Die Situation in Ost-Tibet – in der jüngsten Vergangenheit Schauplatz zahlreicher Selbstverbrennungen – hat sich im Lauf des Monats auf besorgniserregende Weise zugespitzt. Zuletzt wurde am 26. Januar der Tibeter Ogyen von Sicherheitskräften erschossen, als Polizei einen Tibeter festnehmen wollte und zahlreiche Tibeter versuchten, seinen Abtransport zu verhindern. Einzelheiten können Sie hier einem Bericht der International Campaign for Tibet entnehmen. Schauplatz des Geschehens war der kleine Ort Dzamthang (Chinese: Rangtang) im Landkreis Ngaba (Chinese: Aba) in der gleichnamigen Autonomen Tibetischen Präfektur. Im selben, zur Provinz Sichuan zählenden Landkreis liegt auch das Kloster Kirti. Ngaba war in den vergangenen Monaten Schauplatz der meisten Selbstverbrennungen tibetischer Mönche und Nonnen, die damit gegen Pekings Politik in Tibet protestieren wollten. Den tödlichen Schüssen aus den Gewehren der chinesischen Sicherheitskräfte waren an den vorangegangenen Tagen bereits weitere Tibeter zum Opfer gefallen. Aufgrund der chinesischen Nachrichtenblockade ist es außerordentlich schwierig, an zuverlässige Nachrichten zu gelangen. Nach der ICT vorliegenden glaubhaften Informationen liegt die Zahl der in der vergangenen Woche in Osttibet von Polizei oder Militär getöteten Tibeter bei mindestens fünf, möglicherweise aber auch höher. Zudem waren in diesem Zusammenhang zahlreiche Verletzte und eine unbekannte Anzahl von Verhafteten zu verzeichnen.
Mindestens ein Tibeter ist am 24. Januar in Serthar (chin.: Seda) in der osttibetischen Autonomen Präfektur Kardze (tibetische Region Amdo, chin. Provinz Sichuan) erschossen worden, als die Sicherheitskräfte das Feuer auf tibetische Protestierer eröffneten. Bereits einen Tag zuvor, am 23. Januar, war im benachbarten Drango (chin.: Luhuo) neben zwei weiteren Personen ein protestierender Tibeter von der Polizei erschossen worden, der als Yonden (siehe nebenstehendes Bild) identifiziert werden konnte. Nach den Ereignissen vom Montag sollen Sicherheitskräfte in großer Zahl im Zentrum von Drango und um das örtliche Kloster herum stationiert sein. Wie Serthar liegt auch Drango in der zur Provinz Sichuan zählenden Präfektur Kardze. Mehr Einzelheiten finden Sie
Mit 5 € können Malstifte und Zeichenblöcke gekauft werden. Mit 50 € können 5 warme Decken gegen die Kälte bezahlt werden. Mit 250 € könnten fünf zusätzliche Betten angeschafft werden.
Internationaler Vorsitzender ist der bekannte Schauspieler Richard Gere (Foto). Er setzt sich bereits seit vielen Jahren aktiv für die Freiheit und die Selbstbestimmung Tibets ein.
ICT – News April 2009 Chinesisches Gericht verhängt Todesstrafe gegen Tibeter
Am 8. April hat das Mittlere Volksgericht in Lhasa zwei Tibeter zum Tode verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, Geschäfte von Han-Chinesen in Brand gesetzt zu haben und dadurch den Tod mehrerer Menschen verursacht zu haben. Es handelt sich dabei um die ersten Todesurteile im Zusammenhang mit den Unruhen in Lhasa vom März 2008. Insgesamt wurden vor dem Mittleren Volksgericht in Lhasa drei Fälle von Brandstiftung verhandelt, die sich einem Bericht der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge alle am 14. März 2008 ereignet haben sollen. Dabei hätten sieben Menschen den Tod gefunden. Zwei Angeklagte, deren Namen von Xinhua mit Losang Gyaltse und Loyar angegeben wurden, erhielten die Todesstrafe, zwei weitere Todesstrafen ergingen mit zweijährigem Aufschub, ein Angeklagter erhielt lebenslänglich. Todesstrafen mit Aufschub können in China bei guter Führung in lebenslange Haft umgewandelt werden.
