Tibet-Politik
2. April 2004
New York, Dharamsala, Genf – Trotz zahlloser Bemühungen der internationalen Gemeinschaft und der Tibeter verschlechtert sich die sozio-politische Situation in Tibet weiter. Die Hinrichtung von Lobsang Dhondup am 26. Januar 2003, das Todesurteil gegen Tenzin Delek Rinpoche und die Verurteilung von Geshe Sonam Phuntsok zeigen nur zu deutlich, daß willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen, unfaire Prozesse, Folter, Mißhandlungen und Hinrichtungen in Tibet noch immer an der Tagesordnung sind.
Obwohl China die Konvention über die Rechte des Kindes unterzeichnet und ratifiziert hat, befindet sich der XI. Panchen Lama, Gedhun Choekyi Nyima, noch immer in chinesischem Gewahrsam. Die Ungewißheit über sein Wohlbefinden und seinen Aufenthaltsort gibt weiterhin Anlaß zu ernsthafter Sorge. Die Art und Weise, wie mit dem Panchen Lama verfahren wurde, verstößt gegen das Recht auf Religionsfreiheit, gegen die Rechte des Kindes und gegen das Recht auf Bildung.
2003 übte die UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Bildung, Katarina Tomasevski, Kritik an Chinas Ausbildungspolitik. Besonders scharf kritisierte sie die chinesische Regierung für ihr Verbot von religiösen Unterweisungen und ihre Einmischung in die Leitung der Klöster und buddhistischen Institutionen. Ihr Bericht stellte weiterhin fest, daß die den Minderheiten aufgezwungene Ausbildung deren Menschenrechte verletzt, da sie deren religiöse und sprachliche Identität leugnet. Der Bericht hebt hervor, daß China nicht konform geht mit der internationalen gesetzlichen Regelung der Definition des Rechts auf Ausbildung und daß die chinesische Rechtsprechung an ihren international eingegangenen Menschenrechtsverpflichtungen gemessen werden muß. Auf diese Weise können Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten in der Bildungspolitik, der Rechtsprechung und im Alltag umgesetzt werden. Der Bericht empfiehlt der chinesischen Regierung, die stark ideologische Ausrichtung ihres Bildungswesens zu überprüfen und an deren Stelle eine umfassende Strategie zu setzen, die auf der Unteilbarkeit der Menschenrechte beruht.
Die UN-Generalversammlung hat es versäumt, ihre Tibet-Resolutionen von 1959, 1961 und 1965 umzusetzen. Die Empfehlungen der Internationalen Juristenkommission an die UN-Menschenrechtskommission warten ebenfalls noch auf ihre Umsetzung. Die chinesischen Behörden haben sich geweigert, das aufrichtige Bemühen Seiner Heiligkeit des Dalai Lama um eine Lösung der Tibetfrage anzuerkennen. Daher hat der Tibetische Jugendkongreß (TYC) aus tiefer Besorgnis um die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Tibet, denen weder die internationale Gemeinschaft noch die UN-Menschenrechtsmechanismen Einhalt geboten haben, keine andere Wahl, als vom 2. April 2004 an vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in New York mit einem gewaltlosen, freiwilligen, unbefristeten Hungerstreik zu beginnen.
Die freiwilligen Teilnehmer an diesem unbefristeten Hungerstreik sind Frau Dolma Choephel, Generalsekretärin der Hauptverwaltung des TYC, Herr Gyatso, Vizepräsident der Regionalgruppe Gangtok des TYC, und Herr Sonam Wangdu, aktives Mitglied der Regionalgruppe New York und New Jersey des TYC.
Diese erste Staffel Hungerstreikender ist bereit, ihr kostbares Leben aufs Spiel zu setzen, um den folgenden Forderungen des tibetischen Volkes Nachdruck zu verleihen und die Vereinten Nationen auf deren Erfüllung zu drängen:
- China muß das Todesurteil für Tulku Tenzin Delek aufheben und ihm ein gerechtes Gerichtsverfahren unter internationaler Aufsicht gewähren.
- China muß dem XI. Panchen Lama, Gedhun Choekyi Nyima, eine religiöse Ausbildung im Kloster Tashi Lhunpo zuteil werden lassen. Außerdem muß China die Öffentlichkeit über das Wohlergehen und den Aufenthaltsort des Panchen Lama informieren.
- Auf der 60. Sitzung der UN-Menschenrechtskommission (UNCHR) muß eine Resolution verabschiedet werden, aufgrund derer ein Sonderberichterstatter ernannt wird, der unabhängige Untersuchungen durchführen und die Einhaltung des Rechts auf Religionsfreiheit sowie die Menschenrechtssituation in Tibet überwachen kann, auch im Hinblick auf die Umsetzung der Empfehlungen von Katarina Tomasevski, der UN-Sonderberichterstatterin zum Recht auf Bildung.
- Die Vereinten Nationen müssen China zur bedingungslosen Freilassung von Geshe Sonam Phuntsok und allen anderen tibetischen politischen Häftlinge auffordern.
- Die UN-Generalversammlung muß ihre Debatte über die Tibetfrage im Sinne der von ihr in den Jahren 1959, 1961 und 1965 verabschiedeten Resolutionen wieder aufnehmen.
