrage angeschlagen, nicht klar ist hingegen, ob dies letztlich auch einen Politikwechsel in Tibet zur Folge haben wird. Bemerkenswert auch, dass die chinesische Führung nunmehr auch die tibetischen Gebiete außerhalb der "Tibetisch Autonomen Region" (TAR) in ihre Überlegungen miteinbezieht. Dies ist eine deutliche Abkehr von der bisherigen Position.

Und so heißt es in der Stellungnahme der tibetischen Verhandlungsdelegation denn auch, dass wenn man die politischen Slogans einmal außer Acht lasse, „viele der von dem Tibet-Arbeitsforum gesetzten Schwerpunkte den Grundbedürfnissen des tibetischen Volkes entsprechen, wie sie in dem Memorandum für eine wirkliche Autonomie skizziert sind“. Doch deutlich wurde auch, wie schwierig die Gespräche gewesen sind. So forderten die Gesandten erneut, die chinesische Regierung möge aufhören, den Dalai Lama als "Separatisten" zu bezeichnen. Es bleibt abzuwarten, ob Peking den Dialog ernsthaft fortführen will. Indikator dafür wird nicht zuletzt ihre Politik vor Ort, in Tibet selbst sein.

Chinesische Justiz: Weiter harte Linie gegen Tibeter

Das Jahr 2010 begann, wie das alte Jahr geendet hatte: mit Meldungen über eine unverändert harte chinesische Linie gegenüber tibetischen Künstlern und Geistlichen. Den Anfang machte die Verurteilung des Filmemacher Dhondup Wangchen. Berichten zufolge wurde er bereits am 28. Dezember 2009 zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt, die Nachricht konnte jedoch erst einige Tage danach bestätigt werden. Wangchen hatte im März 2008 den Dokumentarfilm „Leaving Fear Behind“ veröffentlicht, in dem Tibeter in ungewöhnlicher Offenheit die Situation in Tibet kritisieren. Der 35-jährige Wangchen war unmittelbar danach verhaftet worden, seinem Anwalt, Li Dunyong, zufolge ist Wangchen in der Haft gefoltert worden. Er soll zudem an Hepatitis B leiden. Im Prozess musste sich Dhondup Wangchen von einem staatlich bestellten Pflichtverteidiger vertreten lassen. Das Gericht untersagte ihm, sich von seinem frei gewählten Anwalt verteidigen zu lassen.

Auch im Fall des angesehenen tibetischen Geistlichen Phurbu Rinpoche, wurde seinen Anwälten untersagt, ihn vor Gericht zu vertreten. Wie die bekannten chinesischen Menschenrechtsanwälte Li Fangping und Jiang Tianyong berichteten, ist auch er in der Haft gefoltert und misshandelt worden. Am 23. Dezember 2009 wurde er nach einem offenkundig unfairen Verfahren zu einer achteinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt. Die Anklage stand offenbar in Zusammenhang mit einem friedlichen Protest im Mai 2008, als rund 80 Nonnen des Klosters Pangri-na, dem Phurbu Rinpoche vorsteht, einen Protestzug zu den örtlichen Regierungsgebäuden in Kardze abhielten. Phurbu Rinpoche genießt in der Region hohes Ansehen, da er sich intensiv für die Belange der örtlichen Bevölkerung eingesetzt und stets den Dialog mit den chinesischen Behörden gesucht hat.

Druck aus Peking: Kein Empfang des Dalai Lama!

