Pressemitteilung: Bekannter tibetischer Autor Tagyal aus der Haft entlassen – Verfahren läuft weiter
Berlin, 18. Oktober 2010. Der bekannte tibetische Autor Tagyal ist nach Aussagen seines Anwaltes Li Fangping am 14. Oktober auf Kaution und auf Bewährung aus der Haft entlassen worden. Das Verfahren gegen ihn wird indes offenbar weitergeführt. Dies teilt die International Campaign for Tibet (ICT) in einem neuen Bericht vom 15. Oktober 2010 mit. Tagyal (auch „Tragyal“, Künstlername „Shogdung“) wurde am 23. April 2010 in seiner Wohnung in Xining festgenommen, nachdem er das Buch „Zwischen Himmel und Erde unterscheiden: Über die friedliche Revolution im Jahr der Erd-Ratte“ geschrieben hatte. In dem Buch kritisiert Tagyal die chinesische Politik in Tibet scharf und beschreibt sein Heimatland als „Ort des Schreckens“. Tagyal analysiert die Ereignisse aus dem Jahr 2008 detailliert und wertet sie als Ausdruck neuen tibetischen Bewusstseins und Solidarität. Die Festnahme Tagyals ist Teil des seit 2008 offenbar systematischen Vorgehens der chinesischen Behörden gegen Intellektuelle, Künstler oder Publizisten in Tibet.
Wie die tibetische Autorin und Bloggerin Woeser unter Berufung auf Tagyals Anwalt Li Fangping berichtet, habe Tagyal nach Hause gehen können, befinde sich aber unter „qubao houshen“ (chin.: 取保候审), einer Form der Bewährung unter Kaution. Typischerweise können die Behörden unter „qubao houshen“ bestimmen, wen der Betroffene treffen und mit wem er kommunizieren kann. Daneben kann die Bewegungsfreiheit des Betroffenen eingeschränkt werden. Werden diese Auflagen verletzt, so kann die Inhaftnahme angeordnet werden.
Berichten zufolge wird Tagyals inzwischen verbotenes Buch in Tibet unter der Hand viel gelesen und weitergegeben. Der Autor war vermutlich im Haftzentrum Nr. 1 von Xining festgehalten worden. Im August war bekannt geworden, dass sein Prozess, in dem ihm die „Spaltung des Landes“ vorgeworfen wird, verschoben würde (siehe ICT-Bericht vom 12. August 2010: “Trial delayed for Tibetan writer imprisoned for critique of Chinese policies, expression of Tibetan identity”). Tagyals Festnahme war von besonderer Bedeutung, weil er zuvor von vielen Tibetern als „offizieller Intellektueller“ und bekannter Publizist dem Regierungslager zugerechnet worden war.
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