Berlin, 06.03.2023. Die International Campaign for Tibet (ICT) begrüßt die heute veröffentlichten „Concluding Observations“ des UN-Sozialausschusses nach der Überprüfung Chinas in den Sitzungen am 15. und 16. Februar. Darin fordern die unabhängigen Ausschussmitglieder ein Ende der Zwangsansiedlungen und des Systems der Zwangsinternate in Tibet, dessen sofortige Abschaffung der Ausschuss verlangt. Ebenso äußert der UN-Sozialausschuss seine Sorge „über Berichte über die großangelegte Kampagne zur Auslöschung der tibetischen Kultur und Sprache.“ Der Ausschuss empfiehlt der chinesischen Regierung ferner „sicherzustellen, dass Mandarin nicht die einzige zulässige Sprache als Unterrichtssprache gegenüber ethnischen Minderheiten und Völkern ist.“ Der Ausschuss fordert weiterhin in die Einrichtung unabhängiger Überprüfungsmechanismen, insbesondere auch in Tibet, die sicherstellen, dass Betriebe nicht gegen Arbeitsnormen verstoßen.
„Die Empfehlungen des UN-Sozialausschusses sind eine Anklageschrift gegen die Politik Chinas in Tibet“, erklärte ICT-Geschäftsführer Kai Mueller. „Das tibetische Volk sieht sich einer Politik gegenüber, die das Überleben seiner Kultur und Identität systematisch bedroht. Die internationale Gemeinschaft sollte dem Beispiel des Ausschusses folgen und dringend ein Ende dieser dramatischen Rechtsverletzungen fordern, allen voran des Internatssystems und der Massenumsiedlungen in Tibet.“
Auf Nachfrage der Ausschussmitglieder hin hatte die chinesische Delegation während der Überprüfung bestätigt, dass bis 2019 allein auf Grundlage des „Große-Höhen“-Umsiedlungsprogramms 260.000 Tibeter umgesiedelt worden waren. Im Juni 2022 hatten chinesische Staatsmedien zudem berichtet, dass allein in den darauffolgenden Monaten weitere 17.000 Tibeter im Rahmen dieses Programmes umgesiedelt werden sollten. ICT geht von weit mehr als einer Million Tibetern aus, die von der chinesischen Regierung zwangsweise umgesiedelt wurden. Schätzungen gehen von bis zu zwei Millionen Tibetern aus, die zwangsweise angesiedelt wurden.
Mit Blick auf die Zwangsinternate für tibetische Kinder, in denen bis zu einer Million tibetischer Kinder von ihrer Kultur entfremdet werden, konnte die chinesische Delegation glaubwürdige Berichte über Umfang und Ausrichtung dieser Einrichtungen nicht entkräften. Die UN-Experten wiederholten indes die große Besorgnis anderer UN-Experten in Bezug auf die Erosion der tibetischen Sprache „im Streben nach einem einheitlichen Lehrplan und der nationalen gemeinsamen Sprachpolitik“, die zur Ersetzung von Tibetisch durch Chinesisch als Unterrichtsmedium in Schulen in ganz Tibet, auch in Kindergärten, geführt habe.
ICT hatte bereits im Vorfeld der Überprüfung Chinas vor dem UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) ein Ende der rücksichtslosen Assimilationspolitik in Tibet gefordert, die unter anderem Massenumsiedlungen, sogenannte Arbeitsprogramme und das System von Zwangsinternaten für tibetische Kinder umfasst. Dazu hatte ICT vorab in einem gemeinsam mit der Loyola Law School verfassten Bericht an den Ausschuss ernsthafte Bedenken hinsichtlich der chinesischen Bildungspolitik in Tibet geäußert, die zur Trennung bis zu einer Million tibetischer Kinder von ihren Familien und ihrer Kultur geführt hat.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.