ICT: «Zeitenwende»
auch im
Inneren umsetzen!
Foto: Andreas Steinhoff
Berlin, 26,01.2023. Bereits seit Längerem sorgen Berichte über geheime chinesische Polizeistationen in Deutschland und zahlreichen weiteren Staaten für Aufsehen, aber auch für Sorge etwa um Menschen mit Wurzeln in Tibet. Die Nichtregierungsorganisation „Safeguard Defenders“, konnte im vergangenen Jahr mit konkreten Angaben aufwarten: Demnach sollen 54 solcher Einrichtungen in 30 Staaten auf allen Kontinenten existieren, in dem Bericht war auch die Rede von einer chinesischen Polizeistation in Frankfurt am Main. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) nun schreibt , sei die Existenz der als „Übersee-Polizeistationen“ bezeichneten Einrichtungen „ein schlecht gehütetes Geheimnis“ gewesen. Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten bereits seit Mitte 2018 davon gewusst. Den Recherchen der SZ zufolge soll es in Deutschland allerdings nicht nur eine dieser chinesischen Polizeistationen geben. Tatsächlich handele es sich um insgesamt sieben – von denen sechs in China-Restaurants zu finden seien. Als Standorte werden Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg und Berlin angegeben, drei weitere sollen sich in der Nähe von München, in Bornheim und in Neuss befinden.
Kontakte zu Vertretern des chinesischen Geheimdienstes
Etliche der Betreiber der sogenannten „Service-Stationen“ seien bereits „seit Jahren aktenkundig, wegen enger Kontakte zu chinesischen Botschaften und Konsulaten, auffallend oft zu den dortigen Vertretern des chinesischen Geheimdienstes“. Zwar gebe es Berichte, wonach die deutschen „Übersee-Polizeistationen“ nach Bekanntwerden ihrer Existenz geschlossen worden seien, doch gingen die deutschen Sicherheitsbehörden davon aus, „dass sie weiter ihren Dienst für den chinesischen Staat tun“. Die chinesische Botschaft in Berlin (Foto) habe der SZ versichert, es gebe keine „sogenannten Polizeistationen“, stattdessen handle es sich „bei diesen Freiwilligen einfach um engagierte Überseechinesen“.
Gezielt angeworbene Agenten spionieren für Peking
Der Verfassungsschutz hingegen gehe davon aus, dass unter hier lebenden Chinesen gezielt Agenten angeworben würden, um Landsleute auszuspionieren – „in Unternehmen etwa oder unter den 40.000 Gaststudenten an Universitäten“, so die Zeitung. Die chinesischen Behörden hätten eine sehr weit gefasste Vorstellung davon, auf wen sie zugreifen dürften. So gelte für das KP-Regime schlichtweg jeder als Chinese, der Wurzeln in China hat, „auch wenn die Vorfahren seit Generationen im Ausland leben. Jeder von diesen Menschen ist also ein potenzielles Ziel für den Spionageapparat“, so die SZ. In München etwa, einem Zentrum der uigurischen Gemeinde in Deutschland, hätten Gerichte schon vor zehn Jahren Chinesen verurteilt, „die gezielt die Gemeinde der uigurischen Minderheit ausspähten“, schreibt die Zeitung. Besonders gefährlich ist dies für alle, deren Verwandte im Machtbereich der chinesischen KP leben. Das Regime in Peking nutzt diese gerne als Hebel, um Druck auf ihre im Ausland lebenden Angehörigen auszuüben.
Eine „Zeitenwende“ ist auch im Inneren erforderlich
Die neuen Erkenntnisse zeigen deutlich, wie weit Peking bereit ist zu gehen, um seinen Einfluss auch über die eigenen Grenzen hinaus zu entfalten. Besonders bitter ist die Erkenntnis, dass in den Augen der Machthaber offenbar jeder Mensch mit Wurzeln in China als potenzielles Erpressungsopfer betrachtet wird, das man zum Dienst für die eigenen Interessen drängen kann. Es ist höchste Zeit, dass die deutschen Behörden dem entgegenwirken. Eine echte „Zeitenwende“ verlangt ein viel stärkeres Augenmerk von Polizei und Verfassungsschutz auf die Umtriebe der chinesischen Agenten in Deutschland. Und sie verlangt danach, den potenziellen Opfern dieser chinesischen Auslandsoperationen umfassenden Schutz zu gewähren, gleich ob es sich dabei um Chinesen, Uiguren oder auch Tibeter handelt.