Berlin, 06.09.2024. Eine bemerkenswert große Zahl unabhängiger UN-Menschenrechtsexperten hat in einem heute veröffentlichen Schreiben ihre “tiefe Sorge” über das Vorgehen der chinesischen Behörden gegen Staudammproteste in der tibetischen Region Derge geäußert. In dem Schreiben, das im Juli an die chinesische Regierung übermittelt wurde, fordern die unabhängigen Expertinnen und Experten von der chinesischen Regierung Aufklärung über zahlreiche Berichte, darunter Video- und Bilddokumente, über Festnahmen und offensichtlich gewaltsames Vorgehen der Behörden gegenüber friedlich protestierenden Tibetern.

Die Experten – UN-Sonderberichterstatter und UN-Arbeitsgruppen – zeigen sich überdies tief besorgt über die Auswirkungen des Staudammprojektes, infolgedessen Tausende Tibeter zwangsweise umgesiedelt werden müssen und wertvolles Kulturgut unwiederbringlich zerstört wird. So hatten aus der Haft entlassene Tibeter von schweren Misshandlungen und schlechten Haftbedingungen berichtet. Buddhistische Klöster sind vom Abriss bedroht. Besorgt zeigen sich die Experten auch über die negativen Folgen für Umwelt und Klima, die durch Mega-Staudammprojekte in Tibet entstehen können.

Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT): „Die UN-Menschenrechtsexperten werfen ein grelles Licht auf die Folgen der Entwicklungspolitik der chinesischen Regierung in Tibet. Was mit den Staudämmen als klimafreundliche und grüne Energie verkauft wird, ist in Wahrheit eine rücksichtslose Strategie der Ausbeutung eines unterdrückten Landes und der Entrechtung Betroffener. Mit der Folge, dass wertvolles tibetisches Kulturgut unwiederbringlich zerstört wird. Die internationale Gemeinschaft, Regierungen, Parlamente und die Zivilgesellschaft dürfen diesem Verkaufstrick nicht auf den Leim gehen und müssen die Rechte der betroffenen Tibeter einfordern. Vor allem muss die chinesische Entwicklungspolitik in Tibet mit Nachdruck hinterfragt werden.” 

Unterdessen hat auch die Inter-Parliamentary Alliance on China (IPAC) das Schreiben der UN-Menschenrechtsexperten begrüßt und Regierungen aufgefordert, sich mit Nachdruck für die fundamentalen Rechte der Tibeter einzusetzen. Einer der Mitunterzeichner des Appells, der Vorsitzende der Tibet-Parlamentsgruppe im Deutschen Bundestag, Michael Brand MdB, kommentiert: „Deutschland und Europa müssen aufwachen und die systematische Vernichtung tibetischer Kultur, Sprache und Geschichte gegenüber dem Regime Xi Jinping offen thematisieren. Das brutale Vorgehen gegen friedliche Protestierer ist nur ein weiteres Beispiel einer eskalierenden Aggression der Pekinger Führung im Inland gegen jede Opposition und im Übrigen auch gegen alle, die nicht zu den Han Chinesen gehören. Diese Entwicklung ist maximal besorgniserregend auch mit Blick auf die internationale Eskalation, die das Regime in Peking in immer häufigeren Fällen gegenüber regionalen Nachbarn, aber auch gegenüber europäischen Ländern praktiziert. Tibet ist ein Katalysator für diese gefährliche Entwicklung, und der Schutz der Tibeter und des Landes Tibet muss deshalb hoch auf die Agenda der internationalen Geopolitik.“

Hintergrund:

Am 14. Februar sorgten mehr als 100 Tibeter weltweit für Aufsehen, als sie vor dem Regierungsgebäude im Kreis Derge (chinesisch: Dege) in der autonomen Präfektur Kardze (Ganzi) in Tibet friedlich gegen das geplante Wasserkraftprojekt Kamtok (Gangtuo) protestierten. Darauf gelangten Videoaufnahmen von weiteren Protesten in der Region am Yena (Yinnan) Kloster an die Öffentlichkeit. Darin war zu sehen, wie Tibeter lokale Beamte der chinesischen Behörden anflehen, den Bau des Staudamms zu überdenken. Bald nach den Protesten folgten Berichte über mehrere hundert Festnahmen und misshandelte Demonstranten. In der Folge ist unklar geblieben, wie viele Personen noch inhaftiert sind, so schon ein Bericht der International Campaign for Tibet aus dem Mai dieses Jahres.

Die Derge-Proteste sind insofern bedeutend, da es dort eine offenbar koordinierte Bemühung gab, den friedlichen Widerstand zu dokumentieren und Videoaufnahmen von den Protesten zu verbreiten. Trotz hoher Risiken ist es den Tibetern vor Ort gelungen, die internationale Gemeinschaft darauf aufmerksam zu machen, was in ihrer historischen Heimat auf dem Spiel steht: der Verlust jahrhundertealter und lebendiger buddhistischer Kulturstätten, die fest mit der tibetischen Gemeinschaft verwurzelt sind, während die Tibeter als Betroffene keinerlei Möglichkeit haben, auf die Politik der chinesischen Regierung Einfluss zu nehmen – mit verheerenden und irreversiblen Folgen.

Pressekontakt:

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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.

 

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