Berlin, 19. August 2014. Eine Woche nachdem chinesische Polizisten in der im osttibetischen Landkreis Sershul (chin.: Shiqu) gelegenen Ortschaft Loshu (chin.: Luoxu) das Feuer auf protestierende Tibeter eröffnet haben, verweigern die Behörden den Inhaftierten die medizinische Versorgung ihrer teils schweren Verletzungen. Berichten tibetischer Quellen mit Kontakten in die Region zufolge sollen einige der Häftlinge immer noch Geschosse im Körper tragen, die von den Ärzten nicht entfernt wurden. Ihr Zustand wird als kritisch beschrieben. Einer der Verletzten, ein 22-jähriger Mann, dessen Namen nicht bekannt ist, soll am 17. August seinen Wunden erlegen sein. Lo Palsang aus dem Dorf Shugba, der ebenfalls bei der Demonstration verhaftet worden war, habe sich gleichfalls am 17. August im Gefängnis das Leben genommen. Wie ein im indischen Exil lebender Tibeter mit Namen Demay Gyaltsen „Radio Free Asia“ mitteilte, wollte Lo Palsang damit „gegen die Folterungen durch die chinesischen Behörden protestieren“.
Wie berichtet (International Campaign for Tibet, 13. August 2014: "Ten Tibetans injured after police open fire in Kardze, Tibet", https://savetibet.de/fileadmin/user_upload/content/berichte/Aktuelle_Berichte/ICT_Bericht_13082014.pdf) hatten am 12. August zahlreiche Bewohner des Dorfes Shugba gegen die nächtliche Verhaftung des angesehenen Dorfvorstehers Wangdak protestiert. Sie waren dazu in die Ortschaft Loshu (chin.: Luoxu) gezogen, wo Wangdak festgehalten wurde. Dort hatten Angehörige der Bewaffneten Volkspolizei daraufhin Tränengas eingesetzt und das Feuer auf die Demonstranten eröffnet, von denen sie zahlreiche festnahmen. Welcher Art die verwendete Munition war, ist nicht vollständig geklärt. Jedoch erscheint es aufgrund der verfügbaren Aufnahmen von einigen der Verletzten als wahrscheinlich, dass die Polizei Gummi- oder Plastikgeschosse zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt hat, die ebenfalls schwere Verletzungen verursachen kann.
Anschließend sollen weitere Truppen in das Dorf Shugba entsandt worden sein, wo sie fast die gesamte männliche Bevölkerung verhafteten. Wie tibetische Quellen berichten, seien in dem kleinen Dorf, dessen Einwohnerzahl weniger als 1.000 Menschen betragen soll, fast nur noch Kinder, Frauen und Alte anzutreffen. Fast alle männlichen Dorfbewohner ab etwa 13 Jahren seien von den Beamten Loshu verbracht worden. Weil der Platz in der dortigen Haftanstalt nicht mehr ausgereicht habe, würden einige der Verhafteten im örtlichen Krankenhaus festgehalten, so die Quellen. Wie hoch die Gesamtzahl der Verhafteten ist, lässt sich derzeit nicht feststellen, da die chinesischen Behörden versuchen, den Informationsfluss aus der Region zu unterbinden.
Offenbar soll sich unter den Angeschossenen auch Kunga Sherab, der Sohn des Dorfvorstehers Wangdak, befinden. Vermutlich ebenfalls inhaftiert wurden auch der stellvertretende Dorfvorsteher Wangchen und Karma Rinchen, der Gesangsmeister des Klosters Miru.
Einen englischsprachigen ICT-Bericht können Sie hier herunterladen: https://savetibet.de/fileadmin/user_upload/content/berichte/Aktuelle_Berichte/ICT_Bericht_18082014.pdf.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit mehr als 20 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel, London und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.
Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.
Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.
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