Chinesin fordert die
«Ausrottung» der
Tibeter in Lhasa
Quelle: ICT
Berlin, 13.10.2022. Die Kontroverse um einen rassistischen Social-Media-Beitrag einer Chinesin vom vergangenen Samstag illustriert anschaulich die Problematik des «institutionalisierten Rassismus» gegen Tibeter in der Volksrepublik China. Wie unsere ICT-Kollegen in den USA berichteten, hatte die Frau auf der populären Plattform WeChat dazu aufgerufen, die Tibeter in Lhasa «auszurotten» und die Stadt von Chinesen übernehmen zu lassen.
Die Chinesin habe damit auf verbreitete Klagen von Tibetern reagiert, die sich über die unmenschlichen Bedingungen unter Pekings Covid 19-Regime in Tibets Hauptstadt beschwert hatten. Wie berichtet, hatte dieses mindestens fünf Tibeter in die Selbsttötung getrieben.
In den sozialen Medien entbrannte eine heftige Kontroverse um den rassistischen Beitrag der Frau, die nach Angaben der chinesischen Polizeibehörde der Stadt Lhasa den Namen Liu trägt. Viele tibetische Internetnutzer brachten ihre Empörung über den offenkundigen Rassismus der Frau gegen die Tibeter zum Ausdruck. Diese starke öffentliche Reaktion rief die chinesischen Behörden auf den Plan, die versuchten, die Menschen zu beschwichtigen.
Die Polizeibehörde verzichtete jedoch darauf, die rassistischen Äußerungen auch als solche zu benennen und sprach lediglich von „unangemessenen Bemerkungen“, die der Politik der „nationalen Einheit“ des chinesischen Parteistaates schadeten.
In einer anschließenden, sorgfältig inszenierten Erklärung der Chinesin entschuldigte sich diese allgemein bei der „Regierung und der Öffentlichkeit“, nicht jedoch bei den Tibetern selbst. Auch wurde die Erklärung nicht ins Tibetische übersetzt. In einer Videobotschaft, in der ihr Gesicht unkenntlich gemacht wurde, erklärt die Frau Folgendes:
„Am 8. Oktober 2022 um 15:00 Uhr habe ich in der (WeChat-)Gruppe etwas gepostet, das der Nation (der Einheit) abträglich ist und das einen großen Einfluss auf die Gesellschaft hatte. An dieser Stelle möchte ich mich bei der Regierung und der Öffentlichkeit zutiefst entschuldigen. Ich werde so etwas in Zukunft nicht mehr tun. Es tut mir sehr leid.“
Aus Sicht der International Campaign for Tibet zeigt dieser Vorfall deutlich den tiefsitzenden und verbreiteten anti-tibetischen Rassismus in der Volksrepublik China. Besonders gravierend daran ist, dass er auf allen Ebenen der staatlichen Verwaltung anzutreffen ist, man daher also von institutionalisiertem Rassismus sprechen muss.
Seit vielen Jahrzehnten bereits verbreiten die chinesischen Behörden rassistische Narrative über die Tibeter. Unablässig wiederholen beispielsweise die chinesischen Staatsmedien die Mär, die chinesischen Kommunisten hätten Tibet in den 1950er Jahren „befreit“ und von „einer Gesellschaft unter feudaler Leibeigenschaft zum Sozialismus, von Armut und Rückständigkeit zu Zivilisation und Fortschritt“ geführt. Dass diese sogenannte „Befreiung“ zigtausende Tibeter das Leben gekostet hat, wird dabei freilich ebenso wenig erwähnt wie der Umstand, dass die illegale Besetzung durch China die Tibeter gezwungen hat, als Bürger zweiter Klasse in ihrem eigenen Land zu leben.
Tibeter werden in den Bereichen Beschäftigung, Wohnen und Reisen diskriminiert. Im Gegensatz zu ethnischen Chinesen werden Tibetern regelmäßig Pässe und damit das Recht, ins Ausland zu reisen, verweigert. Mehrfach schon gab es Fälle, in denen Hotels Tibetern aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit Zimmer verweigerten und Arbeitsplätze für Tibeter schlechter bezahlt wurden als für Chinesen.
Chinas Rassismus hat reale Konsequenzen. Tibeter wurden inhaftiert, nur weil sie sich für die tibetische Sprache einsetzten. Statt der Diskriminierung durch China brauchen die Tibeter das Recht, ihre Gesellschaft von Grund auf selbst zu gestalten. Die Welt muss dazu beitragen, Chinas Rassismus gegen das tibetische Volk zu stoppen.