Entgegen zahlreicher Berichte von Menschenrechtsorganisationen über die Politik der KP in Tibet, versuchen chinesische Staatsmedien und Parteiorgane immer wieder, ein anderes Bild von der Realität in dem Himalajaland zu vermitteln. Dabei tut die KP-Propaganda gerne so, als habe es all die ausführlich dokumentierten Fälle willkürlicher Verhaftungen, religiöser Unterdrückung, kultureller Assimilation und Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Tibet durch die chinesischen Behörden nie gegeben.
Um zu suggerieren, dass sie im Ausland durchaus auf Zustimmung stößt, lässt sich die Partei zudem mit Vorliebe auf Propagandaveranstaltungen von ausgesuchten und eingeladenen ausländischen Diplomaten, Vertretern politischer Stiftungen oder Journalisten für ihre Politik in Tibet loben, wie zuletzt auf dem sogenannten „Forum zur Entwicklung Xizangs“.
Nebenbei möchte die KP im Rahmen ihrer Sinisierungspolitik erreichen, dass Tibet – als Begriff weltweit gemeinhin assoziiert mit dem Freiheitskampf der Tibeter – mehr oder weniger von der Landkarte verschwindet, indem es nicht mehr „Tibet“, sondern gemäß dem Han-chinesischen Kunstbegriff eben nur noch „Xizang“ genannt wird. Womit sich die KP das Land auch begrifflich aneignet.
Wie erfolgreich und gefährlich eine solche Umbenennung im Sinne der KP-Propaganda sein kann, zeigt das Beispiel „Xinjiang“, das trotz unermüdlicher Einwände vieler Uiguren gegen die Sinisierung ihres Landesnamens heute weltweit nur noch selten mit seinem ursprünglichen Namen Ostturkestan bezeichnet wird.
Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge befand sich auch Alexander Birle von der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung unter den handverlesenen internationalen Gäste des Propagandaforums der KP über Tibet. Birle habe dabei offenbar bereitwillig die Vorgaben der Partei erfüllt und Tibet in seinem im Auftrag des Forums veröffentlichten Aufsatz nur noch als „Xizang“ bezeichnet. Zuvor habe der Büroleiter der Stiftung sich eine Reise nach Tibet bezahlen lassen und sich im Anschluss auch als Moderator aktiv in die Veranstaltung in Peking eingebracht, so die SZ weiter.
„Es gibt unterschiedliche Ansätze zum Schutz der Menschenrechte. Kulturschutz ist auch ein wichtiger Teil, und China hat viel getan, um das kulturelle Erbe des tibetischen Volkes zu respektieren und zu schützen.“, zitierten chinesische Staatsmedien den Repräsentanten der Hanns-Seidel-Stiftung im Rahmen ihrer Berichterstattung über das Propagandaforum. Ob Birle dabei die von der KP in den 50er Jahren und während der Kulturrevolution begangenen Verwüstungen in Tibet und die Zerstörung tibetischen Kulturguts schlicht nicht bekannt sind oder ob er sie einfach ignoriert, bleibt sein Geheimnis. Solche Sätze lassen einen einfach nur sprachlos zurück.
Es ist auch völlig unverständlich, wie die Hanns-Seidel-Stiftung überhaupt an dieser offensichtlichen Showveranstaltung, die nichts mit der Realität in Tibet zu tun hat, teilnehmen konnte. Die Stiftung und ihr Vertreter mussten auch damit rechnen, dass die KP ihre Teilnahme in ihren Propagandakanälen instrumentalisiert. Wenn der Leiter der Hanns-Seidel-Stiftung sich dann auch noch eine Propagandareise nach Tibet bezahlen lässt, dann reden wir nicht mehr über Naivität, sondern über Komplizenschaft mit der KP und ihrer menschenrechtswidrigen Politik in Tibet.
Weitere Unterstützung bei ihrer Propagandaveranstaltung über Tibet erhielt die KP durch den deutschen Journalisten und Autor Frank Sieren, der ebenfalls im Vorfeld an der von chinesischen Staatsmedien organisierten Delegationsreise nach Tibet teilnahm, um danach beim Tibet-Forum in Peking aktiv mitzuwirken. Im Rahmen der Berichterstattung chinesischer Staatsmedien über die Delegationsreise und die Propagandaveranstaltung ist Sieren in einem Video (ab Minute 3:14) des staatlichen chinesischen Senders CGTN zu sehen. Darin äußert er sich unter anderem positiv zu der ihm gegenüber von der chinesischen Staatspropaganda behaupteten „Modernisierung“ Tibets. Weiterhin vermittelt das Video den falschen Eindruck, dass die Tibeter unter der Herrschaft der KP frei ihre Kultur und Religion inmitten blühender Landschaften leben können.
Auf der Website des Propaganda-Forums wird Sieren zudem offensichtlich mit einem Redebeitrag zitiert, in dem er sich zunächst für die Organisation der Delegationsreise nach Tibet und den „tiefen Eindruck“ bedankt, den diese Reise bei ihm hinterlassen habe. Weiterhin lobt er in dem Beitrag eine Schnellstraße, den Bau eines Eisenbahntunnels, das „moderne Mobilfunknetz“ und „viele moderne Schulen“ in Tibet, um die, so Sieren weiter, sogar deutsche Schüler die Tibeter beneiden würden. „Diese Vielfalt zu fördern und gleichzeitig mehr Wohlstand für alle anzustreben ist der Vorteil des modernen China. Insofern ist Tibet ein Modell für ein pluralistisches China und eine multipolare Weltordnung.“, endet das Zitat.
Sieren übernimmt durch diese Aussagen die Sichtweise der Kommunistischen Partei in Bezug auf ihre Politik in Tibet. Als Journalist sollten ihm jedoch die zahlreichen Berichte von Menschenrechtsorganisationen, die Erklärungen und Feststellungen der Bundesregierung und etwa des UN-Sozialausschusses über die Politik der KP in Tibet bekannt sein, die zu anderen, diametral entgegengesetzten Einschätzungen kommen. Seine einseitige Parteinahme für die Politik der KP, die in seinen Äußerungen zum Ausdruck kommt, widerspricht daher einem professionellen journalistischen Selbstverständnis, das Unabhängigkeit und Distanz voraussetzt, was insbesondere in der Berichterstattung aus und über autoritär regierte Länder wie China unverzichtbar ist.
Birle und Sieren haben sich disqualifiziert. Der eine als mit deutschen Steuergeldern finanzierter Politik-Experte, der andere als unabhängiger Journalist. Beide hatten offenbar keine Bedenken, die Botschaften eines autoritären Regimes weiterzutragen – und reihen sich ein in die lange Liste deutscher Autokratenversteher. Mit freundlicher Unterstützung!