Berlin, 17.02.2021. Erneut ist ein Tibeter offenbar an den Folgen von Folter und Misshandlung gestorben. Laut Angaben von Human Rights Watch (HRW) erlag der 51-jährige Reiseführer Kunchok Jinpa am 6. Februar 2021 in einem Krankenhaus in Lhasa seinen Verletzungen, nachdem er weniger als drei Monate zuvor ohne Wissen seiner Familie aus der Haft dorthin verlegt worden war. Lokalen Quellen zufolge sei der 51-Jährige nach einer Gehirnblutung gelähmt gewesen. Jinpa war 2013 verhaftet und zu einer 21-jährigen Haftstrafe verurteilt worden.

„Die Serie von Folter und Misshandlungen in Tibet reißt nicht ab. Wir fordern erneut eine unabhängige Befassung mit der Menschenrechtslage in der Volksrepublik China und insbesondere in Tibet durch den UN-Menschenrechtsrat, wie bereits von UN-Menschenrechtsexperten im Juni 2020 gefordert. Die Verantwortlichen im chinesischen Staats- und Parteiapparat müssen endlich zur Rechenschaft gezogen werden für das System von Folter und Misshandlung an Tibetern“, sagt Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT).

HRW berichtete, dass Kunchok Jinpa am 8. November 2013 verhaftet und zu 21 Jahren Gefängnis verurteilt worden sei, weil er die Öffentlichkeit über Proteste in seiner Heimatregion informiert habe. Seine Familie habe jahrelang nichts über seinen Verbleib gewusst und außerhalb der Volksrepublik China sei bis zuletzt nichts weiter über seine Gerichtsverhandlung oder seine Verurteilung bekannt geworden. Offiziell wurde er demnach angeklagt, weil er „Staatsgeheimnisse“ über Umweltproteste und andere Protestaktionen in seiner Heimatregion an ausländische Medien weitergeleitet habe.

Kunchok Jinpa sei einer von mehreren Hundert Tibetern aus dem Landkreis Driru, 300 Kilometer nördlich von Lhasa, gewesen, die im Oktober 2013 mehrfach friedlich gegen behördliche Anordnungen protestiert hätten, dass an jedem Haus chinesische Flaggen wehen müssten. Es sei außerdem davon auszugehen, dass Kunchok Jinpa tibetische Medien außerhalb der Volksrepublik China im Mai 2013 über Proteste gegen geplante Minenprojekte am heiligen Berg „Naklha Dzamba“ informiert und dabei die Namen von in diesem Zusammenhang inhaftierten Tibetern weitergegeben habe. Während der Proteste in Driru 2013 habe es Berichte über Massenverhaftungen gegeben und darüber, dass Sicherheitskräfte auf unbewaffnete Demonstranten geschossen hätten, so HRW weiter. Kunchok Jinpa habe in seiner Kindheit eine Zeit lang als Mönch im Gom Gonsar-Kloster (Choekor Jampaling) in Driru gelebt, später unter anderem im Exil in Indien am Changchubling-Kloster in Dehra Dun und der Drikung Kagyu-Schule für Tibetischen Buddhismus studiert und nach der Rückkehr in seine Heimat 1998 als Reiseführer gearbeitet.

Im Zusammenhang mit dem Tod von Kunchok Jinpa weist ICT nochmals auf die Vielzahl dokumentierter Fälle hin, in denen Tibeter im Gefängnis Folter und Misshandlungen ausgesetzt waren. Wie Kunchok Jinpa starben unter anderem die Mönche Tenzin Nyima und Choekyi, die dreifache Mutter Lhamo sowie viele weitere Tibeter, nachdem sie in Haft misshandelt worden waren oder weil sie nach ihrer Haftentlassung eine mangelhafte medizinische Behandlung erhielten.

Pressekontakt:

Kai Müller
Geschäftsführer
Tel.: +49 (0) 30 27 87 90 86
E-Mail: presse(at)savetibet.de
Twitter: @savetibet

International Campaign for Tibet Deutschland e.V.
Schönhauser Allee 163
10435 Berlin
www.savetibet.de

Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.

 

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