Auch wenn es der chinesischen Führung nicht gefallen mag: Tibet bleibt ein wichtiges Thema der internationalen Politik. Dies wurde erneut deutlich anlässlich zweier Staatsbesuche in Peking, zunächst bei der Visite des US-Präsidenten Barack Obama im November und dann auch beim Besuch des deutschen Außenministers Guido Westerwelle im Januar. Zwar machten sowohl Obama als auch Westerwelle deutlich, dass aus ihrer Sicht Tibet ein Teil der Volksrepublik China sei – eine Standardposition der westlichen Außenpolitik gegenüber Peking. Doch wie der Asiendirektor des Weißen Hauses mitteilte, betonte der US-Präsident im Gespräch mit Chinas Staatspräsident Hu Jintao nachdrücklich sowohl die Bedeutung von Religionsfreiheit und Minderheitenrechten, als auch die Forderung nach der baldigen Wiederaufnahme der Gespräche zwischen den Gesandten des Dalai Lama und der chinesischen Staatsführung. An die Stelle der bisher weitgehend ergebnislos verlaufenen acht Gesprächsrunden seit 2002 sollte dieses Mal allerdings ein ergebnisorientierter Dialog treten, so die Position des US-Präsidenten.
Bei seinem Treffen mit seinem chinesischen Amtskollegen hatte auch Bundesaußenminister Westerwelle für eine Annäherung Pekings an den Dalai Lama geworben, traf jedoch auf deutliche Abwehr. Nach dem Gespräch sprach er davon, man habe „in der Frage Tibets und des Wirkens des Dalai Lamas unterschiedliche Auffassungen ausgetauscht“. Vor der China-Reise Westerwelles hatte die International Campaign for Tibet den deutschen Außenminister öffentlich aufgefordert in seinen Gesprächen die Menschenrechtslage in Tibet anzusprechen und insbesondere Verbesserungen im Bereich von Meinungs- und Religionsfreiheit einzufordern
Obama brachte in seinem Gespräch mit Hu Jintao überdies seinen Respekt für den Dalai Lama zum Ausdruck und unterstrich, dass er ihn zu einem „angemessenen Zeitpunkt“ treffen werde. Diese Ankündigung hat mit dem Näherrücken des zehntägigen USA-Besuchs des Dalai Lama zu einer zunehmend schrillen Rhetorik aus China geführt. Voraussichtlich ab dem 16. Februar wird der geistliche Führer der Tibeter in den USA eintreffen. Der Vizeminister der Einheitsfront im Zentralkomitee, Zhu Weiqun, Mitglied der chinesischen Delegation in den sino-tibetischen Gesprächen, warnte Washington, ein solches Treffen würde «das Vertrauen und die Kooperation zwischen unseren beiden Ländern schädigen», und so die politische Basis der bilateralen Beziehungen untergraben. Sollte Obama den Dalai Lama ungeachtet der Warnungen aus Peking dennoch empfangen, hätte China bereits „entsprechende Maßnahmen“ vorbereitet, so die kaum verhüllte Drohung von Zhu.

Nobelpreisträgerinnen sagen „Danke Tibet!“

Allesamt sind sie weltberühmt für ihre Menschenrechtsarbeit, allesamt sind sie Trägerinnen des Friedensnobelpreises. Und doch ist ihnen ihre eigene Arbeit offenbar nicht genug – 2006 schlossen sich Jody Williams, Shirin Ebadi, Wangari Maathai, Rigoberta Menchú Tum, Betty Williams und Mairead Corrigan Maguire in der Nobel Women’s Initiative zusammen. Das Ziel der Frauen: Der weltweite Einsatz für Menschenrechte und Demokratie.
„Thank you Tibet!“, „Danke Tibet!“, heißt eine ihrer aktuellen Kampagnen, Ende des letzten Jahres fiel der Startschuss dafür. Shirin Ebadi, Jody Williams und Mairead Maguire, die auch dem Internationalen Beirat von ICT angehört, reisten dafür Ende 2009 nach Dharamsala, wo sie in einer eigens anberaumten Zeremonie im tibetischen Kinderdorf den Dalai Lama und das gesamte tibetische Volk ihrer Unterstützung versicherten. In ihrem bei dieser Gelegenheit verlesenen Statement zeigten sich die Nobelpreisträgerinnen beeindruckt von dem mehr als 50 Jahre währenden Kampf der Tibeter für ihr Volk und die Bewahrung ihrer Kultur. Sie riefen dazu auf, dem Dalai Lama und den Tibetern dafür zu danken, dass sie die tibetische Kultur auch unter den widrigsten äußeren Umständen bewahren konnten und so der Welt ein Vorbild sind. Unter einer eigens eingerichteten Internetadresse kann nun auch jeder am Schicksal des tibetischen Volkes Interessierte sich persönlich bedanken.
Die International Campaign for Tibet hat eine der Initiatorinnen, die iranische Rechtsanwältin Shirin Ebadi nach den Gründen gefragt, die sie persönlich bewogen haben, diese Initiative ins Leben zu rufen. Das Interview können Sie hier nachlesen.

