Pressemitteilung: Tibet: Drei neue Selbstverbrennungen in vier Tagen / Besorgniserregende Entwicklung in Nordosttibet / Zahl der Selbstverbrennungen in Tibet steigt auf 58
Berlin 23. Oktober 2012. In Nordosttibet haben sich unabhängig voneinander innerhalb von nur vier Tagen drei Tibeter selbst angezündet. Alle drei Selbstverbrennungen ereigneten sich im Landkreis Sangchu (chin.: Xiahe) in der Tibetisch Autonomen Präfektur Kanlho (chin.: Gannan), die verwaltungsmäßig zur Provinz Gansu gehört. Alle drei Tibeter erlagen dabei ihren schweren Brandverletzungen. "Die Zuspitzung in Nordosttibet belegt, wie prekär die Situation in Tibet ist. Die chinesische Regierung muss in einen Dialog mit Tibetern treten, ihre Repressionen einstellen und eine andere Tibetpolitik umsetzen", forderte Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT).
Zwei der drei Selbstverbrennungen fanden im Umfeld des Klosters von Labrang statt, das zu den bedeutendsten religiösen Stätten des tibetischen Buddhismus zählt. Labrang war damit zum ersten Mal Schauplatz einer Selbstverbrennung, deren Zahl auf insgesamt 58 seit Februar 2009 gestiegen ist. Offenbar hat sich sie Region im Nordosten Tibets zu einem Schwerpunkt der Serie von Selbstanzündungen entwickelt; allein fünf der sechs bislang bekanntgewordenen Fälle im laufenden Monat fanden in der Tibetisch Autonomen Präfektur Kanlho statt.
Wie bekannt wurde, setzte sich der knapp sechzig Jahre alte Dorje Rinchen heute Nachmittag gegen 15.30 Uhr Ortszeit vor dem Gyugya-Markt in Labrang selbst in Brand. Exiltibetischen Quellen mit Kontakten in die Region zufolge soll er wenig später daran verstorben sein. Wie die Quellen weiterhin mitteilen, soll die lokale Bevölkerung verhindert haben, dass sich die staatlichen Sicherheitskräfte Dorje Rinchens Leichnams bemächtigten. Stattdessen sei dieser nach Hause in das zwei Kilometer entfernte Dorf Sayi gebracht worden.
Dorje Rinchen hatte seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Brot im Kloster Labrang verdient. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder. Inzwischen hat auch die staatliche chinesische Nachrichtenagentur die Selbstverbrennung Dorje Rinchens bestätigt.
Bereits einen Tag zuvor hatte sich die erste Selbstverbrennung im Kloster Labrang ereignet. Der Tibeter Dhondup hatte sich am 22. Oktober neben dem Klostereingang in Brand gesetzt. Exilquellen zufolge soll er drei Tage davor 20 Liter Benzin gekauft haben. Die Behörden händigten den Leichnam Dhondups seiner Familie aus. Offenbar fürchteten sie den Protest der lokalen Bevölkerung, sollte es den Angehörigen unmöglich sein in der traditionell gebotenen Weise Abschied von dem Verstorbenen zu nehmen. Ein aus Labrang stammender und jetzt im Exil lebender Tibeter berichtete: "Er sagte immer, dass wir ein sehr schwieriges Leben unter den chinesischen Behörden hätten und dass die Chinesen uns foltern und auf uns herabsehen. Zu jungen Menschen sagte er, ihr Leben sei besonders wichtig für die Zukunft Tibets". Daher, so der Exiltibeter weiter, betonte Dhondup, dass sich ältere, und nicht junge Tibeter verbrennen sollten.
Am Samstag, 20. Oktober, hatte sich im selben Landkreis ein junger Tibeter namens Lhamo Kyab ebenfalls in Brand gesetzt. Ort des Geschehens war das Kloster Bora. Lhamo Kyab soll, bereits in Flammen stehend, durch die Straße des Ortes gelaufen sein und nach der Rückkehr des Dalai Lama nach Tibet gerufen haben. Er hinterlässt den verfügbaren Informationen zufolge eine Frau und zwei Kinder.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit mehr als 20 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel, London und Berlin sowie Rechercheteams in Dharamsala, Indien, und Kathmandu, Nepal.
Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.
Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.
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