Tibet-Politik

Aktuell: Sorge um Sicherheit eines inhaftierten Tibeters nach Treffen mit UN-Sonderberichterstatter
11. Dezember 2006
Berichte über Misshandlungen und Isolationshaft nach seinem Gespräch mit dem UN-Sonderberichterstatter für Folter Nowak im November 2005 haben zu großer Sorge über die Sicherheit und den Gesundheitszustand des politischen Gefangenen und früheren Mönchs Jigme Gyatso geführt.
Jigme Gyatso, der aufgrund des Vorwurfs "konter- revolutionärer Handlungen" und „der Anstiftung zur Spaltung des Landes“ zu 18 Jahren Haft verurteilt worden war, war in diesem Jahr schon mehrere Wochen im Krankenhaus und ist aufgrund einer Beinverletzung nicht fähig, beschwerdefrei zu gehen. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, der ihn während eines offiziellen Besuches im Chusur-Gefängnis am 27. November 2005 getroffen und seine Freilassung gefordert hatte, wurde von ICT über die Sorge um Gyatsos Gesundsheitszustand und seine Haftbedingungen informiert.
Der 45-jährige Jigme Gyatso, ein ehemaliger Mönch aus der autonomen Präfektur Kanlho in der Provinz Gansu, war laut offiziellem Verurteilungsdokument, das ICT im chinesischen Original vorliegt, am 23. November 1996 aufgrund des "Anführens einer konterrevolutionären Gruppe“ zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Jigme Gyatso erklärte gegenüber dem UN-Sonderberichterstatter für Folter, dass im Mai 2004 eine Haftverlängerung von zwei Jahren ausgesprochen wurde, nachdem er im Drapchi-Gefängnis laut "lang lebe der Dalai Lama“ gerufen hatte. Die in San Francisco ansässige Organisation "Dui Hua" wurde allerdings von offiziellen Quellen darüber in Kenntnis gesetzt, dass es sich um eine dreijährige Haftverlängerung handele. Das Datum der Haftentlassung für Jigme Gyatso wäre somit der 30. März 2014.
Jigme Gyatso erhielt die längste Haftstrafe in einer Gruppe von vier Tibetern, die verschiedene Aktionen des friedliche Widerstandes durchführten. Sie hissten z.B. die tibetische Fahne im Kloster Ganden oder diskutierten über die Unabhängigkeit Tibets. Die Urteilsschrift des Mittleren Volksgerichts in Lhasa verdeutlicht, dass Jigme Gyatso für den Anführer der Gruppe gehalten wurde, der „systematisch und vorsätzlich eine illegale konterrevolutionäre Organisation gegründet hat, die die soziale Ordnung ernsthaft geschädigt hat". Zum Zeitpunkt seiner Festnahme im März 1996 betrieb Gyatso nach seinem Studium im Kloster Ganden ein Restaurant in Lhasa.
Während seiner Inhaftierung musste Jigme Gyatso schwere Mißhandlungen über sich ergehen lassen. Im Jahre 1997 wurde er so stark geschlagen, dass er sich mehrere Tage nicht mehr bewegen konnte. Er teilte dem UN-Sonderberichterstatter für Folter am 28. November des letzten Jahres mit, dass die Haftbedingungen im Gefängnis in Chusur wesentlich schlechter seien als die in Drapchi. Er sagte, dass dort das Essen besser sei, dass die Zellen besser beleuchtet und belüftet würden und dass die Temperaturunterschiede im Sommer und Winter nicht so extrem zu spüren seien. Nach diesem Gespräch wurde Jigme Gyatso für einige Zeit in Einzelhaft verlegt und schwer misshandelt.
Der Fall Jigme Gyatsos wurde im September 2004 bei einem Besuch der UN Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen in Lhasa angesprochen. Sie stellte fest, dass es sich bei dem Fall Jigme Gyatsos um eine willkürliche Inhaftierung handele, die die Artikel 19 und 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verletzt, derzufolge "alle Menschen das Recht haben, sich friedlich zu versammeln und zu Vereinigungen zusammenzuschließen.".