Jeder Link hilft!

Sie haben eine eigene Homepage? Sie interessieren sich für Tibet? Sie finden, dass noch vielmehr Menschen erfahren sollten, wie es um die Menschenrechte in Tibet und der Volksrepublik China bestellt ist?
Wenn Ihre Antwort drei Mal Ja lautet, können wir Ihnen gerne weiterhelfen.
Wir bieten Ihnen hier die Möglichkeit, von der Webseite der International Campaign for Tibet Banner herunterzuladen und diese dann auf Ihrer eigenen Homepage zu platzieren, wo Sie sie mittels eines Links mit unserer Webseite verbinden können. Mit jeder Verlinkung tragen Sie dazu bei, noch mehr Menschen auf die bedrückende Situation des tibetischen Volkes hinzuweisen und Ihnen Möglichkeiten des Helfens zu zeigen.
Die beiden derzeitig verfügbaren Banner finden Sie hier. Das rote Banner sollte auf die ICT-Webseite verlinken, das schwarze Banner auf die Missing-Voices-Seite.
Sollten Sie Fragen haben bezüglich der Umsetzung oder auch im Falle technischer Schwierigkeiten, können Sie sich selbstverständlich gerne mit uns in Verbindung setzen. Gleichermaßen interessieren wir uns für Ihre Erfahrungen mit der Bannerverlinkung, sollten Sie diese Möglichkeit schon länger für sich entdeckt haben.

Unsere Arbeit

Kampagnenarbeit, Hilfsprojekte, politische Arbeit und mehr: Hier finden Sie weitere Informationen über unsere aktive Arbeit für die Menschen in Tibet. Mehr über unsere Arbeit

Tibetische politische Gefangene brauchen unsere Unterstützung!

Seit den landesweiten Protesten im letzten Jahr befinden sich immer noch mehr als 1.200 Tibeter in Haft oder sind „verschwunden“ – und müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlungen hinnehmen. Der Grund: viele haben auf friedliche Weise gegen die Verhältnisse in Tibet und die Politik Pekings auf dem Hochland protestiert. Grundlegende Rechte werden ihnen damit systematisch vorenthalten.
Die Situation in Tibet ist eine Menschenrechtskrise, die uns alle angeht. Helfen auch Sie wie Schauspieler Hannes Jaenicke bei unserer Kampagne für tibetische Gefangene auf www.missingvoices.net oder sehen Sie ein Statement von Hannes Jaenicke auf unserer Webseite, laden Sie ein eigenes Videostatement hoch oder nehmen Sie an unserer Appellaktion an Staatspräsident Hu Jintao teil!

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Mit 5 € können Malstifte und Zeichenblöcke gekauft werden.
Mit 50 € können 5 warme Decken gegen die Kälte bezahlt werden.
Mit 250 € könnten fünf zusätzliche Betten angeschafft werden.
Internationaler Vorsitzender ist der bekannte Schauspieler Richard Gere (Foto). Er setzt sich bereits seit vielen Jahren aktiv für die Freiheit und die Selbstbestimmung Tibets ein.

