Berlin, 14.09.2021. Vier unabhängige Menschenrechtsgremien und Experten der Vereinten Nationen haben die Fälle der inhaftierten Tibeter Rinchen Tsultrim und Go Sherab Gyatso in einer heute veröffentlichten Mitteilung an die chinesische Regierung zur Sprache gebracht. Die UN-Arbeitsgruppen gegen Verschwindenlassen und gegen willkürliche Inhaftierungen und die Sonderberichterstatter für Minderheitenfragen sowie für Religions- und Glaubensfreiheit äußern darin „ernsthafte Besorgnis über die mutmaßlich willkürliche Inhaftierung und das Verschwindenlassen“ der beiden Tibeter.
„Wir begrüßen die Mitteilung der UN-Experten an die chinesische Regierung sehr. Die Fälle von Rinchen Tsultrim und Go Sherab Gyatso spiegeln ein besorgniserregendes Repressionsmuster in Tibet wider, bei dem die chinesischen Behörden gnadenlos abweichende Meinungen und unabhängiges Denken verfolgen. Rinchen Tsultrim und Go Sherab Gyatso müssen sofort freigelassen werden, denn sie haben nichts anderes getan, als friedlich ihre Meinung zu äußern. Wir fordern die internationale Gemeinschaft, Regierungen und Parlamente auf, die Fälle von Rinchen Tsultrim und Go Sherab Gyatso und anderer Tibeter öffentlich zur Sprache zu bringen und ernsthafte Konsequenzen in Bezug auf ihre bilateralen Beziehungen zur chinesischen Regierung zu erwägen. In Tibet hat sich nichts zum Besseren geändert und die Situation im Land muss wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden, um eine weitere Verschlechterung der Menschenrechtslage zu verhindern“, so Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT).
Die Menschenrechtsexperten sind insbesondere besorgt, weil es Hinweise gibt, dass diese Inhaftierungen keine Einzelfälle sind, sondern ein „Muster willkürlicher Inhaftierungen“ darstellen. Wie bei Rinchen Tsultrim und Go Sherab Gyatso wird tibetischen Gefangenen zumeist jeder Kontakt zur Außenwelt untersagt. Meist gibt es kein faires Gerichtsverfahren und die Gründe für die Anklagen und Verurteilungen bleiben oft im Dunkeln.
Der Mönch Rinchen Tsultrim ist im Mianyang-Gefängnis in der Provinz Sichuan inhaftiert. ICT geht davon aus, dass er wegen „Anstiftung zur Spaltung des Landes“ angeklagt wurde, weil er seine Ansichten über die chinesische Social-Media-App WeChat geäußert hatte. Nach seiner Verhaftung am 27. Juli 2019 blieb sein Aufenthaltsort mehr als eineinhalb Jahre unbekannt. Seiner Familie wurde lediglich am 23. März 2021 mitgeteilt, dass er zu vier Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Amnesty International hat ernsthafte Bedenken hinsichtlich des Gesundheitszustands und des Wohlbefindens von Rinchen Tsultrim geäußert, zumal er weder seine Familie noch seinen Rechtsbeistand sehen darf.
Der prominente tibetisch-buddhistische Gelehrte und Schriftsteller Go Sherab Gyatso wurde am 26. Oktober 2020 in Chengdu von Beamten der sogenannten Autonomen Region Tibet festgenommen, obwohl er aus der Präfektur Ngaba in der Provinz Sichuan stammt. Über die Umstände seiner Inhaftierung und seinen derzeitigen Aufenthaltsort gibt es keine Informationen. Gyatso hat mehrere Bücher über tibetisch-buddhistische Philosophie, Tradition und Kultur veröffentlicht.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.