Berlin, 15. Februar 2019. Ein Bericht der chinesischen Staatsmedien vom 22. Januar hat die Eröffnung eines neuen „politischen Schulungslagers“ für Mitglieder der Kommunistischen Partei angekündigt. In der sich in der Nähe der Stadt Shigatse (chin.: Rikaze, „Autonome Region Tibet“) befindenden Einrichtung sollen demnach Parteikader geschult werden, die u.a. seit 2011 zu Tausenden in tibetischen Klöstern, Schulen und Privathäusern Regierungspropaganda betreiben. Der Bericht der Staatsmedien betont, es sei wichtig, das Denken der KP-Mitglieder zu „korrigieren“ und zu formen. Die Kader müssten ihre Grundhaltung ändern, sie dürften nicht nur oberflächlich die Slogans der KP verinnerlichen, sondern sollten einen kompletten ideologischen Wandel erreichen.
Die International Campaign for Tibet (ICT) zeigt sich besorgt über die neue Qualität der Indoktrination von Parteikadern, die in derartigen „Schulungslagern“ einer noch stärkeren Beeinflussung und „patriotischer Erziehung“ unterzogen werden sollen. Gleichzeitig sei die Einrichtung eines Lagers offensichtlich Ausdruck sowohl des umfassenden Kontrollanspruchs der KP, als auch eines tiefen Misstrauens in die Zuverlässigkeit offenbar tibetischer Parteikader, so ICT. Erst vor Kurzem hatte die „Global Times“, das auf Englisch erscheinende Propagandasprachrohr der KP, berichtet, dass in Tibet drei KP-Funktionäre aus der Partei ausgeschlossen worden seien, weil sie nicht näher spezifizierte „verbotene Objekte“ verehrt hätten, bei denen es sich möglicherweise um buddhistische Kultobjekte oder Bilder des Dalai Lama handelte.
Zu den täglichen Aktivitäten im Lager werde das Hissen der roten KP-Fahne und das Absingen der chinesischen Nationalhymne gehören, heißt es in dem Bericht weiter. Die Einrichtung solle ein Zentrum des sogenannten „Anti-Sezessions-Kampfes“ sein. Unterstrichen wird der repressive Charakter des Lagers durch die dort angestrebte „paramilitärische“ Disziplin sowie die Betonung des Strafmittels der „Selbstkritik“ und der Notwendigkeit, das „Denken der Menschen zu korrigieren“. Damit folgt das „Schulungsprogramm“ der Richtung der Kampagnen der „politischen Umerziehung“, die in den vergangenen Jahren in ganz Tibet stark ausgeweitet wurden.
Ein weiteres Beispiel für den Versuch der chinesischen Führung, den Prozess der „politischen Umerziehung“ zu institutionalisieren ist der Bau eines großen „Tibet Jugendpalasts“, der im Mai 2019 in Lhasa eröffnet werden soll. In einem offiziellen Medienbericht heißt es, der „Jugendpalast“ werde ein wichtiger Ort sein für außerschulische Aktivitäten, die Pflege der traditionellen Kultur und die „Stärkung der patriotischen Erziehung“. Dass die Betonung der „traditionellen Kultur“ in Wahrheit exakt das Gegenteil bedeutet, lässt sich an der zunehmenden Kriminalisierung jeglichen Ausdrucks authentischer tibetischer Kultur ablesen, die in den vergangenen Jahren zu beobachten ist. Tatsächlich unternehmen die chinesischen Behörden in Tibet große Anstrengungen, die freie Ausübung des tibetischen Buddhismus zu unterminieren und zugleich zu „sinisieren“.
Lesen Sie dazu auch unseren Bericht „New training camp for Party cadres in Tibet demonstrates tougher approach and challenges in ensuring loyalty.“
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