ICT untersucht Herkunft
von Spitzenkadern in
der Region Shigatse
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Peking vertraut nur Nicht-Tibetern
Tenzin Norgay hat seinen Titel bewusst gewählt, schließlich hat die chinesische KP das System der Personalzuweisung und -überwachung direkt von der stalinistischen Sowjetunion übernommen. Bei der Nomenklatura handelt es sich um eine von der KPCh zugelassene Elite politisch zuverlässiger Beamter, die Schlüsselpositionen in der Partei- und Regierungsbürokratie bekleiden. Die Nomenklatura ist der Kern des autoritären Befehls- und Kontrollsystems von oben nach unten. Ergänzt wird es um ein Herrschaftsintrument, das die chinesischen Kommunisten vom kaiserlichen China übernommen haben. Dort galt bei der Besetzung von Beamtenposten in der Fläche das „Gesetz der Vermeidung“, d.h. man bevorzugte nicht-einheimische Kandidaten. Insbesondere in politisch widerspenstigen oder für besonders sensibel erachteten Regionen wurde Wert darauf gelegt, Führungspositionen in die Hände besonders vertrauenswürdiger auswärtiger Beamten mit Loyalität zum Zentrum zu legen. Auf diese Weise glaubte man, die Regionen besser kontrollieren zu können. Diesem Muster folgt die KPCh bis heute. In den 70 Jahren, in denen Peking Tibet regiert hat, wurde kein Tibeter zum Parteisekretär der Autonomen Region Tibet ernannt. Auch auf Kreisebene besetzen überwiegend han-chinesische Parteisekretäre diese Position.
Chinesen dominieren alle Machtpositionen
Obwohl das Nomenklatura-System eine nominelle Vertretung der Tibeter in der Regierungsbürokratie zulässt, dominieren Chinesen alle strategischen Parteigremien mit echter Macht oder sind strategisch in Büros eingebettet, in denen Tibeter die Mehrheit bilden. In Chinas parteistaatlicher Bürokratie sind es die Parteigremien, in denen die Macht liegt und die entscheidenden Entscheidungen getroffen werden. Die für die tägliche Arbeit zuständige Regierung wird von den Parteigremien streng kontrolliert und gelenkt. Wer also die Parteigremien beherrscht, kontrolliert auch die Regierung, die die politischen Entscheidungen umsetzt. Die 18 Kreise in Shigatse werden von Han-Chinesen dominiert, die nach Tibet entsandt wurden, weil sie als loyal gegenüber der Partei eingestuft wurden. Vierzehn von 18 (78 %) Parteisekretären auf Kreisebene sind Chinesen. Eine Ausnahme bilden lediglich die vier ländlichen Kreise Panam, Ngamring, Rinpung und Khangmar, dort sind die Parteisekretäre Tibeter. Auch mehr als die Hälfte der stellvertretenden Parteisekretäre in den 18 Kreisen sind Chinesen. Mächtigstes Entscheidungsgremium auf Provinz-, Kommunal- und Kreisebene gleichermaßen ist der Ständige Ausschuss der KPCh. Die Zusammensetzung der Ständigen Parteiausschüsse ist wichtig für die Regierungsführung in den Bezirken und wird daher von der Provinzleitung sorgfältig ausgewählt, um die Macht der Partei in der Hierarchie zu erhalten. Auch in den Ständigen Ausschüssen der Kreise sind Chinesen mit 64 % der Mitglieder überproportional vertreten, während Tibeter nur auf 33 % der Mitglieder kommen. Gleiches gilt für die anderen Parteiorgane in der Nomenklatura von Shigatse, auch sie werden von Chinesen dominiert.