Berlin, 21. Februar 2012. Ein neuer Bericht der International Campaign for Tibet (ICT) liefert weitere Einzelheiten zu den beiden neuen Fällen von Selbstverbrennung am Freitag und am Sonntag. Kurz vor dem Beginn des tibetischen Neujahrsfestes Losar und dem Jahrestag des tibetischen Volksaufstands von 1959 am 10. März sind weiterhin keine Anzeichen für ein Aufweichen der harten Linie der staatlichen Behörden gegenüber Protesten oder Bekundungen tibetischer Identität zu erkennen.
Die jüngste Selbstverbrennung ereignete sich am Sonntag, 19. Februar, in der Nähe der Gemeinde Barma im osttibetischen Landkreis Dzamthang. Wie tibetische Mönche im indischen Exil mitteilten, setzte sich der 18-jährige Mönch Nangdrol selbst in Brand, während er laut rief: „Möge Seine Heiligkeit der Dalai Lama 10.000 Jahre lang leben!” und “Freiheit für Tibet!” Stattgefunden habe die Selbstverbrennung zwischen Barma und dem Kloster Jonang Dzamthang Gonchen. Die Region gehört zur Autonomen Präfektur Ngaba der Provinz Sichuan, wo sich die meisten der inzwischen 23 bestätigten Selbstverbrennungen seit Februar 2009 ereignet haben. Den Berichten zufolge starb Nangdrol an Ort und Stelle und wurde anschließend in das Kloster gebracht. Forderungen der Polizei nach Herausgabe seiner Leiche wurden demnach abschlägig beschieden, stattdessen sollen sich mehr als 1.000 Tibeter zu einer Totenwache zusammengefunden haben.
Bereits am Freitag war es im nordosttibetischen Landkreis Themchen (chin.: Tianjun) in der zur Provinz Qinghai zählenden Autonomen Präfektur Tsonub (chin.: Haixi ) erstmalig zur Selbstverbrennung eines Angehörigen der offiziellen Klosterverwaltung gekommen. Der38-jährige Mönch Damchoe Sangpo gehörte dem “Demokratischen Management Komitee” (DMC) des Klosters Bongthak an, dem von der Regierung für die tibetischen Klöster verpflichtend eingerichteten Leitungs-Gremium, wie tibetische Exilquellen berichten. Dem tibetischen Dienst von Voice of America gelang es, ein Foto von Damchoe Sangpo zu veröffentlichen. Unklar ist, ob er sich im Kloster oder in der nächsten Ansiedlung in Brand setzte. Auch was seine Motive angeht, existieren zwei verschiedene Versionen. Der ersten zufolge geschah die Selbstverbrennung aus Protest gegen das Verbot des mehrtägigen Monlam-Gebetsfestes durch die Behörden. Nach der zweiten Version zündete sich Damchoe Sangpo selbst an, um damit gegen eine rigorose „patriotische Erziehungs-Kampagne“ im Kloster zu protestieren.
Währenddessen steigen die Spannungen im Vorfeld des Jahrestages der gewaltsamen Niederschlagung des tibetischen Volksaufstands am 10. März 1959. Zahlreiche tibetische Pilger werden derzeit an verschiedenen Orten in Lhasa festgehalten, zwangsweise einer so genannten „rechtlichen Erziehung“ unterworfen und sind gezwungen, für diesen Zwangsaufenthalt Unterbringungskosten zu entrichten. Die Pilger befanden sich auf dem Heimweg vom indischen Wallfahrtsort Bodhgaya. Sie hatten dort am Kalachakra-Ritual teilgenommen und religiösen Unterweisungen des Dalai Lama beigewohnt. Ihre Zahl geht offenbar in die Hunderte.
Kurz vor Beginn des tibetischen Neujahrsfests Losar in dieser Woche haben die staatlichen Medien einen „Krieg gegen sezessionistische Sabotage“ angekündigt. Auch der KP-Sekretär der Autonomen Region Tibet (TAR), Chen Guanguo bekräftigte in einer Stellungnahme das Festhalten an der gegenwärtigen harten Linie. Berichten zufolge sollen die stattlichen Sicherheitskräfte weiter verstärkt worden sein.
Den aktuellen ICT-Bericht (engl., PDF) können Sie hier herunterladen.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit mehr als 20 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie Rechercheteams in Dharamsala, Indien, und Kathmandu, Nepal.
Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.
Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.
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