Paris, Genf, 2. Oktober 2013. In einem gemeinsamen Bericht zum zweiten „Universal Periodic Review“ der Volksrepublik China beim UN-Menschenrechtsrat fordern FIDH und die International Campaign for Tibet (ICT) die chinesischen Behörden auf, ihr hartes Vorgehen gegen den tibetischen Buddhismus zu beenden. Der Bericht beleuchtet zahlreiche Verletzungen der in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegten Prinzipien als Ergebnis der seit 2008 zunehmend systematisch von der Regierung ergriffenen Maßnahmen.
Nach den überwiegend friedlichen Protesten, die Tibet im März und April 2008 überzogen haben, belegt die Welle von Selbstverbrennungen, die bis heute mehr als 120 Tibeter das Leben gekostet hat – unter ihnen Schüler, Mönche, Nonnen, junge Mütter, Bauern und Nomaden – auf besonders dramatische Weise die sich verschlechternde Lage des tibetischen Buddhismus. Viele, die sich selbst angezündet haben, versuchten eindeutig den religiösen Kontext ihrer Tat zu betonen: Manche starben mit zum Gebet gefalteten Händen, andere setzten sich neben einer Stupa (Reliquienschrein) oder einem Kloster in Brand.
„Der tibetische politische Protest ist seit Jahrzehnten trotz des stetig zunehmenden Drucks auf alle Bereiche der tibetischen Kultur und Gesellschaft friedlich. Die beispiellose Welle von Selbstverbrennungen ist mit Sicherheit das Ergebnis von Chinas enorm gesteigertem harten Durchgreifen gegen den tibetischen Buddhismus . Die jüngsten Unterdrückungsmaßnahmen kombinieren Propaganda, Umerziehung, behördliche Regulierung und Bestrafung“, sagte Vincent Metten, EU-Politikdirektor der ICT.
ICT und FIDH berichten über
– eine direkte Verbindung zwischen der durch rechtliche Maßnahmen verfolgten stärkeren staatlichen Kontrolle über den tibetischen Buddhismus und den Selbstverbrennungen.
– neue und besonders bedrückende Maßnahmen wie die Festlegung, dass Reinkarnationen „lebender Buddhas“, die nicht die Zustimmung der chinesischen Regierung erhalten, „illegal und ungültig“ sind.
– eine verstärkte Anti-Dalai-Lama-Kampagne während die chinesischen Behörden versuchen, die Loyalität gegenüber dem Dalai Lama bei den Tibetern durch Treue zum chinesischen Parteistaat zu ersetzen und so die tibetische nationale Identität zu untergraben.
– eine verstärkte Kampagne zur politischen („patriotischen“) Erziehung, die von den Klöstern auf die gesamte Gesellschaft ausgeweitet wurde.
– eine erhöhte Präsenz von Parteikadern und Regierungsangestellten in den Klöstern sowie eine verstärkte Militärpräsenz bei religiösen Festen, sofern diese erlaubt werden.
Religiöse Handlungen und Überzeugungen, die als Bedrohung der Parteiherrschaft gelten, werden kriminalisiert und mit „Separatismus“ gleichgesetzt. Dies hat bereits zur Festnahme und Inhaftierung vieler Tibeter geführt, unter ihnen Mönche und Nonnen. FIDH und ICT sind besonders besorgt um das Wohlergehen und die Sicherheit von drei höhergestellten Mönchen aus dem Kloster Drepung, die im März 2008 festgenommen wurden. Zwei von ihnen wurden in der Folge zu lebenslanger Haft verurteilt, nachdem Hunderte Mönche aus dem Kloster vom 10. März 2008 an der Spitze der friedlichen Proteste in Lhasa standen.
„Die Volksrepublik China sollte allen Tibetern, einschließlich der Mönche und Nonnen, gestatten, ihre kulturellen und religiösen Rechte ungehindert auszuüben, sie sollte ihre Politik überdenken, die die sprachlichen, religiösen und kulturellen Traditionen der Tibeter untergräbt und dadurch Leid schafft und Unruhe befördert, und sie sollte die Religions- und Glaubensfreiheit aller Menschen respektieren“, sagte Karim Lahidji, Präsident der FIDH.
Anmerkungen:
1. Der Bericht von FIDH und ICT ist online verfügbar unter http://www.tibetpolicy.eu/chinese-crackdown-on-tibetan-buddhism-a-report-published-for-the-prcs-second-universal-periodic-review/.
2. Weitere Informationen finden Sie in den ICT-Berichten “The Communist Party as Living Buddha” (http://www.savetibet.org/wp-content/uploads/2013/03/2007ReligionReport.pdf) und “Storm in the Grasslands. Self-immolations in Tibet and Chinese policy”(http://www.savetibet.org/wp-content/uploads/2013/06/storminthegrassland-FINAL-HR.pdf).
3. Weitere Informationen zu den Ereignissen im Kloster Drepung finden Sie in den ICT-Berichten “Authorities acknowledge 4,000 detentions: thousands ‘disappear’ in ongoing Lhasa crackdown; Unrest at Drepung » (http://www.savetibet.org/authorities-acknowledge-4000-detentions-thousands-disappear-in-ongoing-lhasa-crackdown-unrest-at-drepung/) und « Senior monk-scholars, with no political record, sentenced to life and 15-20 years imprisonment – crackdown continues at Drepung » (http://www.savetibet.org/senior-monk-scholars-with-no-political-record-sentenced-to-life-and-15-20-years-imprisonment-crackdown-continues-at-drepung/).
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit mehr als 20 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel, London und Berlin sowie Rechercheteams in Dharamsala, Indien, und Kathmandu, Nepal.
Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.
Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.
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