Tibet-Politik

Offener Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder
1. Dezember 2004
Herrn
Bundeskanzler Gerhard Schröder
Willy-Brandt – Str. 1
10557 Berlin
Offener Brief
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
am 5. Dezember 2004 fahren Sie zum sechsten Mal als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland nach China. Sie reisen mit einer großen Verantwortung für die deutsche Wirtschaft, für die Sicherheit im ostasiatischen Raum, für die Gestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert.
Aus der politischen Annäherung zwischen Deutschland und China ist in Ihrer bisherigen Amtsperiode eine deutsch-chinesische Freundschaft geworden. Sie sind der erste Kanzler, der jährlich nach China reist. Mit einem Warenimport von 25 Mrd. Euro aus China nach Deutschland und 18 Mrd. Euro Exporten aus Deutschland nach China, bedeutenden Direktinvestitionen deutscher Unternehmen, über 10 000 chinesischen Studenten und ungezählten Besuchen deutscher Minister, Parlamentarier und Unternehmer, besteht zwischen China und Deutschland eine freundschaftliche Beziehung.
Zu einer Freundschaft gehört Ehrlichkeit und der Mut, manchmal unangenehme Dinge zum Wohle der Freundschaft und zum Wohle des Freundes zu sagen und den Freund klar und deutlich um etwas zu bitten, wenn man ihm einen großen Gefallen tut.
Tibet, Herr Bundeskanzler, gehört zu dieser Kategorie unangenehmer Dinge. Tibet und die Aufhebung des Waffenembargos.
Die Lösung des Tibet-Konflikts
Ende September 2004 sind zwei Gesandte des Dalai Lama von einer dritten Reise nach China und Tibet zurückgekehrt. Anders als die beiden ersten Reisen in den Jahren 2002 und 2003 wurden erstmals inhaltliche Diskussionen in freundlicher Atmosphäre zwischen den Parteien über Tibet geführt. Es besteht zwischen dem Dalai Lama und der chinesischen Regierung Einigkeit darüber, dass Tibet im Staatsverband der Volkrepublik China verbleiben soll.
Jedoch zeigten sich zwischen den Gesprächspartnern große Differenzen über mehrere bedeutende Fragen zur Zukunft Tibets. Viele Themen einer wirklichen Selbstverwaltung Tibets innerhalb des chinesischen Staates bedürfen ausführlicher Erörterung und des Bemühens, eine Verständigung zu erreichen.
Sprechen Sie Tibet bei Ihren Gesprächen mit Hu Jintao, Wen Jiabao und Mitgliedern des Politbüros an. Bitten Sie um eine zügige Fortsetzung der Gespräche mit der tibetischen Regierung-im-Exil in regelmäßigen Abständen und die Erarbeitung gemeinsamer Vorstellung für die Zukunft Tibets.
Die Aufhebung des Waffenembargos
Eine Aufhebung des Waffenembargos durch die Europäische Union, wie Sie sie letztes Jahr zugesagt haben, wäre für China eine bedeutende Geste der Freundschaft. Freundschaft ist immer gegenseitig. Es darf nicht sein, dass diese Geste einzig durch binnen-politische Veränderungen in der EU bedingt ist (i.e. veränderte Regeln in der Rüstungsexportkontrolle). Vielmehr bedarf es auch Chinas eindeutiger Gesten im sicherheits-, demokratie – und menschenrechtspolitischen Bereich:

  1. Dauerhafte Lösung des Tibetkonflikts durch einen Vertrag mit dem Dalai Lama und der Regierung-Tibets-im-Exil, die den Tibetern zur Wahrung ihrer Identität und Kultur ausreichende Autonomie-Rechte innerhalb der Volksrepublik China einräumt. Dieser Vertrag wäre ein weltweites Symbol für die ernsthafte Absicht Chinas zu positiv-konstruktiver Konfliktlösung.
  2. Freilassung von Tenzin Delek Rinpoche und anderer politischer Gefangener und Aufnahme eines rechtsstaatlichen und international transparenten Gerichtsverfahrens.
  3. Ratifizierung und erkennbare Umsetzung des Paktes für bürgerliche und politische Rechte.
  4. Ratifizierung und erkennbare Umsetzung des Übereinkommens von Ottawa über das Verbot von Antipersonenminen von 1997.
  5. Revision der Haltung gegenüber den Demonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens welche von der Regierung immer noch als konter-revolutionär bezeichnet wird.
  6. Freilassung aller politischen Gefangenen, die im Zuge der Ereignisse vom Juni 1989 verhaftet wurden.
  7. Nachträgliche Ehrung der Opfer vom 4. Juni 1989 durch Anerkennung der Mütter von Tiananmen.

Sehr geehrter Herr Schröder! Die chinesische Kultur schätzt Stärke, Selbstbewusstsein und Entschlossenheit. Nur wenn Sie unsere Werte vertreten, werden Sie ernst genommen als wirklicher Freund. Seien Sie ein wirklicher Freund der chinesischen Regierung und ein Gestalter der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, mutig, entschlossen, ausdrücklich.
China wird es Ihnen danken, die deutschen Bürger werden es Ihnen danken und nicht zuletzt die Tibeter und Tibeterinnen weltweit.
Mit ermutigenden Grüßen
Prof. Dr. Jan Andersson, Münster
Erster Vorsitzender
Dr. Gudrun Henne, Berlin
Geschäftsführerin

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