Chinas erstes Antiterror-Gesetz grob rechtsstaatswidrig / ICT: „Gummiparagraphen geben Sicherheitskräften weitreichende Vollmachten“ / Kontraproduktiv für Frieden in Tibet
Berlin, 8. Januar 2016. China hat trotz internationaler Kritik in den letzten Tagen des Jahres 2015 sein erstes so genanntes Antiterror-Gesetz in Kraft gesetzt. Am 27. Dezember verabschiedete der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses das Gesetz, das den Behörden weitreichende Vollmachten gewährt und zukünftig dazu dienen dürfte, im Namen der nationalen Sicherheit ein hartes Vorgehen gegen Tibeter, Uiguren und die Zivilgesellschaft zu rechtfertigen sowie die Religions- und Meinungsfreiheit weiter zu untergraben. Aus Sicht der International Campaign for Tibet (ICT) setzt die chinesische Führung damit ihre repressive und kontraproduktive Politik in Tibet und auch in der Uigurenregion Xinjiang (Ost-Turkestan) fort, deren Kennzeichen extralegale Hinrichtungen, Folter und Inhaftierung sowie die Unterdrückung auch moderaten Ausdrucks religiöser und kultureller Identität sind. Trotz des völligen Fehlens einer gewaltsamen Aufstandsbewegung werde unter dem Etikett einer stark politisch konnotierten „Terrorbekämpfung“ die Militarisierung Tibets weiter vorangetrieben, so ICT. Besonders besorgniserregend sind die weiten und ungenauen Begriffsdefinitionen in dem Gesetz, etwa von "Terrorismus" oder "Extremismus". Das Gesetz erlaubt ferner unter anderem eine zeitlich unbegrenzte "Erziehungsunterbringung" von Straftätern, die nach Ableistung von Haftstrafen eine "Gefahr für die Gesellschaft" darstellen, Hausarrest von Verdächtigen oder die Verfolgung von "verzerrender Darstellung von Regierungspolitik", wobei eine gerichtliche Kontrolle dieser Maßnahmen entweder nur in rudimentärer Form oder überhaupt nicht vorgesehen ist.
ICT-Geschäftsführer Kai Müller sagte dazu: „Die in dem neuen Gesetz vorgesehenen weitreichenden, eindeutig rechtsstaatswidrigen Maßnahmen sind nicht alleine gegen Terrorismus gerichtet. Vielmehr bieten sie den Behörden die Möglichkeit, die Kritiker der KP und insbesondere ihrer Politik gegenüber den Tibetern oder den Uiguren zum Schweigen zu bringen. Ohne Zweifel hat China das Recht, seine Bürger zu schützen, doch dieses Gesetz liefert den Vorwand, die Verfolgung auch friedlichen Protests zu legitimieren und führt damit die völlig kontraproduktive Politik in Tibet und Xinjiang fort. Denn es ist gerade die Militarisierung dieser Regionen, die zusammen mit anhaltenden schweren Menschenrechtsverletzungen erst zu den beklagten Spannungen führt und nicht umgekehrt. Frieden und Stabilität kann insbesondere in Tibet nicht dadurch entstehen, dass man etwa politische Kampagnen gegen den Dalai Lama führt, der seinerseits eine friedliche Lösung der Tibet-Frage anstrebt“, so ICT-Geschäftsführer Müller.
Ein umfassender englischsprachiger Bericht der International Campaign for Tibet vom 7. Januar 2016 über das neue Gesetz ("China’s first counter-terror law and its implications for Tibet") kann hier eingesehen werden: www.bit.ly/1mHpxhr.
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Berlin, 16. März 2011. Der 21 Jahre alte tibetische Mönch Phuntsog aus dem Kloster Kirti in Ngaba (chin.: Aba) in der chinesischen Provinz Sichuan hat sich heute Morgen öffentlich angezündet und ist anschließend seinen Verletzungen erlegen. Augenzeugen in Kontakt mit tibetischen Exil-Quellen zufolge soll die Polizei die Flammen gelöscht und auf Phuntsog eingeschlagen haben. Kurz danach sei der Mönch gestorben. Die Selbstverbrennung Phuntsogs fiel zusammen mit dem dritten Jahrestag der blutigen Niederschlagung des friedlichen Protests im Kloster Kirti im Jahre 2008. Dabei waren mindestens zehn Tibeter von chinesischen Sicherheitskräften erschossen worden.

Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.

Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.

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