Mönch in
chinesischer Haft
schwer gefoltert
Quelle: ICT
Berlin, 5. Mai 2020. Tibetische Quellen haben der International Campaign for Tibet (ICT) den Tod des ehemaligen politischen Gefangenen Tsering Bagdro bestätigt. Der tibetische Mönch war in acht Jahren Haft in chinesischen Gefängnissen schwer gefoltert worden. Tsering Bagdro war im Juni 1992 verhaftet worden, weil er zusammen mit weiteren Tibetern gegen politische Umerziehungskampagnen der chinesischen Behörden protestiert hatte. Unter Slogans wie „Liebe dein Land, liebe deine Religion“ versuchten diese, sozialistisches Gedankengut zu fördern und die Tibeter von ihrer traditionellen Kultur zu entfremden. So sollten etwa Porträts des Dalai Lama aus den Klöstern entfernt werden. Tsering Bagdro und seine Mitstreiter zogen daraufhin am 10. Juni 1992 mit der tibetischen Nationalflagge durch Lhasa und skandierten Slogans. Diese umfassten traditionelle Langlebenswünsche für den Dalai Lama und Forderungen nach der Unabhängigkeit Tibets; Tibet gehöre den Tibetern, die Chinesen sollten Tibet verlassen.
Die Demonstranten wurden sofort vom Büro für öffentliche Sicherheit verhaftet und in die Haftanstalt Gutsa von Lhasa gebracht. Nach monatelangen Verhören und Misshandlungen wurde Tsering Bagdro vom Mittleren Volksgericht in Lhasa im November 1992 zu acht Jahren Haft und zum Entzug der politischen Rechte für zwei Jahre verurteilt. Die Haftstrafe verbüßte er in der berüchtigten Einheit 5 des Drapchi-Gefängnisses. Nach Angaben eines ehemaligen politischen Gefangenen, der sich jetzt im Exil befindet und anonym bleiben möchte, galt Tsering Bagdro als Anführer und erhielt die längste Strafe aller Beteiligten. Drei weitere Demonstranten wurden zu sieben, sechs und fünf Jahren Haft verurteilt. Auch nach seiner Freilassung im Juni 2000 blieb Tsering Bagdro unter strikter Beobachtung. Die Behörden überwachten alle seine Kontakte und Bewegungen. Tsering Bagdro starb am 26. April in seinem Heimatdorf Gyama im östlich von Lhasa gelegenen Landkreis Meldrogongkar. Er wurde nur 51 Jahre alt.
Die Anwendung von Folter ist in Tibet weit verbreitet. Vor kurzem starb der Mönch Gendun Sherab an den Spätfolgen seiner in Haft erlittenen Folter. Zugang zu medizinischer Behandlung wurde im verwehrt. Sein Tod entspricht einem Verhaltensmuster der chinesischen Behörden, die aufgrund von Folter schwer erkrankte Inhaftierte entlassen, offenbar um Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu vertuschen. 2015 verstarb der bekannte tibetische Mönch Tenzin Delek Rinpoche an bis heute ungeklärten Umständen im Gefängnis. Im selben Jahr bescheinigte der Anti-Folter-Ausschuss der Vereinten Nationen China große Defizite. Demnach seien Folter und Misshandlung im Strafrechtssystem Chinas „tief verwurzelt“. Vorwürfen über Folter und verdächtigen Todesfällen in Haft würden die Behörden wie im Falle Tenzin Delek Rinpoche nicht nachgehen. Besonders besorgt zeigte sich der Ausschuss über die zahlreichen Berichte über Folter an Tibetern.