Junge Tibeter im Exil – Gespräch mit Tendon Dahortsang
Gleich zwei Jubiläen waren Anfang April in Zürich zu feiern: 50 Jahre Aufnahme der ersten tibetischen Flüchtlinge in der Schweiz und das 40-jährige Bestehen des Vereins der Tibeter Jugend in Europa (VTJE), des größten tibetischen Jugendverbands im europäischen Exil. Der VTJE organisierte zu diesem Anlass das „Erste Tibetische Jugendparlament in Europa“. 122 Delegierte aus elf europäischen Ländern folgten dem Aufruf und machten sich in Zürich Gedanken über die Zukunft der tibetischen Gemeinschaften in und außerhalb Tibets.
In einer auf Englisch im Internet veröffentlichten Resolution bekannte sich das Jugendparlament zur Politik des „Mittleren Weges“ und sprach sich für eine an Bedingungen geknüpfte Fortführung der sino-tibetischen Gespräche aus. Die Abschlusserklärung ist geprägt von einem beeindruckenden Verantwortungsgefühl für den Erhalt sowohl der tibetischen Kultur wie auch der tibetischen Gemeinschaften. Gleichzeitig bezeugt sie die Existenz einer neuen Generation von Tibeterinnen und Tibetern, die eine gute Ausbildung genossen haben und nunmehr bereit sind, diese ihrer Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Beobachter zeigten sich beeindruckt von der offenen und kritischen Diskussion der jungen Tibeterinnen und Tibeter.
Unter der Adresse www.we-are-tibet.org/pics/WeAreTibet_Resolution_eng.pdf kann die Resolution der jungen Tibeter auf Englisch im Internet nachgelesen werden.
ICT: Der "Verein der Tibeter Jugend in Europa" existiert seit inzwischen 40 Jahren. Was hat sich in dieser Zeit für die tibetische Jugend verändert?
Tendon Dahortsang: Unsere wichtigsten Aufgaben liegen, damals wie heute, im politischen und im soziokulturellen Bereich. Ursprünglich waren wohl die soziokulturellen Aufgaben wichtiger, heute positionieren wir uns stärker politisch, mit einer modernen und erfolgreichen Kampagnen- und Medienarbeit sowie im Lobbying. Wir profitieren dabei sehr stark davon, dass wir als Jugendverein auf viele junge, unabhängige und gut ausgebildete Personen zurückgreifen können. Wir haben keine Existenzängste mehr, wie teilweise noch unsere Eltern.
ICT: Wie kam es zu der Idee, ein Europäisch-Tibetisches Jugendparlament zu organisieren?
Tendon Dahortsang: Die Notwendigkeit einer stärker koordinierten Zusammenarbeit wurde uns im ereignisreichen Jahr 2008 bewusst, als viele Kampagnen und Aktionen international organisiert wurden. Durch Globalisierungsprozesse und neue Medien wie das Internet ist die Welt auch irgendwie kleiner geworden ist. Wir sind viel schneller und stärker vernetzt – mit Tibeterinnen und Tibetern in ganz Europa und weltweit. Das bringt ganz neue Dimensionen in unsere Arbeit und auch viele neue Aufgaben.
ICT: Wie beurteilen Sie den Verlauf des Jugendparlaments?
Tendon Dahortsang: Das Jugendparlament ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden und das Echo der Teilnehmer war durchgehend positiv. Wichtig war zu Beginn das gegenseitige Kennenlernen und Verstehen. Auch innerhalb von Europa wachsen die jungen Tibeter teilweise in sehr unterschiedlichen Umständen auf. Da stehen junge Tibeter der dritten oder vierten Generation anderen jungen Tibetern gegenüber, die erst kürzlich nach Europa geflüchtet sind. Mit diesem ersten Schritt wurde eine gute Basis für die weitere europaweite Zusammenarbeit geschaffen.
ICT: Welches sind für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Verlauf der Veranstaltung?
Tendon Dahortsang: Tatsache ist, dass wir seit nunmehr 50 Jahren im Exil leben. Dennoch war bei jedem einzelnen Teilnehmer, egal wie und unter welchen Umständen er aufgewachsen ist, die Überzeugung und das Gefühl ein Tibeter zu sein spürbar. Es herrschte eine sehr kreative, positive und durchgehend zuversichtliche Atmosphäre, welche für den weiteren Verlauf der Tibet-Bewegung ihren entscheidenden Beitrag leisten wird. Mir persönlich liegt der ganze Säkularisierungsprozess sowie die Abschaffung des Doppelvotums sehr am Herzen.
ICT: Wo sehen Sie die jungen Aktivisten des Jugendparlaments in der Zukunft?
Tendon Dahortsang: Der VTJE genießt einen starken Rückhalt in der Exilgemeinschaft. Viele Tibeterinnen und Tibeter der älteren Generationen waren früher selbst Mitglied im VTJE. Insofern ist der VTJE auch eine Art „Kaderschmiede“ – viele frühere Mitglieder haben mit der Zeit wichtige Positionen in anderen Vereinen und Gremien eingenommen und unterstützen den VTJE von da aus weiter. Eine solche Entwicklung wünsche ich mir auch für das Jugendparlament. Es soll eine ständig sich wandelnde Plattform bieten für eine gewisse Altersgruppe von jungen Tibetern, die sich schließlich auf unterschiedliche Art und Weise für die Tibetfrage einsetzen.
Tendon Dahortsang. Die Juristin ist 30 Jahre alt, bis zu den kürzlich abgehaltenen Neuwahlen war sie Präsidentin des Vereins Tibeter Jugend in Europa (VTJE).
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