Tibet-Politik

Zu lebenslanger Haft verurteilter tibetischer Gefangener im Gefängnis gestorben
4. Februar 2005
Aus zuverlässigen Quellen erhielt das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD) die Mitteilung über den Tod von Rinzin (Rigzin) Wangyal, alias Rinwang, 59, der Ende 2004 in der Haft verstarb. Bisher liegt keine offizielle Bestätigung hierzu vor. Wie berichtet, wurde sein Leichnam seiner Familie nicht übergeben.
Rinzin verbüßte im 250 km östlich von Lhasa gelegenen Gefängnis Powo Tramo eine lebenslängliche Haftstrafe. Zuletzt wurde dem TCHRD am 31. März 2004 über ihn berichtet, nämlich daß sich sein Gesundheitszustand infolge der ständigen Folterungen, die er in all den Jahren im Gefängnis erdulden mußte, gravierend verschlechtert hatte.
Zum ersten Mal wurde Rinzin Wangyal 1966/67 verhaftet, weil er sich bei einer Untergrundbewegung für die Unabhängigkeit Tibets betätigt haben soll, während er in einer Zementfabrik arbeitete. Er verbrachte 17 Jahre im Gefängnis und wurde 1982 aus der Haft entlassen. Berichten zufolge wurde er im Drapchi-Gefängnis regelmäßig gefoltert und verhört.
Im August 1995 wurde er erneut vom PSB (Public Security Bureau) festgenommen – unter dem Verdacht, sich an einer politischen Gruppierung beteiligt zu haben, deren Ziel die Störung der für den 1. September 1995 geplanten Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der Gründung der TAR (Autonomen Region Tibet) war. Im Oktober 1995 wurde er zu weiteren 16 Jahren Haft verurteilt, und während er sich bereits im Gefängnis befand, wurde seine Strafe auf lebenslänglich erhöht.
Der Grund für die harte Bestrafung war Rinzin Wangyals Beteiligung an den Protestaktionen der Häftlinge in Drapchi während und nach dem Besuch der UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Verhaftung am 11. Oktober 1997. Infolge der Proteste wurden mehrere Häftlinge brutal zusammengeschlagen und in Isolationszellen verlegt.
Im Frühjahr 1996, als seine Frau Sonam schwer erkrankte und im Lhasa People’s Hospital lag, wurde Rinzin Wangyal die Bitte, sie ein letztes Mal besuchen zu dürfen, verweigert. Sonam verstarb noch im selben Jahr. Während ihres langen Siechtums hat das PSB auf keine einzige der Petitionen von Rinzin Wangyal und den Verwandten seiner Frau reagiert, in denen darum gebeten wurde, dem Paar eine letzte Zusammenkunft zu ermöglichen. Rinzin arbeitete als Bauarbeiter in dem Elektrizitätswerk “Ngachen Lokhang”. Da er sowohl der tibetischen als auch der chinesischen Sprache mächtig war, soll ihm eine Tätigkeit in der Geographischen Abteilung angeboten worden sein. Als der chinesische Spitzenfunktionär Liu Shao Qi jedoch seine politische Macht verlor, gab es eine Wende in der chinesischen Tibetpolitik. Als eine Folge hiervon wurden einige Tibeter, darunter auch Rinzin, denen man “falsche politische Ansichten” vorwarf, zu Arbeitern in der “Shiuni Chang” Zementfabrik degradiert.
Den Aufzeichnungen des TCHRD zufolge kommt es in den von China verwalteten Gefängnissen und Haftzentren in Tibet immer wieder zu Todesfällen unter den tibetischen Gefangenen, verursacht durch die schweren Folterungen und anderweitige Brutalitäten. In den meisten Fällen wird niemand dafür zur Rechenschaft gezogen. Das TCHRD hat die Fälle von 87 politischen Gefangenen dokumentiert, die seit 1987 durch Folter ums Leben kamen. Sie alle starben entweder noch in chinesischer Haft oder kurz nachdem sie auf Grund ihres durch die Folterungen verursachten schlechten Gesundheitszustands aus dem Gefängnis entlassen wurden. Aus den vorliegenden Berichten läßt sich schließen, daß eine der Hauptursachen für den Tod der Gefangenen in der Verweigerung von rechtzeitiger und angemessener medizinischer Hilfe liegt.
Obwohl die VR China bereits im Oktober 1988 das UN-Abkommen gegen Folter und sonstige grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (CAT) ratifiziert und bestimmte Formen der Folter aus dem 1987 in Kraft gesetzten überarbeiteten Strafgesetz gestrichen hat, wird sie doch immer noch routinemäßig angewandt. Sie wird eingesetzt, um Geständnisse zu erpressen und die nationale Gesinnung der tibetischen politischen Gefangenen zu brechen, ebenso wie zur Einschüchterung der Häftlinge, die dadurch erniedrigt und für den Rest ihres Lebens traumatisiert werden.
Das TCHRD bringt hiermit seine tiefe Besorgnis über die Art und Weise, wie China die (politischen) Gefangenen behandelt, zum Ausdruck. Der Tod von mehr als 80 politischen Gefangenen auf Grund von Folter und Mißhandlungen durch Gefängnisbedienstete ist eine äußerst alarmierende Erscheinung und erfordert eine ernsthafte Ermittlung durch unabhängige Gremien. Rinzin Wangyals Tod im Gefängnis sollte ein Appell an die internationale Gemeinschaft sein, sich mit Chinas willkürlichem Gebrauch der Folter näher zu befassen. Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)

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