Berlin, 14. Juli 2015. Der einflussreiche und angesehene tibetische Lama Tenzin Delek Rinpoche ist am Sonntag unter ungeklärten Umständen in einem chinesischen Gefängnis gestorben, wo er seit mehr als zwölf Jahren eine lebenslange Haftstrafe verbüßte. Tenzin Delek Rinpoche galt als einer der bekanntesten Fälle politischer Gefangener in Tibet. Menschenrechtsgruppen, aber auch eine Reihe westlicher Regierungen hatten wiederholt seine Freilassung gefordert. Die Umstände von Tenzin Delek Rinpoches Verurteilung waren äußerst zweifelhaft gewesen, auch hatte es seit langem Befürchtungen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes gegeben. Nach dem einzigen Besuch, der seinen Angehörigen in beinahe 13 Jahren der Haft gestattet worden war, hatten Familienmitglieder im Jahr 2013 von Herzproblemen berichtet. Zudem habe Tenzin Delek Rinpoche unter häufiger Bewusstlosigkeit und unkontrollierbaren Zuckungen gelitten. Ob der bei seinem Tod 64-Jährige im Gefängnis medizinisch versorgt wurde, ist unbekannt.
Als sich die Nachricht von Tenzin Delek Rinpoches Tod verbreitete, versammelten sich in seiner südosttibetischen Heimatregion spontan Hunderte Tibeter und verlangten nach der Herausgabe des Leichnams, um diesen in seinem Kloster gemäß den buddhistischen Riten bestatten zu können. Die Menschenmenge im Landkreis Nyagchuka (chin.: Yajiang) forderte außerdem Aufklärung über die Umstände von Tenzin Delek Rinpoches Tod. Die chinesischen Behörden reagierten darauf mit Verstärkung ihrer Truppenpräsenz und errichteten Kontrollposten an wichtigen Durchgangsstraßen. Wie tibetische Exilquellen berichten, wurden auch die Kommunikationswege in die Region unterbrochen.
Geshe Nyima, ein in Indien lebender Verwandter Tenzin Delek Rinpoches, sprach von einem „unglaublichen Verlust für das gesamte tibetische Volk", das seinen „Einsatz für die Erziehung, den Schutz der Religion und der Umwelt“ gewürdigt habe. Tenzin Delek Rinpoche sei ein unschuldiger Mönch gewesen, der „13 Jahre ungerechtfertigter Haft, Folter und Misshandlung in einem chinesischen Gefängnis“ erlitten habe, nur weil er sich „für die Rechte und das Wohl seines Volkes“ eingesetzt und seiner Verehrung des Dalai Lama Ausdruck verliehen habe. Geshe Nyima weiter: „Unsere einzige Forderung an die chinesischen Behörden ist es, seinen Leichnam an sein Kloster und seine Heimat zu übergeben.“ Vor seiner Verhaftung im Jahr 2002 hatte Tenzin Delek Rinpoche Schulen für Nomadenkinder und Altenheime gegründet. Gemeinsam mit Behördenvertretern hatte er sich für den Schutz der Wälder eingesetzt und war bekannt für seine Bemühungen um den Erhalt der tibetischen Kultur. Er genoß hohes Ansehen nicht nur unter Tibetern sondern auch unter chinesischen Buddhisten.
ICT-Geschäftsführer Kai Müller sagte zum Tod von Tenzin Delek Rinpoche: „Die schockierende Nachricht von Tenzin Delek Rinpoches Tod wirft ernste Fragen auf. Obwohl sich Menschen aus aller Welt, aber auch Regierungen, für seine Freilassung eingesetzt hatten, obwohl längst bekannt war, dass sich seine Gesundheit in einem bedrohlichen Zustand befand, haben sich die chinesischen Behörden geweigert, ihn aus dem Gefängnis zu entlassen, in dem er nun seinen Tod fand.“ Der ICT-Geschäftsführer weiter: „Wir fordern nun Regierungen und die Vereinten Nationen dazu auf, von China eine ordentliche Untersuchung der Todesumstände von Tenzin Delek Rinpoche zu verlangen, wie sie in solchen Fällen im chinesischen Recht vorgesehen ist. Nicht zuletzt sollte Tenzin Delek Rinpoches Leichnam unverzüglich an seine Familie und sein Kloster übergeben werden“, so Kai Müller.
Weitere Informationen, insbesondere Details zu dem Verfahren, das zu Tenzin Delek Rinpoches Verurteilung führte, können Sie unserem Bericht „Death in prison of revered Tibetan religious leader: armed forces deployed as Tibetans express their grief“ entnehmen.
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Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.
Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.
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