Politische Bildungskampagne
für Mönche und Nonnen
Quelle: ICT
Berlin, 19.05.2021. In einer öffentlichen Bekanntmachung wehrt sich die Leitung des bekannten buddhistischen Lehrinstituts Larung Gar im osttibetischen Serthar (chin. Seda) entschieden gegen die Kommerzialisierung des Instituts. Larung Gar sei „keine touristische Attraktion“. Die Institutsleitung warnt vor weiteren Besucherströmen und davor, dass die für tibetische Buddhisten bedeutsame Einrichtung zu einer „religiösen Bühne für die Aufführung einer Touristen-Oper“ wird.
Veröffentlicht wurde die gemeinsame Erklärung u.a. von der Lehreinrichtung Larung Gars, des Verwaltungskomittees der Einrichtung sowie vom Büro für ethnische und religiöse Angelegenheiten des Bezirks Serthar am 27. April 2021. Nach Auffassung der International Campaign for Tibet (ICT) richtet sich das Schreiben gegen den Missbrauch des Larung Gars als „mystisches und exotisches Reiseziel“ durch den chinesischen Massentourismus. Die Bekanntmachung ist einer der seltenen Fälle, in denen sich Klosterleitung und örtliche Gemeinschaft öffentlich gegen die Kommerzialisierung und den touristischen Missbrauch der tibetisch-buddhistischen Kultur zur Wehr setzen.
Die chinesischen Behörden nutzen das Interesse am tibetischen Buddhismus immer stärker, um inländische Touristen anzulocken und dadurch verstärken sich unter den Tibetern die Befürchtungen vor einer weiteren Verdrängung der ursprünglichen monastischen Gemeinschaften. Während sich die tibetisch-buddhistische Gemeinschaft in Serthar zunächst gegen die weitere Kommerzialisierung ihrer religiösen Kultur wehren konnte, kommen jedoch andere Probleme auf sie zu. So kündigte das Serthar Buddhist College am 8. Mai 2021 eine politische Bildungskampagne für Parteimitglieder, Kader, Mönche und Nonnen der Akademie an. Dabei fordert das Partei-Komitee der Akademie von den Mönchen des Klosters, „sich mit dem großen Mutterland, der chinesischen Nation, der chinesischen Kultur, der Kommunistischen Partei Chinas und der chinesischen Form des Sozialismus zu identifizieren“.
Von den ursprünglich in der 1980 gegründeten Larung Gar Academy lebenden Nonnen und Mönchen wurde 2001 fast die Hälfte vertrieben, nachdem die chinesischen Behörden ihre Wohnhäuser auf der Klosteranlage abreißen ließen und nur etwa 8.000 dort bleiben konnten. Zwischen 2016 und 2017 wurden weitere rund 5.000 Wohnungen der verbliebenen Nonnen und Mönche abgerissen und nachdem die Anzahl der Klosterbewohner zwischenzeitlich noch einmal auf mindestens 10.000 angestiegen war, wurden erneut etwa 5.000 Nonnen und Mönche der Akademie verwiesen. Die vertriebenen Nonnen und Mönche wurden in ihre Heimatorte geschickt, mussten sich dort einer politischen Umerziehung unterziehen und wurden öffentlich gedemütigt. So wurde auf Fotos und in Videos beispielsweise festgehalten, wie tibetischen Nonnen in Militäruniformen chinesische Propagandalieder singen und dabei verkünden, dass „Tibeterinnen und Chinesinnen Töchter einer gemeinsamen Mutter sind, deren Name China lautet“.
Im Februar 2017 wandten sich sechs UN-Menschenrechtsexperten mit einem Schreiben an die Regierung der Volksrepublik China und erklärten darin, dass die Vorfälle in den buddhistischen Instituten gegen internationale Menschenrechte verstoßen und dass es sich dabei um „gezielte Angriffe auf materielles und immaterielles kulturelles Erbe“ und die massive Verletzung kultureller Rechte heutiger und künftiger Generationen handele.