Berlin, 04.07.2024. Trotz massiver Lobbyarbeit und einem bedrückenden Aufgebot an Nichtregierungsorganisationen, die von der chinesischen Regierung gesteuert werden (sog. GONGOs), wurde heute im UN-Menschenrechtsrat erneut deutliche Kritik an den systematischen Menschenrechtsverletzungen an Tibetern, Uiguren, Hongkongern und Chinesen laut. Die chinesische Regierung musste sich dem alle viereinhalb Jahre turnusmäßigen Universellen Periodischen Überprüfungsverfahren (UPR) stellen, dessen Abschlussbericht heute im UN-Menschenrechtsrat angenommen wurde.

Im Verfahren hatte bereits die bis dato größte Anzahl von Staaten, darunter auch Deutschland, die Situation in Tibet thematisiert. Erwartbar hat die chinesische Regierung substanzielle Empfehlungen abgelehnt, oder teilweise mit dem Hinweis “akzeptiert”, dass etwa Meinungs-, Versammlungs-, oder Religionsfreiheit “schon implementiert” seien, was im deutlichen Widerspruch zu den Realitäten in Tibet steht, so wie vielfach von unabhängigen UN-Menschenrechtsexperten festgestellt. 

ICT-Geschäftsführer Kai Müller: “Trotz massiver Bemühungen kann die chinesische Regierung auch bei den Vereinten Nationen nicht verdecken, was in Tibet und anderswo geschieht. Anlass zur Sorge gibt indes, dass sich offenbar mehr und mehr Staaten von China unter Druck setzen lassen und das Lied Pekings singen. Auch das große Aufgebot an GONGOs im Menschenrechtsrat ist bedrückend”. 

“Positiv dagegen ist, dass mehr Staaten als zuvor die Lage in Tibet kritisch angesprochen und Veränderung eingefordert haben. Gerade als Mitglied des UN-Sicherheitsrates muss China mit Nachdruck auf die Einhaltung internationaler Regeln hingewiesen werden, und dazu gehören zentral die Menschenrechte”, so Müller weiter. 

Im Vergleich zur UPR-Überprüfung vor sechs Jahren hatten 21 statt wie zuvor 9 Staaten substanzielle Kritik an Chinas Menschenrechtsbilanz in Tibet geäußert und Empfehlungen ausgesprochen. Schon die sogenannten „Advanced Questions“ an China, die schriftlich vorab an China eingereicht werden konnten, hatten ein gestiegenes Interesse angedeutet. Diese hatten sich im Vergleich zu 2018 ebenfalls verdoppelt. 

Die Überprüfung fand in einem angespannten Klima statt, da die chinesische Regierung erneut mit einer ungewöhnlich großen Delegation von Diplomaten anwesend war. Peking mobilisierte auch eine große Anzahl chinesischer NGOs (GONGOs – Government Organized NGOs), die streng die Parteilinie verfolgen. Bei den 67 für einen Redebeitrag im Menschenrechtsrat registrierten Organisationen handelt es sich bei mindestens 25 um chinesische GONGOs, bei weiteren fünf um GONGOs aus befreundeten autoritären Staaten wie Russland oder Kuba. Gleichzeitig nutzte eine große Anzahl von Staaten ihre Redezeit lediglich für affirmative Statements der chinesischen Politik.

ICT-Mitarbeiterin Mélanie Blondelle konnte im Namen der Helsinki Foundation for Human Rights im Plenum des Menschenrechtsrates ein Statement abgeben. Blondelle unter anderem:  

„In den letzten zwei Jahren haben mehrere UN-Menschenrechtsgremien angesichts der Eskalation der Menschenrechtsverletzungen in Tibet Alarm geschlagen. In diesem Zusammenhang zu erwähnen sind das Internatsschulsystem, durch das fast eine Million tibetische Kinder von ihren Familien und Gemeinschaften getrennt wurden, umfangreiche Zwangsarbeitsprogramme, eine massive Vertreibung der tibetischen Landbevölkerung sowie die Inhaftierung tibetischer Umweltschützer. Tibeter sind weiterhin mit Folter, Tod in der Haft und dem Verschwindenlassen durch den chinesischen Staat konfrontiert. 

Infolgedessen hat eine beispiellose Anzahl von Staaten Empfehlungen ausgesprochen und vorab Fragen zu Tibet gestellt, die die wachsende Besorgnis der internationalen Gemeinschaft zum Ausdruck bringen. Wir begrüßen diesen Ausdruck echter Besorgnis nachdrücklich, der nicht nur die Situation vor Ort anerkennt, sondern auch die Glaubwürdigkeit des Menschenrechtsrats selbst schützt.“ 

In ihrem Statement im Namen der Helsinki Foundation for Human Rights wies Blondelle zudem darauf hin, dass mehrere Nationen die chinesische Regierung aufgefordert hätten, offenen, unabhängigen und uneingeschränkten Zugang nach Tibet zu gewähren, unter anderem durch den UN-OHCHR und Sonderberichterstatter. China blockiere diesen Zugang konsequent und verbreite stattdessen Desinformationen, in denen der angebliche soziale Fortschritt als Rechtfertigung für seine Unterdrückungstaktiken vorgeschoben werde. Die internationale Gemeinschaft müsse diese kaum verhüllte Strategie durchschauen und auf der Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte bestehen, so Blondelle weiter. 

Anhang: Statement im Originaltext 

Item 6: UPR outcomes 

Statement delivered by Mélanie Blondelle on behalf of the Helsinki Foundation for Human Rights – Check against delivery 

Mr. President, 

Over the last two years, multiple UN human rights bodies raised alarm at the escalation of human rights violations in Tibet. This includes nearly one million Tibetan children separated from their families and forced into Mandarin dominated schools1; extensive forced labor transfer programs2; massive dislocation of the rural Tibetan population; and imprisonment of Tibetan environmental and human rights defenders3. Tibetans are routinely tortured, die in custody4, and are disappeared.5 

An unprecedented number of states offered recommendations and submitted advance questions on Tibet, demonstrating the international community’s dismay. We welcome this expression of genuine concern, which does not only acknowledge the situation on the ground, but also protects the credibility of the Human Rights Council itself. 

China’s predicted rejection of almost 70% of the 23 Tibet-specific recommendations and its listing of the remainder as ‘accepted and already implemented’, contradicts verified facts.   

Several states and the EU called on China to provide independent and unfettered access to Tibet, including by UN OHCHR and Special Rapporteurs. China consistently blocks such access, opting instead to spread disinformation alleging social progress as justification for its oppressive tactics. The international community must see through this thinly veiled strategy and insist on the universality and indivisibility of human rights.  

We also stress that Tibetans in Tibet are not able to engage freely with UN mechanisms, foremost the UPR due to the pervasive climate of fear instilled by decades long oppression.  

Despite this dire situation, options exist to achieve peaceful change. The Dalai Lama continues to pursue a path to invite dialogue and mutual understanding. The Chinese government should seize this opportunity, and the international community should press China, a Permanent Member of the UN Security Council, to fully respect the rights of the Tibetan people and to address the root causes for the conflict on the plateau. 

Tibet is a test of the UN Human Right Council’s ability to uphold universal human rights, through the UPR and beyond. It is a test it must not fail.  

Thank you.

Pressekontakt:

Telis Koukoullis
Pressereferent
Tel.: +49 (0) 30 27 87 90 86
E-Mail: telis.koukoullis(at)savetibet.de
Twitter: @savetibet

International Campaign for Tibet Deutschland e.V.
Schönhauser Allee 163
10435 Berlin
www.savetibet.de

Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.

 

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