Pressemitteilung: Nepal übergibt tibetische Flüchtlinge an chinesische Grenztruppen/ Rückschiebung verletzt völkerrechtliche Verpflichtungen Nepals
Berlin, 27. Juli 2010. Mit scharfer Kritik reagiert die International Campaign for Tibet (ICT) auf die vor kurzem erfolgte Rückschiebung tibetischer Flüchtlinge durch nepalesische Behörden. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die nepalesische Polizei Anfang Juni drei Tibeter, eine Frau aus der tibetischen Stadt Shigatse und zwei Mönche aus dem grenznahen Kloster Korchak, denen die Flucht nach Nepal gelungen war, festgenommen und den chinesischen Grenztruppen übergeben. Quellen aus Nepal zufolge ereignete sich der Vorfall im westnepalesischen Kreis Humla. Die Flüchtlinge sollen im Polizeiposten des Dorfs Muchu festgehalten und von dort per Helikopter zur nepalesisch-tibetischen Grenze gebracht worden sein, wo sie den chinesischen Grenztruppen übergeben wurden. Offenbar standen die nepalesischen Polizisten in ständigem Kontakt mit den chinesischen Grenzern, den Helikopterflug zur Grenze soll auch ein nepalesischer Politiker begleitet haben. Während einem der Mönche inzwischen erlaubt worden sein soll, in sein Kloster zurückzukehren, befinden sich der andere Mönch und die junge Frau Berichten zufolge noch in Haft. ICT-Geschäftsführer Kai Müller ist sehr besorgt über das Schicksal der Flüchtlinge: „Mit der Unterzeichnung der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen hat sich Nepal verpflichtet, niemanden in ein Land zurückzuschicken, in dem er von Folter bedroht ist. Der Vorfall bedeutet daher eine klare Verletzung dieses so genannten Non-Refoulement-Gebotes“, so der ICT-Geschäftsführer. Immer wieder gibt es Berichte über Folter und Misshandlung von Tibetern, die aus Nepal abgeschoben werden, wie zuletzt im Menschenrechtsbericht des US-State Department von 2009, unterstrich Müller weiter. Die zwangsweise Rückschiebung der drei Flüchtlinge werfe ein bezeichnendes Licht auf den stetig wachsenden Einfluss Pekings auf die nepalesische Politik, so Kai Müller weiter: „Leider beobachten wir seit mehreren Jahren eine zunehmende Verschlechterung der Lage der tibetischen Flüchtlinge in Nepal.“ Der wachsende Einfluss Pekings auf die Regierung in Kathmandu zeige sich auch in den Beziehungen Nepals zum Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), so Kai Müller: „Bislang galt das ‚Gentlemen’s Agreement’, eine ungeschriebene Vereinbarung, der zufolge der UNHCR allen tibetischen Flüchtlingen zur sicheren Weiterreise nach Indien verhelfen dürfe. Es hat den Anschein, dass diese sukzessive aufgekündigt wird“, so der ICT-Geschäftsführer weiter. Es handelt sich bei dem Vorfall um den ersten in dieser Deutlichkeit bekannt gewordenen Fall von Rückschiebung tibetischer Flüchtlinge durch Nepal seit 2003, als in der Hauptstadt Kathmandu 18 Tibeter verhaftet und an Vertreter der Volksrepublik China übergeben worden waren, die diese dann über die Grenze nach Tibet schafften. Auszugehen ist indes davon, dass viele Fälle von Rückschiebungen aus Nepal nicht bekannt werden. Wie aus dem im Juni veröffentlichten Bericht “Dangerous Crossing” der International Campaign for Tibet hervorgeht, hat sich die Zahl der Flüchtlinge zuletzt auch aufgrund der scharfen Sicherheitsmaßnahmen an der nepalesischen Grenze verringert, von zwischen 2.500 und 3.500 Tibetern pro Jahr in der Mitte des Jahrzehnts auf deutlich unter 1.000 in den letzten beiden Jahren. Einen ausführlicheren englischsprachigen Bericht finden Sie hier.
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Kai Müller
Geschäftsführer / Executive Director
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