Berlin, 21.3.2014. In einer bemerkenswerten Sitzung des UNO-Menschenrechtsrates in Genf hat die Delegation der Volksrepublik China gestern versucht, die Redefreiheit von Nichtregierungsorganisationen einzuschränken. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen, darunter die International Federation for Human Rights (FIDH), deren Mitglied die International Campaign for Tibet (ICT) ist, wollten zunächst im Rahmen ihrer Redezeit eine Schweigeminute für die vor kurzem verstorbene chinesische Menschenrechtsaktivistin Cao Shunli abhalten, was die Delegation Chinas mit Ordnungsrufen zu unterbinden versuchte. Cao Shunli wurde im vergangenen September daran gehindert, am Universellen Periodischen Überprüfungsverfahren (UPR) der Volksrepublik China beim UNO-Menschenrechtsrat teilzunehmen und daraufhin festgenommen. Cao Shunli starb am 14. März in einem Krankenhaus in Peking, nachdem ihr von den Behörden adäquate medizinische Behandlung verweigert worden war. Auf die Intervention der chinesischen Delegation folgte ein prozeduraler Schlagabtausch zwischen Mitgliedsstaaten des Menschenrechtsrates. Einige, darunter auch Deutschland, sprachen sich für die Möglichkeit einer Schweigeminute aus, andere, darunter Staaten wie Kuba, Venezuela, Russland oder Pakistan, wollten dies verhindern. Eine Entscheidung des Präsidenten des Menschenrechtsrates, die Frage später durch das Sekretariat des Rates zu lösen, wurde per Abstimmung abgelehnt, ein abschließender Entscheid durch die Mitglieder des Menschenrechtsrates während der Sitzung wurde jedoch nicht herbeigeführt.
Als die FIDH in der Folge gemäß des Verfahrens des UNO-Menschenrechtsrates eine mündliche Erklärung abgeben wollte, wurde dies erneut von Ordnungsrufen der chinesischen Delegation unterbrochen, weil die FIDH-Vertreterin in ihrer Erklärung die International Campaign for Tibet und die Organisation „Human Rights in China“ erwähnte. Der chinesische Vertreter forderte den Präsidenten des Menschenrechtsrates dazu auf, der FIDH-Vertreterin das Rederecht zu entziehen, da diese zwei Organisationen genannt habe, die nicht akkreditiert seien. Erneut folgte eine kurze Auseinandersetzung unter den Mitgliedern des Menschenrechtsrates, wobei mehrere Staaten für die Redefreiheit der FIDH-Vertreterin plädierten. Das Sekretariat entschied daraufhin, den Beitrag der FIDH-Vertreterin zuzulassen, da es andauernde Praxis des Menschenrechtsrechtsrates sei, dass akkreditierte Nichtregierungsorganisationen, darunter die FIDH, in ihren Beiträgen auch andere Nichtregierungsorganisationen nennen dürften.
Die Erklärung der FIDH, die sowohl von der International Campaign for Tibet als auch von Human Rights in China unterstützt wurde, äußerte Kritik an der Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern in China und forderte die unverzügliche Freilassung aller willkürlich inhaftierten Personen in der Volksrepublik China, einschließlich des seit Dezember 2013 in Haft sitzenden tibetischen Abtes Khenpo Kartse.
Schon an den Vortagen hatten chinesische Vertreter im Saal des Menschenrechtsrates versucht, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen einzuschüchtern. So wurden NGO-Repräsentanten entgegen der Regeln des Menschenrechtsrates demonstrativ gefilmt und fotografiert. Zudem hatte die chinesische Delegation erfolglos versucht, einen Redebeitrag der Tochter des chinesischen politischen Gefangenen Wang Bingzhang zu unterbinden, nachdem mehrere Mitgliedstaaten auf das Recht auf freie Meinungsäußerung hingewiesen hatten.
Die Sitzung endete mit Annahme des Berichtes der Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrates zum Universellen Periodischen Überprüfungsverfahren Chinas. Ähnlich wie schon während des ersten UPR im Jahre 2009, hat China die große Mehrheit menschenrechtlicher Empfehlungen in Bezug auf Tibet abgelehnt.
Kai Müller, Mitglied des UN-Advocacy-Teams der ICT sagte: „Die Vorgänge während der Sitzung des Menschenrechtsrates werfen zum wiederholten Male die Frage nach der moralischen Legitimation der chinesischen Regierung auf, als vollwertiges Mitglied des UNO-Menschenrechtsrates zu agieren. Die International Campaign for Tibet fordert den Menschenrechtsrat auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, damit sich derartige Verletzungen der Verfahrensregeln wie auch des fundamentalen Rechts auf freie Meinungsäußerung im Menschenrechtsrat nicht wiederholen.“
Die gestrige Sitzung des UNO-Menschenrechtsrates kann auf dem UNO-Web-TV angesehen werden: http://webtv.un.org/meetings-events/watch/china-upr-report-consideration-41st-meeting-25th-regular-session-human-rights-council/3369309459001
Minute 35:56: International Service for Human Rights: Schweigeminute für Cao Shunli
Minute 1:33:30: FIDH: Ordnungsruf der chinesischen Delegation
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit mehr als 20 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel, London und Berlin sowie Rechercheteams in Dharamsala, Indien.
Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.
Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.
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