Berlin, 16.03.2021. Eindrucksvolle Bilder von der tibetischen Hochebene sowie den dort lebenden Menschen und Tieren waren gestern Abend im ersten Teil der NDR-Dokumentation „Wildes China“ im Ersten zu sehen. Fragwürdig erscheint jedoch, wie dabei Yak-Hirten, Vogelschützer und buddhistische Mönche als glückliche Tibeter:innen präsentiert werden, während die Realität in Tibet eine ganz andere ist. Die Dokumentation ist eine Koproduktion der BBC unter anderem mit dem chinesischen Staatssender CCTV.

Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT): „‘Wildes China‘ ist Werbung zur besten Sendezeit für eine autokratische Regierung, die für zahlreiche systematische Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist. Gerade die Umwelt- und Entwicklungspolitik Pekings führt in Tibet zu massiven Rechtsverletzungen. Das sind hochpolitische Themen in Tibet.“

Die Dokumentation ignoriert die umfangreichen und menschenrechtswidrigen Zwangsansiedlungen von tibetischen Nomaden und Hirten, die gerade auch unter dem Vorwand des Umweltschutzes erfolgen. Sie ignoriert ebenso die massiven Staudammprojekte, die gerade auch Nationalparks bedrohen. Wenn Kritik geäußert wird – etwa an den katastrophalen Folgen der Ausplünderung der Natur durch Bergbau  – dann wird sie als Verfehlung vergangener Politik beschrieben, nach dem Motto, jetzt sei alles auf einem guten Weg. Dem ist aber nicht so, so ICT.

Buddhistische Mönche werden gezeigt in Ausübung ihrer Religion, ausgeblendet werden die massiven Repressionen in Klöstern und im Alltag der Tibeter:innen. „Es ist erklärte Politik der chinesischen Behörden, die Kultur und gerade auch die im Film herausgestellte Religion der Tibeter:innen zu ‚sinisieren‘, sie also zwangsweise an die von der KP Chinas definierte Ideologie anzupassen. Wahrheitswidrig verbreitet die chinesische Regierung unterdessen das falsche Narrativ, sie gewähre Religionsfreiheit. Darstellungen des tibetischen Buddhismus wie in der Dokumentation untermauern diese Falschdarstellung“, so Müller weiter.

Tibet ist wiederkehrender Gegenstand von Desinformation der chinesischen Regierung, die inzwischen nicht mehr nur brachial, sondern sehr subtil gerade auch mit Koproduktionen ihre Propaganda in westlichen Medien verbreitet.

Müller: „Es ist unverständlich, dass dem verantwortlichen NDR diese Strategie, die bereits gut dokumentiert ist, offenbar entweder unbekannt ist oder er die Verbreitung von Propaganda schlicht in Kauf nimmt. Wir möchten daher insbesondere wissen, ob sich der NDR vor Ausstrahlung der Dokumentation mit den Narrativen der Sendung auseinandergesetzt hat und ob er bei der verantwortlichen BBC nachgefragt hat, ob der Koproduzent CCTV diese Narrative vorgegeben hat.“

Zumindest ist die ungefilterte Ausstrahlung der Dokumentation verwunderlich, nachdem die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom dem englischsprachigen chinesischen Staatssender CGTN Anfang Februar 2021 die Sendelizenz entzog, weil dessen redaktionelle Inhalte durch die KP kontrolliert würden. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist auch, dass die chinesische Regierung im Gegenzug mit Vergeltung für das Vorgehen gegen chinesische Medien im Ausland drohte und ausgerechnet Sanktionen gegen den britischen Sender BBC in China ankündigte.

Pressekontakt:

Kai Müller
Geschäftsführer
Tel.: +49 (0) 30 27 87 90 86
E-Mail: presse(at)savetibet.de
Twitter: @savetibet

International Campaign for Tibet Deutschland e.V.
Schönhauser Allee 163
10435 Berlin
www.savetibet.de

Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.

 

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