Tibet-Politik

NEPAL / TIBET: Erster Linienbus am höchsten Punkt der Erde – Für Tibeter kaum Grund zur Freude

Von Akhilesh Upadhyay, IPS
9. Mai 2005
Katmandu, 6. Mai (IPS) – Auf dem höchsten Punkt der Erde, dem Himalaja-Bergmassiv, haben Nepal und das von China-kontrollierte Tibet mit der Eröffnung einer gemeinsamen Buslinie zwischen Katmandu und Lhasa Geschichte geschrieben: Tibet öffnete die Türen seiner einst verbotenen Hauptstadt für die Bewohner Nepals des Nachbarlands. Umgekehrt ist es für Tibeter weiterhin schwierig, das Land zu verlassen.
Am frühen Morgen des 1. Mai ist der staatseigene ‚Sajha-Yatayat‘-Luxusbus unter dem rauschenden Beifall zahlloser Zuschauer mit 40 Passagieren in Richtung Lhasa gestartet. Die 945 Kilometer lange Reise führt für 70 US-Dollar quer über den Himalaja. Auf der ‚Arniko‘-Schnellstraße, die Katmandu mit Lhasa verbindet, benötigt der speziell von DaimlerChrysler und der chinesischen Firma Yaxing gebaute Bus, der zwei Fernseher, einen Wasserfilter und geräumige Sitze hat, rund dreißig Stunden bis zu seinem Ziel. Vor der ersten Tour war eine Flut von Buchungsanfragen beim Betreiber aufgelaufen.
"Ich bin sehr aufgeregt", sagte der nepalesische Geschäftsmann Sudarshan Karki zu IPS und grinste über beide Ohren. "Die Beziehungen zwischen Nepal und Tibet werden endlich anerkannt."
Bisher waren die beiden Städte nur durch die Luftfahrtgesellschaft Air China verbunden. Doch Flüge sind kostspielig und nur in sechs Monaten des Jahres möglich, weil die enorme Höhe und Wetterschwankungen das Fliegen sonst zu gefährlich machen. Dem neuen Trans-Himalaja-Express kommt noch die baldige Fertigstellung der China-Lhasa-Eisenbahnlinie zugute, denn damit wachsen Nepals Aussichten als wichtige Transitroute für den Handel zwischen Indien und China. Nepals und Tibets Geschäftsbeziehungen bestehen seit Jahrhunderten. Die Bergpässe dienten früher als wichtige Handelswege für Salz. Die Händler aus Tibet brachten das Salz aus Salzseen mithilfe von Yaks durch den Himalaja. Sobald sie in wärmere Gefilde kamen, trugen Maulesel die wertvollen Kristalle in nepalesische Siedlungen weiter. Im Austausch bekamen die Händler Getreide und andere Nahrungsmittel, die es auf der tibetischen Hochebene nicht gab. Der Handel konnte im ganzen Jahr mit Ausnahme des Winters stattfinden, wenn die Pässe im Schnee versanken.
Tourismus hofft auf Aufschwung
Der moderne Handel zwischen Nepal und Tibet basiert auf einem internationalen Tauschhandelsabkommen. 1992 stimmten beide Seiten auch der Förderung des Bargeldverkehrs zu. Die ‚Rastra Bank‘ aus Nepal und die ‚People’s Bank of China‘ in Tibet unterzeichneten in dem Jahr ein entsprechendes Abkommen. Auch Touristikunternehmen auf beiden Seiten des Himalajas freuen sich über die neue Busroute am höchsten Punkt der Erde. "Man könnte sie noch am ehesten mit der Romantik der transsibirischen Eisenbahn vergleichen", sagt der Unternehmer Pemba Sherpa. "Es ist eine großartige Erfahrung, erst durch den Himalaja und dann das bitterkalte tibetische Hochland zu reisen, das sich nur im Sommer erwärmt."
Der Fotojournalist Bikash Rauniar reiste vor vier Jahren nach Tibet und erinnert sich, wie lang diese Reise dauerte. "Wir mussten drei Mal übernachten, bevor wir in Lhasa ankamen", erzählt er. "In den tibetischen Siedlungen herrschte akuter Wassermangel, die ganze Reise war extrem ermüdend." Dennoch hätten sich die Strapazen gelohnt, weil es so viel zu sehen gab. "Es war seltsam – von der nepalesischen Seite aus sieht der Himalaja so hoch aus. In Tibet sind die Berge auf Augenhöhe." Die chinesischen Kommunisten fielen 1949 in Tibet ein und annektierten es. Nach der illegalen Vereinnahmung verliehen sie Tibet den irreführenden Status einer ‚autonomen Region‘. Seit der brutalen Invasion sind mehr als eine Million Tibeter umgekommen. Wie viele für ‚Verbrechen‘ wie den friedlichen Protest gegen China im Gefängnis sitzen, weiß niemand. Die Bevölkerung Tibets revoltierte 1959 gegen die chinesischen Besatzer. Das führte zum Massenmord an unschuldigen Tibetern. Darunter hunderte, die über den Himalaja nach Nepal oder Indien fliehen wollten.
Tibeter bekommen kaum noch Pässe
Seit der Stärkung der Handelsbeziehungen zwischen Katmandu und Peking erkennt die nepalesische Regierung keine Flüchtlinge mehr an, die nach dem Dezember 1989 aus Tibet geflohen sind. Tibeter, die jetzt in Nepal ankommen, werden wie Illegale behandelt, wenn sie kein Visum besitzen, und zur Rückkehr gezwungen.
Menschenrechtsorganisationen berichten, dass insbesondere Tibeter aus Lhasa und dem Zentrum des Landes in den vergangenen Jahren zunehmend Schwierigkeiten haben, einen Pass zu bekommen. Dafür brauchen sie gute Beziehungen zu den Behörden oder müssen Bestechungsgelder zahlen.
Ein Tibeter aus Lhasa, der jetzt im Exil lebt, berichtete dem Londoner ‚Tibetan Information Network‘: "Bei allen Bewerbern auf Pässe wird ihr persönlicher Hintergrund und ihre Loyalität zu China kontrolliert. Wenn ein Familienmitglied sich für die Unabhängigkeit Tibets einsetzt, reicht das aus, der ganzen Familie Probleme zu machen."
Als Tibeter mit indischem oder nepalesischem Pass solle man daher sich zwei Mal überlegen, ob man den neuen Bus nach Lhasa nehme, warnt er. "So weit ich weiß, definiert China uns als Chinesen in Übersee und könnte unseren Besuch sehr wohl als Rückkehr in die Heimat werten", sagt der Tibeter, der sich Champa nennt. "Ob man dann die Erlaubnis bekommt, wieder aus China hinauszukommen, ist die Frage."
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