Berlin, 13.2.2020. Zwei Abkommen zwischen den Regierungen Nepals und Chinas, die während des Nepalbesuchs von Präsident Xi Jinping im vergangenen Oktober unterzeichnet wurden, stellen eine ernste Bedrohung für die rund 20.000 in Nepal lebenden Tibeter und nach Nepal flüchtende Tibeter dar. Beide Abkommen, deren Inhalt jetzt bekannt geworden ist, treten nach Ratifizierung durch das nepalesische Parlament in Kraft und ebnen den Weg für massive Einflussnahme Chinas auf Nepal. Die Vereinbarung über ein „Grenzmanagementsystem“ verpflichtet beide Seiten zur Rückführung von „Personen, die beim illegalen Grenzübertritt aufgegriffen wurden“, innerhalb von sieben Tagen. Dies könnte dazu führen, dass Tibeter, die versuchten, nach Nepal zu fliehen, nach China zurückgeschoben werden, wo ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht.
Das zweite Abkommen, das gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen regelt, erhöht die Risiken speziell für jene Tibeter, die ihre politischen Ansichten oder ihre kulturelle Identität öffentlich zum Ausdruck bringen. So könnten Tibeter nach dem Abkommen etwa festgenommen und an China überstellt werden, beispielsweise wenn sie als Zeugen in einem Strafverfahren gehört werden sollen. Angesichts von Chinas enormem Einfluss auf Nepal besteht die begründete Sorge, dass Nepal chinesischen Begehrlichkeiten nachkommt und Tibeter überstellt, auch ohne Zusicherung rechtsstaatlicher Verfahren und Schutz der Rechte der betroffenen Personen. Bisher sorgte ein „Gentlemen’s Agreement“ zwischen der nepalesischen Regierung und dem Hochkommissar für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) dafür, dass Tibeter, die aus ihrer Heimat fliehen, über Nepal sicher nach Indien gelangen können. Insbesondere seit dem Nepalbesuch Xi Jinpings in Oktober 2019 besteht jedoch die Befürchtung, dass Nepal und China ein Auslieferungsabkommen unterzeichnen könnten, das eine ernsthafte Gefahr für die seit Langem in Nepal lebenden Tibeter darstellen würde. Tibeter könnten dann gezielt verhaftet und nach Tibet gebracht werden, so die Sorge, die auch von ICT geteilt wird.
„Die Umsetzung der beiden Abkommen zwischen Nepal und China würde einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht zur Folge haben, etwa wenn Nepal beginnt, tibetische Flüchtlinge nach Tibet zurückzuschieben“, sagte Kai Müller, Geschäftsführer von ICT Deutschland: „Sollten Nepal und China überdies ein Auslieferungsabkommen vereinbaren, bestünde für tausende Tibeter die Gefahr, unter Missachtung des „Non Refoulement“-Prinzips nach China ausgeliefert zu werden.“
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.