Berlin, 15. März 2019. Im Rahmen des Länderprüfverfahrens („Universal Periodic Review“ – UPR) befasst sich der UN-Menschenrechtsrat in Genf am heutigen Freitag mit der Lage der Menschenrechte in der Volksrepublik China. Staatenvertreter hatten der Regierung in Peking dazu mehr als 350 Handlungsempfehlungen gemacht. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist die chinesische Reaktion darauf „absolut inakzeptabel“, Peking verleugne rundweg die anhaltende Menschenrechtskrise in Tibet und anderen Regionen. Darüber hinaus stelle das Verhalten Chinas in Genf nicht nur eine Bedrohung für die Tibeter dar, sondern gefährde internationale Menschenrechtsprinzipien, so ICT.
Die Vertreter Pekings hatten in Genf nur diejenigen Handlungsempfehlungen seitens anderer Staatenvertreter akzeptiert, die die chinesische Politik lobten und der Regierung einen Persilschein ausstellten. Jegliche Kritik an mangelnder Rechtsstaatlichkeit, an der nicht vorhandenen Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie an Pekings gravierenden Verletzungen der Religionsfreiheit wurden hingegen rundweg zurückgewiesen. Auch der Wunsch nach freiem Zugang zu Regionen wie Tibet oder der Uigurenprovinz Xinjiang (Ost-Turkestan) für UN-Menschenrechtsexperten wurde abgelehnt.
Zynischerweise erklärten die chinesischen Vertreter sogar, sie akzeptierten die Handlungsempfehlungen zur Religionsfreiheit, da sie diese ja bereits umgesetzt hätten. In den Ohren der Opfer von Pekings Politik müsse dies wie blanker Hohn klingen, hätten sich doch gerade in Tibet in den vergangenen zehn Jahren mehr als 150 Menschen selbst angezündet, um gegen die Verletzung ihrer religiösen, kulturellen und politischen Rechte zu protestieren, so ICT.
„Es ist blanker Zynismus, der aus den Worten der chinesischen Funktionäre spricht“, sagte dazu Kai Müller, bei ICT zuständig für die Arbeit zu den Vereinten Nationen. „Wenn hier gesagt wird, dass in der Volksrepublik China ‚alle Bürger vor dem Gesetz gleich‘ seien, hat das offensichtlich nichts mit der Wahrheit zu tun“, so Müller weiter, der beispielhaft an den tibetischen Menschenrechtsverteidiger Tashi Wangchuk erinnerte. Wangchuck muss derzeit eine langjährige Haftstrafe verbüßen, weil er sich friedlich für die Bewahrung der tibetischen Sprache eingesetzt hatte. Folter und Misshandlung seien in Tibet weit verbreitet, unabhängige zivilgesellschaftliche Arbeit außerhalb staatlicher Kontrolle sei praktisch unmöglich. Tibeter sähen sich zu passiven Empfängern staatlicher Almosen degradiert, denen keinerlei Mitsprache bei der Entwicklung ihrer Heimat eingeräumt werde.
Bei einer Tibet-Veranstaltung am Rande der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats wurde einmal mehr deutlich, mit welcher Grundhaltung Pekings Vertreter auf der Weltbühne agieren. Ein chinesischer Diplomat versuchte, durch anhaltende Zwischenrufe den auf dem Podium sitzenden Exiltibetern, unter ihnen der langjährige politische Gefangene und Menschenrechtsverteidiger Dhondup Wangchen, das Wort abzuschneiden. Nur durch das Hinzuziehen des UN-Ordnungsdienstes konnte der Vertreter Pekings zum Aufhören gebracht werden.
ICT ist besorgt angesichts der offensichtlichen Missachtung, die die chinesische Regierung gegenüber grundlegenden Menschenrechtsprinzipien, wie etwa der universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte an den Tag legt. Die internationale Gemeinschaft müsse China für seine ungerechte Politik in Tibet und die dort stattfindenden Menschenrechtsverletzungen in die Verantwortung nehmen.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.