Im Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Folter, Dr. Manfred Nowak, vom 10. März über seine Chinareise heißt es: "Da Jigme Gyatso für politische Delikte angeklagt wurde und Aussagen wahrscheinlich durch Folter erzwungen worden waren, setzt sich der UN-Sonderberichterstatter bei der chinesischen Regierung für seine Freilassung ein.“
Jigme Gyatso wurde im Alter von 21 Jahren Mönch im Labrang Tashikhyil Kloster in der Provinz Gansu und besuchte später das Kloster Ganden in Lhasa. Mitte der 80er Jahre reiste er nach Indien und studierte einige Jahre im Kloster Drepung in Südindien.
Bei seiner anschließenden Rückkehr nach Tibet wurde er das erste Mal im März 1996 aufgrund des Verdachtes politischer Aktivitäten inhaftiert und in der Haftanstalt Gutsa in Lhasa vor der Urteilsverkündung festgehalten. Ein Freund von Jigme Gyatso, der derzeit im Exil lebt, berichtete ICT: " Jigme Gyatso wurde in Gutsa sehr schwer gefoltert. Er war der einzige in einer Gruppe von 17 Gefangenen, die zeitgleich in Gutsa inhaftiert waren, der in einen Dunkelraum gesperrt wurde.“ Die gleiche Quelle bezeugte, dass es Jigme Gyatso während der ersten Inhaftierung gelungen ist, einen langen Brief aus dem Gefängnis zu schmuggeln, in welchem er schreibt, dass er eine lange Haftstrafe bekommen werde, aber dass er nichts bedauere. In diesem Brief verweist er auf die lange Haftstrafe des 10. Panchen Lama und andere Inhaftierte, die sich für die Freiheit eingesetzt haben, darunter Nelson Mandela. Als Gefängniswärter bemerkten, dass Jigme Gyatso den Brief aus dem Gefängnis geschmuggelt hatte, wurde er erneut geschlagen.
Im September 1997 verhörten ihn Sicherheitsbeamte aus seiner Heimatgegend. Sie misshandelten Jigme Gyatso so schwer, dass er Berichten zufolge tagelang unfähig war, sich zu bewegen. Zudem wurde er zusammen mit anderen politischen Gefangenen in Drapchi gefoltert, als nach einem Besuch einer Delegation von EU-Botschaftern aus Missionen in Peking im Mai 1998 ein Protest ausbrach. Es wurde berichtet, dass sich Jigme Gyatso als Folge der Proteste am 1. und am 4.Mai 1998 Kopfverletzungen zugezogen hat.
Jigme Gyatsos letzte Haftverlängerung wurde ihm im März 2004 auferlegt, als er „Lang lebe der Dalai Lama“ rief. Man schlug ihn deshalb sogar mit elektrischen Schlagstöcken. Der UN Sonderberichterstatter für Folter erklärt: „Er wurde auf den Rücken und auf der Brust mit elektrischen Schlagstöcken geschlagen bis der Polizeipräsident kam und es stoppte.“
Dr. Nowak war der erste internationale Beobachter, der das Gefängnis besuchte, in dem Jigme Gyatso und andere tibetische politische Gefangene festgehalten werden. Das Gefängnis befindet sich im Kreis Chusur, in der Nähe von Nyethang (chinesisch: Nidang) auf der Straße südlich von Lhasa, die nach Shigatse führt. Dr. Nowak erklärte, dass in diesem Gefängnis, wie auch in anderen „ein fühlbarer Zustand der Angst und der Selbstzensur“ zu spüren war.
Der mittlerweile im Exil lebende Tibeter, der über Jigme Gyatsos berichtete, äußerte sich besorgt über den Zustand seines Freundes. Er sagte: „Er ist eine aufrichtige, offene Person, die sich sehr für das tibetische Volk einsetzt.“
Um die vollständige Urteilsschrift in englischer Sprache zu lesen, klicken Sie bitte hier.

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