Der Meldung zufolge seien zwar alle fünf Angeklagten von Rechtsanwälten vertreten worden. Aus früheren Fällen ist jedoch bekannt, dass eine freie Wahl des Anwalts häufig unmöglich ist. So wurden im vergangenen Jahr 18 engagierte Bürgerrechtsanwälte massiv bedroht, sollten sie ihre Dienste Angeklagten in politisch sensiblen Verfahren anbieten. Generell muss davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen internationale Mindeststandards nicht eingehalten werden. Folter und Einschüchterung der Angeklagten sind an der Tagesordnung, die Gerichte stehen unter hohem Druck, ihre Urteile entsprechend den Erwartungen der politischen Führung zu fällen. ICT fordert die chinesischen Behörden auf, alle Urteile, die gegen Teilnehmer an den Protesten in Tibet vom März 2008 ergangen sind, unter der Teilnahme unabhängiger Beobachter zu überprüfen und in jedem Fall von der Anwendung der Todesstrafe abzusehen. Die Härte der ergangenen Urteile dürfte in keiner Weise geeignet sein zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Die Spannungen in Tibet dürften dadurch im Gegenteil nur noch erhöht werden.
Wenn Sie mehr über unseren weltweiten Einsatz für das tibetische Volk erfahren möchten, sehen Sie das ICT-Video „20 Years ICT“.
„Tag der Befreiung der Leibeigenen“ provoziert Widerspruch
Mit großem Aufwand inszenierte die chinesische Staatsführung am 28. März in Lhasa die Feierlichkeiten zum „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ in Tibet. Tatsächlich aber markiert das Datum den 50. Jahrestag der Niederschlagung des tibetischen Volksaufstands. Damit begann die Phase der direkten Herrschaft Pekings über Tibet. Am 28. März verkündete der chinesische Ministerpräsident Zhou Enlai die Auflösung der tibetischen Regionalregierung. Dies bedeutete das vorläufige Ende des tibetischen Volksaufstands, der am 10. März begonnen hatte. In seinem Verlauf verloren mehrere zehntausend Tibeter ihr Leben, der Dalai Lama musste – begleitet von zahlreichen Flüchtlingen – seine Heimat verlassen und lebt seither im indischen Exil. Der neue Feiertag muss als Reaktion auf die massiven Proteste im März 2008 gesehen werden. Diese machten aller Welt deutlich, dass die chinesische Herrschaft von den Tibetern keineswegs als Befreiung empfunden wird. Mit massiver Propaganda soll nun der große Fortschritt gewürdigt werden, den China angeblich nach Tibet gebracht hat. Vor allem der chinesischen Öffentlichkeit gegenüber wird deshalb betont, wie unsagbar rückständig die gesellschaftlichen Verhältnisse in Tibet gewesen seien. Dabei wird vom Dalai Lama keineswegs bestritten, dass Tibet vor 1959 eine äußerst arme Gesellschaft war und dass es große Ungerechtigkeiten gab. Klar ist, dass der Dalai Lama längst schon Reformen eingeleitet hatte und Tibet auch ohne chinesische Herrschaft seinen eigenen Weg der Modernisierung gegangen wäre. Insofern ist der „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ eine Provokation für die tibetische Bevölkerung und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die an einer Entspannung der Lage interessiert sind.
Neue prominente Unterstützer auf der neuen ICT-Webseite für politische Gefangene: Burkhardt Müller-Sönksen (FDP), Obmann im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages, Thomas Mann (CDU), Präsident der Tibet-Intergroup im Europäischen Parlament, jetzt mit Statements auf www.missingvoices.net. Machen Sie mit: auch Sie können uns Ihr Video zuschicken und damit den vielen inhaftierten Tibetern symbolisch eine Stimme verleihen! Vielen Dank!