Aktuell: Tibet: Familienvater verbrennt sich aus Protest / Zahl der Selbstanzündungen steigt auf 122
Berlin, 30. September 2013. Wie tibetische Exilquellen berichten, setzte sich am Samstag, 28. September, im osttibetischen Dorf Gomang ein 40-jähriger Familienvater namens Shichung aus Protest gegen die chinesische Tibetpolitik selbst in Brand und erlag seinen Verletzungen. Als sich Tibeter um Shichungs Leichnam versammelten, richteten Polizisten ihre Schusswaffen auf die Menge. Die Dorfältesten appellierten daraufhin an alle Beteiligten, Ruhe zu bewahren. Das Dorf Gomang liegt im Tibetisch Autonomen Landkreis Ngaba (chin.: Aba) der verwaltungsmäßig zur Provinz Sichuan zählt.
Wie Mönche des nordindischen Klosters Kirti berichten, soll sich Shichung außerhalb seines Hauses in Brand gesetzt haben. Dann sei er die Straße entlang gelaufen und habe währenddessen lautstark seinen Protest gegen die chinesischen Behörden geäußert. Bevor er sich angezündet habe, so die Mönche, soll Shichung vor einem Bild des Dalai Lama eine Butterlampe entfacht haben. Wenige Tage zuvor zitieren ihn die gleichen Quellen mit dem Satz: „Die Chinesen werden uns nie in Ruhe lassen.“ Obwohl Shichungs Leichnam zunächst der lokalen Bevölkerung für die traditionellen Gebete überlassen wurde, habe die Polizei diesen dann beschlagnahmt. Die Polizeipräsenz in der Region sei erhöht worden, wachsende Spannungen werden befürchtet.
Shichung war der 122. Tibeter, der sich seit Beginn der Serie von Selbstverbrennungen in Tibet und China im Februar 2009 selbst in Brand gesetzt hat. Mehr als ein Drittel davon fanden in der Autonomen Präfektur Ngaba statt, so auch die letzte am 20. Juli, als sich ein 18-jähriger Mönch namens Kunchok Sonam vor seinem Kloster in Dzoege selbst anzündete. Zugleich gilt Ngaba als eine der Regionen, in denen die Behörden besonders hart gegen die tibetischen Proteste durchgegriffen haben. Shichung entstammte einer Familie von Bauern und arbeite als Schneider. Er verkaufte seine im traditionellen tibetischen Stil gehaltene Kleidung bei großen öffentlichen Zusammenkünften, wie sie anlässlich religiöser Feste abgehalten werden. Er hinterlässt seine Frau, eine 18-jährige Tochter und einen 14-jährigen Sohn.
Im Dorf Gomang, das nur 13 Kilometer von Ngaba entfernt liegt, dem Hauptort des gleichnamigen Landkreises, gab es in den letzten Jahren mehrere Beispiele von tibetischem Protest gegen die chinesische Politik. So brachen Mönche des örtlichen Klosters am 16. Juni 2008 die auf dem Klostergelände neu errichtete Polizeistation auf, um zu verhindern, dass die chinesische Flagge auf dem Kloster gehisst werden konnte, wie ein mittlerweile im Exil lebender Mönch aus Gomang berichtete. Im März 2009 marschierten Mönche des Klosters in Richtung Ngaba, wobei sie laut riefen, der Dalai Lama möge lange leben und Tibet frei sein, bevor sie von staatlichen Sicherheitskräften aufgehalten wurden. Wie Lobsang Tsephel, ein im Exil lebender ehemaliger Gomang-Mönch, dem Tibetischen Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) berichtete, sollen seit Juli 2010 vier Offizielle des Staatssicherheitsbüros dauerhaft im Kloster Gomang leben. Regelmäßig würden verdächtige Mönche verhaftet und verhört, manchmal nur für ein paar Tage, manchmal für zwei oder drei Monate. Seit dem harten Durchgreifen der Behörden im Jahr 2008 habe sich die Zahl der Mönche in Gomang von einst 900 auf 370 reduziert.
Einen ICT-Bericht können Sie dem Anhang dieser Nachricht entnehmen oder hier herunterladen: https://savetibet.de/fileadmin/user_upload/content/berichte/Aktuelle_Berichte/ICT_Bericht_29092013.pdf
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Kai Müller
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit mehr als 20 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel, London und Berlin sowie Rechercheteams in Dharamsala, Indien, und Kathmandu, Nepal.
Berlin, 16. März 2011. Der 21 Jahre alte tibetische Mönch Phuntsog aus dem Kloster Kirti in Ngaba (chin.: Aba) in der chinesischen Provinz Sichuan hat sich heute Morgen öffentlich angezündet und ist anschließend seinen Verletzungen erlegen. Augenzeugen in Kontakt mit tibetischen Exil-Quellen zufolge soll die Polizei die Flammen gelöscht und auf Phuntsog eingeschlagen haben. Kurz danach sei der Mönch gestorben. Die Selbstverbrennung Phuntsogs fiel zusammen mit dem dritten Jahrestag der blutigen Niederschlagung des friedlichen Protests im Kloster Kirti im Jahre 2008. Dabei waren mindestens zehn Tibeter von chinesischen Sicherheitskräften erschossen worden.

Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.

Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.

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