Der Tibetische Jugendkongreß (TYC) ist die größte und weltweit aktivste tibetische Nichtregierungsorganisation; sie hat das Ziel, für die vollständige Wiederherstellung der tibetischen Unabhängigkeit zu kämpfen. Der TYC ruft die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen, das Büro des UN-Generalsekretärs, das UN-Komitee für die Rechte des Kindes, die UN-Menschenrechtskommission und das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte nachdrücklich auf, alle verantwortlichen Stellen zu drängen, die Forderungen der Hungerstreikenden in New York zu erfüllen. Wir sind zuversichtlich, daß unsere legitimen Forderungen angemessene Aufmerksamkeit finden werden und daß die internationale Gemeinschaft sie unterstützen wird.
Diese Presseerklärung wurde zeitgleich in New York, Dharamsala und Genf veröffentlicht.
Die Hungerstreikenden
Name: (Frau) Dolma Choephel
Name des Vaters: Passang
Name der Mutter: Tsering Lhamo
Geburtsort: Forsyth Ganj, Dharamsala
Geburtsdatum: 15. September 1973
TYC-Mitgliedsnummer: 0017
Familienstand: Ledig
Biographie: Die im Exil geborene Dolma Choephel legte ihr Abitur an der Tibetan Children’s Village Schule in Dharamsala ab und studierte anschließend an der Central School for Tibetans in Dalhousie. Sie schloß ihr Studium mit einem Diplom in Öffentlichkeitsarbeit vom Dr. Rajendra Prasad Institute of Communication & Management, Mumbai, ab, das ihr vom Dayanand College of Communication & Management, Chandigarh, verliehen wurde. Während ihrer Studienzeit engagierte sie sich stark beim TYC und arbeitete 1994 – 1995 als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit der TYC-Regionalgruppe Chandigarh und 1996 – 1997 als Präsidentin des regionalen Tibetan Freedom Movement [Tibetische Freiheitsbewegung] in Chandigarh. In der Geschäftsstelle des TYC war sie als Geschäftsführerin tätig und betreute die TYC-Publikation Rangzen. 1998 wurde sie zur Verwaltungs- und Geschäftsführerin des Zentralkomitees des TYC gewählt. 2001 erfolgte ihre Wiederwahl zur Geschäftsführerin der Hauptverwaltung des TYC. Während ihrer zwei Amtszeiten als leitendes Mitglied des TYCs organisierte sie Demonstrationen und Friedensmärsche und wurde aufgrund ihrer gewaltfreien Aktionen mehrmals von der Polizei verhaftet. Sie hat an vielen nationalen und internationalen Konferenzen teilgenommen, beispielsweise vertrat sie 2000 den TYC bei der UNO-Menschenrechtskommission.
Anschrift:
Tibetan Youth Congress
Central Executive Committee
P.O. Mcleod Ganj
Dharamsala (HP)
Indien
Name: (Herr) Gyatso
Name des Vaters: Ngodup
Name der Mutter: Migmar
Geburtsort: Changgu, Sikkim
Geburtsdatum: 03. März 1969
TYC-Mitgliedsnummer: 01188
Familienstand: verheiratet
Name der Ehefrau: Yonton Choekyi
Biographie: Gyatso wurde 1969 in Changgu, Sikkim geboren. Er besuchte seit 1976 als Grundschule die Central School for Tibetans in Kalimpong und arbeitete anschließend als Geschäftsmann. 1992 schloß er sich der TYC-Regionalgruppe Gangtok an und nahm am Friedensmarsch von Dharamsala nach New Delhi teil, der 1995 gemeinsam vom VIII. Komitee der Tibetischen Nichtregierungsorganisationen ausgerichtet wurde. Von 1998 bis 2001 war er Kassenwart der TYC-Regionalgruppe Gangtok. Er nahm auch am 24-stündigen Hungerstreik in Siliguri und am 72-stündigen Hungerstreik in Kalkutta teil, die von den TYC-Regionalgruppen Nordost als Solidaritätsaktion für den 1998 vom TYC ausgerichteten unbefristeten Hungerstreik in Jantar Mantar, New Delhi, organisiert worden waren. 2001 wurde er erneut zum Vizepräsidenten der TYC-Regionalgruppe Gangtok gewählt.
Anschrift:
Tsongo Lake
c/o The Gift Shop
P.O. Sherathang
East Sikkim, Gangtok
Name: (Herr) Sonam Wangdu
Name des Vaters: Kalu Dhargay (verstorben)
Name der Mutter: Pema Dolkar
Geburtsort: Sharkumbu, Nepal
Geburtsdatum: 06. Juli 1968
TYC-Mitgliedsnummer: 14187
Familienstand: verheiratet
Name der Ehefrau: Tamding Dolma
Biographie: Sonam Wangdu wurde 1968 in Sharkumbu, Nepal, geboren. Er besuchte von 1976 bis 1984 die Zentralschule für Tibeter in Dalhousie bis zur 7. Klasse; von 1984 bis 1990 war er für ein Unternehmen in Kaschmir tätig. 1991 arbeitete er für eine Teppichfabrik in Kathmandu, Nepal, und engagierte sich gleichzeitig als aktives Mitglied im Verein ehemaliger Dalhousie-Schüler. In Kathmandu schloss er sich auch der dortigen Regionalgruppe des TYC an. 1997 wanderte er in die USA aus, wo er sich als Mitglied der Regionalgruppe New York und New Jersey des Tibetischen Jugendkongresses engagierte.
Anschrift:
215 Maujer St. 3L
Brooklyn NY 11206
U.S.A.