Tibet-Politik

Chinesische Grenzpolizei schießt auf Tibeter – Bericht von ICT
4. Dezember 2003
Kathmandu – Vergangenes Jahr haben nach voneinander unabhängigen Augenzeugenberichten westlicher Bergsteiger chinesische Grenzpolizisten nicht nur auf tibetische Flüchtlinge gefeuert, sondern sie sogar noch ein Stück über den Nangpa-La bis auf nepalesisches Territorium verfolgt. Kurz nach dem Vorfall sprachen nepalesische Polizisten in Namche Bazaar, der Hauptortschaft südlich des Nangpa-La, mit Menschenrechtsbeobachtern von ICT.
"Als wir die chinesische Grenzverletzung in Augenschein nahmen, fanden wir mindestens ein Dutzend Patronen – und das auf der Höhe von Khanjung auf unserer Seite des Passes", berichtete ein Polizist in Namche den Beobachtern von ICT. Die nepalesische Regierung hat bisher keine öffentliche Beschwerde bei den Chinesen eingelegt.
Mitte Oktober dieses Jahres schoß die chinesische Grenzpolizei auf eine Gruppe von 34 Flüchtlingen, als diese den Nangpa-La nach Nepal zu überqueren versuchte. Dieser Vorfall ereignete sich am Gletschersee von Tso Tangyura, zwei Kilometer oberhalb von Gyaplung, nachdem die Grenzpatrouillen die Flüchtlinge aufgespürt hatten. "Als die Kugeln aus den Maschinengewehren um uns herum einschlugen, stiebten wir in alle Richtungen davon", berichtete ein 25 Jahre alter Flüchtling ICT in Kathmandu. "Wir liefen sogar zurück in die Richtung, aus der wir gekommen waren, nur um der Armee zu entgehen. Nachdem wir uns viele Stunden lang vor dem Gewehrfeuer versteckt hatten, kletterten wir mitten in der Nacht über den Nangpa-La und marschierten den ganzen nächsten Tag auf der nepalesischen Seite ohne Unterbrechung, weil wir solche Angst hatten". Derselbe Fünfundzwanzigjährige berichtete ICT, nur 17 Mitglieder der Gruppe von 34 Personen hätten es über den Nangpa-La geschafft; die anderen seien von den Grenztruppen gefaßt worden. Es ist nicht bekannt, ob jemand von ihnen erschossen wurde.
Ein 17-jähriges Mädchen ist Anfang September bei Tragmar auf der Flucht vor der Grenzpolizei ums Leben gekommen, als sie auf der tibetischen Seite des Nangpa-La in eine Gletscherspalte fiel. "Wir beschlossen, es wäre sicherer bei Nacht unterwegs zu sein, aber wir verirrten uns", erzählte im Oktober ein Begleiter des verstorbenen Mädchens ICT in Kathmandu. Meine Begleiterin rutschte aus und stürzte in die tiefe Gletscherspalte. Wir banden unsere Gürtel und Hemden zusammen und versuchten sie herauszuziehen, aber das Behelfsseil riß immer wieder. Nach einiger Zeit war ihre Stimme verstummt."
Am 14. November 2003 bekräftigte der chinesische Botschafter in Nepal, Sun Heping, den Standpunkt seiner Regierung, sie werde alles Erforderliche tun, um der Flucht von Leuten aus Tibet ein Ende zu setzen. "Es gibt kein tibetisches Flüchtlingsproblem zwischen uns (China und Nepal); diejenigen, die Probleme verursachen, sind die illegalen Immigranten, die nach Nepal einreisen", zitierte AFP Suns Aussage. Die pro-chinesische nepalesische Zeitschrift "The People’s Review" zitierte den chinesischen Gesandten weiter, tibetische Flüchtlinge "dringen gewaltsam und ohne wirklichen Grund in Nepal ein" und seien "bereits zu einer internationalen Plage und einem weltweiten Problem geworden".
Schätzungsweise flüchten jedes Jahr 2.500 Tibeter nach Indien. Ungefähr ein Drittel von ihnen sind Kinder unter 18 Jahren, die Schulunterricht in tibetischer Sprache erhalten wollen, was für sie unter chinesischer Herrschaft unmöglich ist. Ungefähr ein Drittel der Flüchtlinge, die aus Tibet entkommen, sind Mönche und Nonnen, welche auf Grund der chinesischen Repressionen gegenüber ihrer Religion fliehen.

Übersetzung von Irina Raba (Augsburg) und Adelheid Dönges (München) zurück zur Übersicht

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