ICT – News April 2009 Chinesisches Gericht verhängt Todesstrafe gegen Tibeter

Am 8. April hat das Mittlere Volksgericht in Lhasa zwei Tibeter zum Tode verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, Geschäfte von Han-Chinesen in Brand gesetzt zu haben und dadurch den Tod mehrerer Menschen verursacht zu haben. Es handelt sich dabei um die ersten Todesurteile im Zusammenhang mit den Unruhen in Lhasa vom März 2008. Insgesamt wurden vor dem Mittleren Volksgericht in Lhasa drei Fälle von Brandstiftung verhandelt, die sich einem Bericht der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge alle am 14. März 2008 ereignet haben sollen. Dabei hätten sieben Menschen den Tod gefunden. Zwei Angeklagte, deren Namen von Xinhua mit Losang Gyaltse und Loyar angegeben wurden, erhielten die Todesstrafe, zwei weitere Todesstrafen ergingen mit zweijährigem Aufschub, ein Angeklagter erhielt lebenslänglich. Todesstrafen mit Aufschub können in China bei guter Führung in lebenslange Haft umgewandelt werden. 
Der Meldung zufolge seien zwar alle fünf Angeklagten von Rechtsanwälten vertreten worden. Aus früheren Fällen ist jedoch bekannt, dass eine freie Wahl des Anwalts häufig unmöglich ist. So wurden im vergangenen Jahr 18 engagierte Bürgerrechtsanwälte massiv bedroht, sollten sie ihre Dienste Angeklagten in politisch sensiblen Verfahren anbieten. Generell muss davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen internationale Mindeststandards nicht eingehalten werden. Folter und Einschüchterung der Angeklagten sind an der Tagesordnung, die Gerichte stehen unter hohem Druck, ihre Urteile entsprechend den Erwartungen der politischen Führung zu fällen. ICT fordert die chinesischen Behörden auf, alle Urteile, die gegen Teilnehmer an den Protesten in Tibet vom März 2008 ergangen sind, unter der Teilnahme unabhängiger Beobachter zu überprüfen und in jedem Fall von der Anwendung der Todesstrafe abzusehen. Die Härte der ergangenen Urteile dürfte in keiner Weise geeignet sein zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Die Spannungen in Tibet dürften dadurch im Gegenteil nur noch erhöht werden.
Wenn Sie mehr über unseren weltweiten Einsatz für das tibetische Volk erfahren möchten, sehen Sie das
ICT-Video „20 Years ICT“.

„Tag der Befreiung der Leibeigenen“ provoziert Widerspruch

Mit großem Aufwand inszenierte die chinesische Staatsführung am 28. März in Lhasa die Feierlichkeiten zum „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ in Tibet. Tatsächlich aber markiert das Datum den 50. Jahrestag der Niederschlagung des tibetischen Volksaufstands. Damit begann die Phase der direkten Herrschaft Pekings über Tibet. Am 28. März verkündete der chinesische Ministerpräsident Zhou Enlai die Auflösung der tibetischen Regionalregierung. Dies bedeutete das vorläufige Ende des tibetischen Volksaufstands, der am 10. März begonnen hatte. In seinem Verlauf verloren mehrere zehntausend Tibeter ihr Leben, der Dalai Lama musste – begleitet von zahlreichen Flüchtlingen – seine Heimat verlassen und lebt seither im indischen Exil. Der neue Feiertag muss als Reaktion auf die massiven Proteste im März 2008 gesehen werden. Diese machten aller Welt deutlich, dass die chinesische Herrschaft von den Tibetern keineswegs als Befreiung empfunden wird. Mit massiver Propaganda soll nun der große Fortschritt gewürdigt werden, den China angeblich nach Tibet gebracht hat. Vor allem der chinesischen Öffentlichkeit gegenüber wird deshalb betont, wie unsagbar rückständig die gesellschaftlichen Verhältnisse in Tibet gewesen seien. Dabei wird vom Dalai Lama keineswegs bestritten, dass Tibet vor 1959 eine äußerst arme Gesellschaft war und dass es große Ungerechtigkeiten gab. Klar ist, dass der Dalai Lama längst schon Reformen eingeleitet hatte und Tibet auch ohne chinesische Herrschaft seinen eigenen Weg der Modernisierung gegangen wäre. Insofern ist der „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ eine Provokation für die tibetische Bevölkerung und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die an einer Entspannung der Lage interessiert sind.

Missing Voices – prominente Unterstützer jetzt online

Neue prominente Unterstützer auf der neuen ICT-Webseite für politische Gefangene: Burkhardt Müller-Sönksen (FDP), Obmann im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages, Thomas Mann (CDU), Präsident der Tibet-Intergroup im Europäischen Parlament, jetzt mit Statements auf www.missingvoices.net. Machen Sie mit: auch Sie können uns Ihr Video zuschicken und damit den vielen inhaftierten Tibetern symbolisch eine Stimme verleihen! Vielen Dank!

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